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Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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ankamen.
    Anton Hehringer sah auf seinen Enkel hinab und strich dem Buben leicht über das Haar. »Wenn sie die Schiffe gegen die Strömung schleppen, können sie nicht geradeaus gehen, weil sie sonst ins Wasser gezogen würden. Sie müssen daher immer schräg laufen und deswegen sieht ihr Gang auch dann schief aus, wenn sie nicht treideln.«
    »Als ob sie auf einer Seite kürzere Beine hätten!«, sagte seine Enkelin darauf ernst.
    Sofort nach seiner Ankunft hatte er sich zu den Schiffsmännern durchgefragt, deren Boot sie mitnehmen würde. Wie Niklas gesagt hatte, waren es wilde Gestalten und er hatte noch gemeint, sie sollen sich darauf einstellen, dass auf dem Wasser andere Gesetze gelten würden. Es seien nicht wenige unter den Flussschiffern, die sich besser nicht allzu lange an Land blicken ließen.
    Der Bootsführer war ein finsterer, gedrungener Mann mit einem wucherndem Bart, der wahrscheinlich schon seit Jahren mit keiner Schere in Berührung gekommen war und wenn er den Mund öffnete, sah man seine drei noch verbliebenen gesunden Zähne. Als ihm der Medicus den mit Niklas abgesprochenen Betrag in die Hand drückte, grunzte er nur etwas Unverständliches und bedeutete ihnen mit einer knappen Handbewegung, ihm zu folgen.
    Es war ein stattliches Schiff, jedenfalls größer als die meisten anderen und der kleine Anton sprang übermütig zwischen den Ballen, Kisten und Tauen herum, worauf ihn der Mann aber sofort anfuhr, dass er das morgen nicht dulden würde.
    Am rückwärtigen Teil des Bootes war ein kleiner Verschlag, dessen Eingang mit einem löcherigen Tuch verhängt war.
    »Hier!«, deutete der Schiffer, drehte sich um und verließ ohne ein weiteres Wort das Boot.
    Nach langem Quengeln und Plärren nach den Eltern waren die Kinder endlich eingeschlafen und Anton Hehringer war auf dem Weg ein kurzes Stück nach Norden gegangen, wo er sich dann auf einem Wegstein niederließ.
    Angestrengt horchte er in die Nacht. Von unten drang das Gurgeln des Stromes, platschend brachen sich die Wellen am Ufer und aus dem Wäldchen kam der Schrei eines Uhus. Nach einer Zeit, die ihm wie eine halbe Ewigkeit vorkam, hörte er das Hufklappern eines Pferdes, das anscheinend nicht allzu schnell unterwegs war. Der Medicus erhob sich langsam und spürte, wie er zunehmend unsicherer wurde. Immer wieder hatte er sich die Worte zurechtgelegt, aber nun waren sie mit einem Mal aus seinem Kopf verschwunden.
    Auch Afra wusste nicht, was sie sagen sollte, als sie mit Leonhards Hilfe aus dem Sattel rutschte und zögernd auf die Gestalt im Dunklen zuging.
    »Afra!«, flüsterte er heiser. »Komm her!«
    Afra fühlte sich plötzlich ganz leicht.
    »Afra«, hatte er gesagt.
    Für einen Moment vergaß sie die Gefahr, vergaß, dass sie auf der Flucht war. Ihr schien, als ob sich alles Dunkle in ihr mit einem Mal mit hellem Licht zu füllen begann.
    »Vater!«, antwortete sie aufgewühlt, »Vater!«
    Erst als Anton Hehringer den salzigen Geschmack im Mund spürte, wurde ihm bewusst, dass er weinte. Aber er schämte sich nicht dafür.
    »Ich muss weiter. Gleich morgen früh wollen wir zurück nach Köln!« Schemenhaft hob sich die Gestalt Leonhards auf dem Pferd im Mondlicht ab.
    »Bestellt Niklas einen Gruß und sagt ihm, dass ich weiß, wie tief ich in euer beider Schuld stehe«, sagte Afra und reichte ihm die Hand.
    »Wenn Ihr in Augsburg seid, seid Ihr jederzeit in meinem Haus willkommen. Vergelte es Euch Gott, was Ihr für Afra und uns getan habt!«, fügte der Medicus hinzu.
    »Das war doch selbstverständlich. Aber noch seid ihr nicht in Sicherheit. Passt gut auf euch auf! Also dann – Gott befohlen!« Der Mönch wendete sein Pferd und verschwand dann in der Schwärze der Nacht.
    Das erste Licht des Tages schob sich langsam und zögerlich am Himmel empor, die weißen Nebel auf dem Fluss zerfaserten sich allmählich, wurden dünn und durchsichtig. Schwer stemmten sich die Treidelpferde auf dem Weg am Ufer in ihre Zuggeschirre, schreiende Knechte saßen mit seitlich herab baumelnden Beinen auf den Tieren, in einer Hand hielten sie riesige Messer, die beinahe so groß waren wie Schwerter.
    Die Kinder konnten sich nicht daran satt sehen, wie die Landschaft an ihnen vorüberglitt. Aufregung kam auf, als eines der Pferde aus dem Tritt kam, worauf auch die anderen ihren Rhythmus verloren. Einige der Reiter sprangen ab und versuchten mit Brüllen und Schreien wieder Ordnung und Ruhe in die Gruppe zu bringen. Auch das Schiff begann heftig zu

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