Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
beschloss er, sich auf seine Kammer zurückzuziehen und weiterzuarbeiten. Besonders die Geschichte von Ludwig dem Bärtigen, die er auf dem Herweg gehört hatte, wollte er unbedingt aufschreiben.
Der »Bärtige« war ein rheinischer Fürst, der aber schon seit ungefähr fünfzig Jahren tot war. Dieser Fürst forderte einen teufelsbündnerischen Armbrustschützen namens Puncker auf, seine zauberischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Dazu legte er dem kleinen Sohn des Schützen eine Münze auf die Kappe und befahl, den Groschen ohne die Kappe mit dem Pfeil herunter zu schießen. Puncker aber weigerte sich und erklärte, dass er dies nur tun würde, wenn er es ihm ausdrücklich befehle, da er nicht von Satan zu seinem eigenen Untergang verführt werden wolle. Aber der Fürst bestand darauf und der Schütze legte einen zweiten Pfeil in seinem Köcher bereit. Tatsächlich gelang es ihm, die Münze vom Kopf des Buben zu schießen und als ihn danach der Fürst fragte, warum er einen zweiten Pfeil vorbereitet habe, erhielt er zur Antwort: »Wenn mich der Teufel im Stich gelassen hätte und ich den Sohn getroffen hätte, wäre auch mein Leben verwirkt gewesen, da er mich an Ort und Stelle geholt hätte. In diesem Falle hätte ich auch Euch noch vorher mit dem anderen Pfeil durchbohrt!«
Selbst unter dem dichten Vollbart habe man noch gesehen, wie der Fürst erbleicht sei.
Am Hofe jagte ein Fest das andere, wobei Institoris ein kleiner, braun gelockter Knabe auffiel, der immer in Maximilians Nähe saß und mit dem ihn eine offensichtlich herzliche Beziehung verband.
»Wer ist denn der Bub?«, wollte er von seinem Tischnachbarn wissen.
»Christian Viertaller. Er ist einer seiner ledigen Söhne. Der Fugger hat ihn aus Augsburg mit her gebracht. Er ist für ihn so etwas wie ein Ersatz für seine beiden Kinder mit Maria. Seine Tochter Margarete wird schon seit ihrem dritten Lebensjahr als Friedenspfand in Frankreich festgehalten und seinen Sohn Philipp hatten die niederländischen Stände bis letztes Jahr in Gewahrsam.« Der Mann mit der unverkennbaren kehligen Tiroler Aussprache stellte sich dann als Florian Waldauf aus dem Pustertal vor und als ihm Institoris klagte, wie lange er schon auf eine Audienz beim König warte, lachte dieser auf. »Ich bin Berater Seiner Majestät. Kommt morgen zeitig in der Früh zu mir!«
Tatsächlich hatte es Waldauf geschafft, ihm für den Nachmittag ein Gespräch mit dem König zu vermitteln. Wie dieser nun vor ihm saß, hätte seine Kleidung eher auf einen wohlhabenden Kaufmann als den Herrscher des Deutschen Reiches schließen lassen.
In jeder seiner Bewegungen lag eine geschmeidige Kraft, seinen braunen Augen war trotz der sicherlich strapaziösen vergangenen Tage und Nächte mit Fugger keine Spur von Müdigkeit anzusehen.
»Nehmt Platz!«, forderte er den verdutzten Mönch auf und deutete auf einen Stuhl vor seinem Tisch. »Ich weiß, vor dem König steht man, aber ich nehme es da nicht so genau. Es geht um Hexen und Zauberei und dass Ihr darüber ein Buch schreibt, hat mir jedenfalls der Waldauf gesagt.«
Institoris hob an, seine sorgsam einstudierte Rede vorzutragen, bemerkte aber noch rechtzeitig, wie Maximilian zunehmend ungeduldiger wurde. Er unterbrach seinen Monolog und zog aus seiner Tasche einen vom Utrechter Notar in Innsbruck beglaubigten Druck seiner Bulle.
»Ich bitte daher Eure Majestät um Unterstützung und Schutz, da es auch bei der weltlichen Obrigkeit Leute gibt, die unsere Arbeit zu behindern versuchen. Wie Ihr selbst seht, haben wir beide, mein verehrter Mitbruder Sprenger in Köln und ich, die ausdrückliche Vollmacht des Papstes!«
Maximilian überflog das Papier und überlegte kurz.
Eines seiner großen Ziele war die Krönung durch den Papst zum Römischen Kaiser wie schon sein Vater. Auf diplomatischem Wege hatte er schon seine Fühler ausgestreckt und es konnte sicher nicht schaden, wenn er ein offensichtliches Anliegen des Heiligen Vaters in Rom unterstützte. Auch der Name Sprengers hatte hohes Ansehen, schließlich waren er selbst und sein Vater Mitglieder in seiner Bruderschaft.
»Also gut«, sagte er dann und wandte sich zu seinem Schreiber um.
»Schreibt: Wir als christlicher Fürst wollen die apostolische Bulle schützen und verteidigen und nehmen die erwähnten Inquisitoren in umfassenden Schutz, indem wir allen und jedem dem Römischen Reiche Untergebenen befehlen und vorschreiben, bei der Ausführung der Glaubenssache den Inquisitoren
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