Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
seine Zelle schlich. Er selbst hatte sich gerade noch in einer Nische verstecken können.
Jetzt saß Cornelius da auf einem über zwei Steine gelegten Brett vor der Kirche und blinzelte aus geränderten Augen in die Sonne.
Niklas trat zu ihm und setzte sich ebenfalls. »Tut gut, endlich wieder einmal ein paar Strahlen!«, sagte er.
Cornelius nickte gleichgültig. »Bruder Niklas, kann ich mit dir reden?«, fragte er unvermittelt.
»Selbstverständlich. Nur zu!«, antwortete dieser aufmunternd.
Cornelius begann stockend zu erzählen, wie er Afra in der Kirche kennen gelernt und beide sofort das Gefühl hatten, dass sie zusammen gehörten. »Es ist, als ob ich sie schon ewig kennen würde und ihr geht es genau so. Was soll ich tun?«, schloss er verzweifelt.
Niklas wiegte seinen Kopf, während sein Blick auf einen unsichtbaren Punkt in der Ferne gerichtet war. »Hmm«, machte er dann, »jetzt überstürze nichts. In der Liebe ist es oft so wie mit einem Feuer. Manch eines lodert hell und hoch, erlischt dann aber gleich wieder. Ein anderes wieder brennt vielleicht nicht so hoch, aber dafür lang und beständig. Ein anderes wieder wird schon vom kleinsten Wind ausgeblasen, ein anderes glimmt schwach vor sich hin, weil es zu wenig Nahrung erhält und wieder ein anderes erkaltet, weil es von der eigenen Asche erstickt wird. Mein Rat ist: Gebt euch beide noch ein Jahr Zeit. Wenn eure Gefühle füreinander dann noch immer unverändert sind, folgt dem Ruf eurer Herzen und du lässt dich von deinem Gelübde entbinden! Du weißt, in diesem Falle steht ihr beide buchstäblich vor dem Nichts. Daher tut nichts Unüberlegtes, was ihr später bereuen würdet!«
Am späten Nachmittag lief Niklas Bruder Heinrich über den Weg, besser gesagt, er traf ihn in der Druckerei, wohin dieser den »Formicarius« zurückbrachte. Niklas legte nicht allzu viel Wert auf häufige Begegnungen mit seinem streitbaren Mitbruder und hatte mit diesem vereinbart, dass dieser das Buch hier abholen und auch wieder hierher zurückbringen sollte. »Was macht euer Werk? Kommt ihr gut voran?«, fragte er Institoris mehr der Höflichkeit halber.
Der Inquisitor sah nicht gut aus. Dunkle Ringe lagen unter seinen Augen, sein Gesichtsfarbe war fahl und seinem Gang fehlte die gewohnte Geschmeidigkeit. »Ich arbeite beinahe Tag und Nacht daran. Jede Stunde zählt, es ist ein Wettlauf auch mit der Zeit. Sie sind überall und breiten sich schneller als jede Epidemie über dem ganzen Land aus. Aber kaum haben sie eine dieser Hexen dingfest gemacht, lassen diese Dummköpfe sie auch wieder frei, so wie mir gerade der Notar Gremper aus Ravensburg berichtet hat. Dort haben sie vor ein paar Monaten schon wieder eine schon stadtbekannte Unholdin, Margarethe Schuchmacher heißt sie, gegen Schwören der Urfehde laufen lassen.« Institoris hob an, ihm die Umstände und die Schandtaten dieses offensichtlich teufelsbündnerischen Weibes zu schildern, aber Niklas blockte seinen Redefluss ab und fragte, wie er denn sein Werk eigentlich nennen wolle.
»Malleus Maleficarum«, erwiderte Institoris. Er machte eine Pause und sah seinen Mitbruder stolz an. »Der Hammer der Hexen. Damit meine ich den Hammer, der die Hexen zermalmen wird!«
»Hexenhammer«, murmelte Niklas, »wieso beschränkt Ihr den Titel auf das weibliche Geschlecht? Gibt es denn keine männlichen Hexer?«
»Doch, doch«, beeilte sich Institoris zu versichern, »aber sie sind eine verschwindend kleine und daher vernachlässigbare Minderheit. Wer die grundsätzliche Schlechtigkeit der Frau kennt, für den ist es kein Wunder, dass mehr Frauen der Ketzerei der Zauberer verfallen sind als Männer. Daher ist es folgerichtig, das Buch nach der Wichtigkeit des Geschlechtes zu benennen, das hauptsächlich betroffen ist.«
»Was war denn vor den Hexen? Soweit ich weiß, ist der Begriff Hexerei noch nicht so alt. Wenn ich mich nicht irre, wurde er das erste Mal 1419 bei einem Prozess in Luzern verwendet«, sagte Niklas und tat so, als ob er sich nicht ganz sicher sei.
Institoris sah ihn kampfeslustig an. »Na und?«, fragte er spitz. »Gerade Ihr als Schüler von Johannes Nider müsstet es besser wissen. Er selbst datiert das Aufkommen dieser neuen Sekten auf die zweite Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Auch ein Gericht erfindet keine neuen Begriffe, sondern greift auf bereits vorhandene zurück. Also ist die Bezeichnung Hexen schon viel älter und war auch schon im Volk bekannt!«
Wo er Recht hat, hat er Recht!,
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