Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
ausgerechnet der Kaiser auch noch hier auftauchen. Nein, ihm blieb nichts anderes übrig – er musste von hier verschwinden. Bestimmt gab es noch genügend Leute in seiner Umgebung, die sich noch an seine Inhaftierung wegen Majestätsbeleidigung erinnerten und auch daran, dass bei seiner Entlassung aus der Haft nicht alles mit rechten Dingen zugegangen war.
Als »Erzschlafmütze des Reiches« hatte er ihn bezeichnet, ihm faktisch die Kaiserkrone abgesprochen und als lahmarschigen Zauderer beschimpft. Er warf seinem Mitbruder Wimpfeling einen Blick zu und bedeutete ihm, dass er ihn anschließend sprechen wollte.
Auch der Domprediger war dann nach einiger Überlegung der Ansicht, es sei sicherer, wenn Bruder Heinrich beim Eintreffen des Kaisers nicht in Speyer weilte.
»Was soll man aber auch von einem Edelsteine sammelnden Kaiser des Heiligen Römischen Reiches halten, der in Bauerngewändern auf einem Ochsenkarren durch seine Länder zieht und den seine eigenen Untertanen mit Spottgesängen empfangen, wie es nach seiner Vertreibung durch den Ungarnkönig Corvinus aus Wien in Wiener Neustadt geschehen ist?«, schimpfte Institoris.
»Ebendarum ist es besser, wenn Ihr für eine Zeit lang verschwindet, mein lieber Bruder Heinrich«, lachte Wimpfeling, »wie ich Euch kenne, rutscht Euch bestimmt auch hier wieder so eine Bemerkung heraus.«
Institoris starrte eine Weile wortlos an die Wand, plötzlich aber kam in seine Augen ein sonderbarer Glanz. »Wo ist eigentlich sein Sohn, der König Maximilian?«
Verblüfft sah ihn der Domherr an, der den Sinn der Frage nicht verstand. »In Brüssel. Er ist sofort nach seiner Krönung in Aachen in seine burgundischen Länder weitergezogen. Wieso wollt Ihr das wissen?«
Um Bruder Heinrichs Lippen spielte ein überlegenes Lächeln. »Weil ich zu ihm gehen werde!« Er bemerkte Wimpfelings erschrockenen Blick. »Nein, der König ist erst siebenundzwanzig und ist zu jung, um etwas davon zu wissen!«
Der riesige Elefant fächelte gemächlich mit den Ohren, fasste ein Büschel Heu und schob es ebenso gemächlich in seinen Schlund. Ein paar Schritte weiter brüllte heiser ein rotmähniger Löwe, während ein paar der Gazellen im weitläufigen Gehege erschrocken aufsahen und misstrauisch in den Wind witterten. Die neueste Errungenschaft des Herzogs und neuen Deutschen Königs war eine langhalsige Giraffe, für die extra ein besonders hoher Käfig gebaut werden musste. Institoris kannte alle diese Tiere nur vom Hörensagen und aus Abbildungen in Büchern und auch die Farbenpracht der Vögel in den großen Volieren, die bei schönem Wetter in den Wandelgängen ausgestellt waren, brachten ihn zum Staunen.
Als er am Hof in Brüssel angeklopft und sich als Doktor der Theologie und Inquisitor vorgestellt hatte, wurde ihm ohne lange Umstände eine komfortable Kammer zugewiesen.
Er war darüber nicht sonderlich überrascht, da ihm Maximilian I. als offener, großzügiger und den Künsten zugetaner König geschildert wurde, der sich gerne mit Gelehrten und Künstlern umgab. Im Gegensatz zu seinem griesgrämigen und eigenbrötlerischen Vater war er mit einem heiteren Naturell gesegnet und um seine Kühnheit bei Turnieren und in Schlachten rankten sich Legenden. Vor sechs Jahren war seine Frau Maria von Burgund bei einer Jagd vom Pferd gestürzt und wenige Tage später gestorben. Sie war die große Liebe seines Lebens gewesen und er hatte es nicht eilig, sich neu zu verheiraten, da an Frauen kein Mangel war, die es als Ehre ansahen, für eine Nacht mit ihm das Bett teilen zu dürfen.
Institoris warf noch einmal einen Blick auf die Giraffe und erhob sich dann von der steinernen Bank. Er war jetzt in Brüssel und musste nur noch an den König herankommen. Aber das war leichter gesagt als getan. Zwar hatte er Maximilian schon ein paar Mal von weitem gesehen, aber immer war er von einer Menge Leute umgeben und gerade hatte er vor ein paar Stunden erfahren, dass Jakob Fugger aus Augsburg eingetroffen sei. Es war ein offenes Geheimnis, dass von dem ehemals riesigen Vermögen seiner verstorbenen Frau nichts mehr übrig und der Habsburger bei den schwerreichen Kaufleuten aus Augsburg bis über beide Ohren verschuldet war.
Als er einen der Diener auf eine mögliche Audienz ansprach, lachte dieser und zwinkerte verschwörerisch.
»Das wird schon einige Tage dauern. Die beiden sind gleich alt und haben keine Weiber. Ich meine, Weiber schon, aber halt keine Ehefrauen!«
Enttäuscht und angeekelt
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