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Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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hält ihn auch eine Klosterpforte nicht davon ab. Er macht sich sogar lustig über unseren schwachen Glauben und verhöhnt uns.« Nider begleitete Pater Anselmus bis vor das Kirchenportal. »Ich möchte mir noch die Zelle von Bruder Egilhard genauer und bei Tageslicht ansehen!«
    Der schwere Mönch lag auf seiner Pritsche, klapperte mit den Zähnen und stammelte wirr und unverständlich, während der Novize vom Schemel aufstand und ihm mit einem großen Tuch den Schweiß von der Stirn wischte. Ihm war sichtlich unwohl, allein mit Egilhard in einem Raum ausharren zu müssen.
    Nider trat ans Bett und legte dem Bruder die Hand auf die Stirn.
    »Ist … ist er besessen?«
    »Nein. Aber er hat hohes Fieber und phantasiert!«
    Dem Novizen entfuhr ein erleichterter Seufzer.
    Nider trat zur Wand. Das Loch war da, es befand sich in einer Ritze zwischen zwei Steinen. Also wenigstens in diesem Punkt war er keiner Täuschung erlegen. Oder doch? Vorsichtig strich er mit dem Finger darüber und besah es genau und schüttelte dann schweigend immer wieder den Kopf. Ein Blendwerk des Satans. Nider wusste immer noch nicht, was er davon halten sollte. Er drehte sich um, öffnete die Türe, nickte dem Novizen aufmunternd zu und wollte gerade rückwärts gewandt den Raum verlassen, als sein Blick unter das Bett fiel. Das Blut wich aus seinem Gesicht und er musste sich am Türrahmen festhalten. Unter der Bettstatt lag ein Strick. Er war genau so lang und genau so dick wie der, den sie zum Herausziehen verwendet hatten.

4. KAPITEL
    D raußen begannen die ersten Vögel zu zwitschern und ein paar hellgelbe Lichtstreifen zwängten sich durch die breiten Spalten zwischen den roh behauenen Balken. Niders Nase war verstopft und er erwachte durch sein eigenes Schnarchen. Schwer atmend schob er seinen fülligen Körper in die Höhe und trat dann aus dem windschiefen Heustadel in den jungen Morgen. Schwerer Tau lag noch auf den Gräsern und Halmen, an einer weißen Birke bewegten sich leise raschelnd die Blätter und von irgendwo aus der Ferne trug der Wind das heisere Krähen eines Hahnes herüber. Mit der flachen Hand klopfte er den Staub aus seiner härenen Kutte und entfernte dann mit spitzen Fingern die restlichen Heureste. An einem kleinen glucksenden Wiesenbach wusch er sich den Schlaf aus den Augen, schulterte dann sein Bündel und machte sich weiter auf seinem Weg.
    Seit drei Tagen war er nun wieder unterwegs. Besonders schwer war ihm der Abschied von Pater Anselmus gefallen und beiden war bewusst, dass sie sich hier auf dieser Erde nicht mehr begegnen würden. Er konnte nicht anders. Er musste seinen dürren alten Lehrer in den Arm nehmen.
    »Vergelte es dir Gott, Vater Anselmus«, räusperte er heiser und mit halb erstickter Stimme und auch der Greis wischte über seine erloschenen Augen.
    »Wir sehen uns drüben wieder«, flüsterte dieser und fasste nach Niders Hand.
    »Und denk an deine Ameisen. Schreib es auf. Die einfachen Leute verstehen solche Beispiele viel besser als hochgestochene theologische Betrachtungen!«
    Mehrmals drehte er sich um, während er zu den Meierhöfen hinaus schritt und blickte auf die windverwirbelten Rauchfetzen über seiner Heimatstadt zurück. Lange stand er an der Abbruchkante des Eistobels und suchte dann die Stelle, an der er als kleiner Bub immer in die Schlucht hinabgestiegen war. Nach einigem Suchen fand er sie auch wieder. Sehnsüchtig blickte er hinab auf das tosende Wasser und lauschte dem dumpfen Rumpeln der Baumstämme, die in den Kehrwassern der Wasserfälle gefangen waren und immer wieder gegen die Felsen krachten.
    »Johannes, das ist vorbei!«, sagte er zu sich selbst und wandte sich entschlossen zum Gehen.
    Er war nun schon weit über Sankt Gallen hinaus, das er rechts liegen ließ. In einem kleinen Dorf, dessen Namen er schon wieder vergessen hatte, las er eine heilige Messe und nahm einigen älteren Frauen die Beichte ab. Die Landschaft war hügelig und der lange Anstieg über den Rickenpass machte ihm zu schaffen. Die Nacht verbrachte er bei den Zisterzienserinnen im Kloster Wurmsbach am Zürichsee, wo er sich aber nur mit »Bruder Johannes« vorstellte, da er die Einstellung der Nonnen nicht kannte.
    Ein wenig mulmig war ihm schon zu Mute, als er dann auf dem fast zweitausend Schritt langen schmalen Holzsteg stand, der über den See hinüber nach Rapperswil führte und dessen Bretter nicht befestigt, sondern nur lose auf den Bohlen aufgelegt waren. Wären die Dielen fest angemacht

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