Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
wird’s bald?«, schrie der Mann mit der Augenklappe, dem ab dem Ellbogen auch der linke Unterarm fehlte. Auch der mit dem Beinstumpf schien ungeduldig zu sein und der mit dem fürchterlich zugerichteten Gesicht ließ die flach gehaltene Klinge seines Säbels immer wieder drohend in seine Handfläche klatschen.
Die beiden Mönche knieten am Boden und breiteten ihre Habseligkeiten aus, wobei Bruder Heinrich vergeblich versuchte, einen Beutel im Gebüsch verschwinden zu lassen. Beinahe hätte er es geschafft, aber die Schnur des Verschlusses hatte sich an einem kleinen dürren Baumzweig verfangen und der Einäugige hatte das Säckchen mit einem hämischen Blick aufgehoben und die Münzen einzeln auf den Boden fallen lassen.
»Hast du noch mehr?«, fragte der mit dem zerfetzten Gesicht lauernd.
Auch sein Mitbruder sah Institoris erschrocken an – so viel Geld hatte er noch nie bei einem über die Lande ziehenden und seinen Lebensunterhalt erbettelnden Mönch gesehen.
»Nein, das ist alles«, versicherte Bruder Heinrich immer wieder und fing dann zu lamentieren an, das Geld sei für sein Heimatkloster bestimmt und sei eine Belohnung von Herzog Sigmund von Tirol und hoffte inbrünstig, dass sie sein unter den Achseln eingenähtes Geld nicht entdecken würden.
Bruder Remigius zitterte wie Espenlaub, als ihn der Einbeinige aufforderte, zu ihm zu treten und anfing, in seine Taschen zu langen und ihn grob von oben bis unten abzutasten.
Institoris dachte, dass Angriff die beste Verteidigung sei und fing lautstark an zu zetern, welche Schwierigkeiten er in Schlettstadt bekommen würde, wenn er ohne das Geld im Beutel ins Kloster zurückkäme, beschimpfte die drei Räuber als ehrloses Gesindel und drohte ihnen mit allen Strafen der Kirche.
»Mein lieber Pfaffe«, sagte der mit der Augenklappe lachend, »wir drei haben schon so viele Verbrechen begangen, dass man uns für vogelfrei erklärt hat. Wenn sie uns erwischen, knüpfen sie uns an dem nächstbesten Baum auf und jeder, der will, kann uns umbringen, ohne dafür eine Strafe befürchten zu müssen. Wir haben als Landsknechte schon so viele Leute in die Hölle befördert, dass es uns auf einen oder zwei Pfaffen dazu auch nicht mehr ankommt. Und du willst uns mit der Kirchenstrafe drohen?«
Als auch ihn der Narbengesichtige abtasten wollte, meinte der Einäugige, das könne er sich wohl sparen, denn wer sich getraue, ein so großes Maul zu haben, sei entweder strohdumm oder habe wirklich nichts zu verbergen.
»So etwas habe ich geahnt«, sagte Heinrich auf dem Weiterweg zu Bruder Remigius, »ich habe daher meinem Beichtvater Wolfgang vorsichtshalber nur einen Teil der fürstlichen Belohnung für den Konvent mitgegeben.« Allerdings verschwieg er, wie groß dieser Anteil war. »Hoffentlich ist er nicht auch ausgeraubt worden, sonst ist alles futsch«, meinte er dann und griff sich vergewissernd unter die Achseln.
Schon in Augsburg hatte er versucht, mehr über Peter Drach zu erfahren, aber hatte nur so viel herausbekommen, dass dieser einen guten Ruf als Drucker habe und anscheinend auch bereit sei, bei sich für ihn lohnend scheinenden Büchern auch ein gewisses Risiko einzugehen. Darüber hinaus verfüge er über Leute, die Klöster und Bibliotheken besuchten, um dort seine Bücher vorzustellen und zu verkaufen. Auch in Augsburg unterhielt er ein eigenes Bücherlager, ebenso in Köln, Leipzig und Brünn, hatte man ihm dort gesagt.
Speyer kam ihm auch deswegen gelegen, weil das dortige Dominikanerkloster nicht im Wirkungsbereich Jakob Sprengers lag, zudem war der Stadtprediger Jakob Wimpfeling ein alter Bekannter aus gemeinsamen Schlettstädter Tagen. Bruder Heinrich kannte ihn schon beinahe von Kindesbeinen an, sein Vater war Sattler und hatte den schwächlichen und immer kränkelnden Knaben für den Beruf im geistlichen Stande bestimmt, wodurch er in seinem Heimatort zu den Dominikanern kam und in der von kurz zuvor von Ludwig Dringeberg gegründeten Schule unterrichtet wurde. Einer seiner Lehrer an der Universität in Freiburg war Johannes Geiler von Kaysersberg, dem selbst Institoris neidlos zugestand, einer der gewaltigsten Volksprediger in deutschen Landen zu sein. Er war einer, der den Leuten aufs Maul schaute, seine Predigten gegen die Entsittlichung des Klerus waren urwüchsig, manchmal derb, aber immer humorvoll. Auch sein Schüler Jakob Wimpfeling hatte viel von ihm gelernt und nahm auf der Kanzel ebenfalls kein Blatt vor den Mund, wenn es darum ging,
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