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Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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Zellen zurückkehrten.
    »Nur noch diese Zeile«, murmelte Nider, der Mühe hatte, seine Augen offen zu halten.
    Leise kratzte die Feder die letzten Buchstaben auf das Papier, als ein gellender, markerschütternder Schrei die nächtliche Stille zerfetzte, während sich ein großer Tintenfleck auf dem Blatt ausbreitete. Aber Nider war so erschrocken, dass er es gar nicht bemerkte.
    Auf dem Gang hörte er die hastigen Schritte des Dienst habenden Mönches, dem es oblag, die Fackeln zu überwachen und auszuwechseln. Knarzend und quietschend öffneten sich die Zellentüren und aufgeregte Stimmen riefen wirr durcheinander. Ein Lufthauch löschte seine Kerze, worauf er sich an der Wand entlang in der Dunkelheit nach draußen tastete.
    Aus einer der Zellen drang ein heftiges Keuchen und Stöhnen und irgendjemand schien einen schweren Schrank herum zu schieben. Gegenstände flogen durch die Luft, fielen polternd zu Boden, etwas, das sich wie ein Krug anhörte, krachte scheppernd gegen die Wand und mit einem dumpfen Dröhnen knallte offensichtlich ein Stuhl gegen die geschlossene Zellentüre.
    »Gebt mir eine Fackel und lasst mich durch«, sagte Nider entschlossen, als er sah, dass keiner der verängstigten Brüder Anstalten machte, die Zelle zu betreten. Langsam zog er die gangwärts zu öffnende Türe einen Spalt weit auf, worauf das Rumoren schlagartig verstummte.
    In der Zelle sah es aus, als ob ein Kampf stattgefunden hätte. Der Tisch zeigte mit den Beinen zur Decke, Bücher lagen zerstreut mit herausgerissenen Seiten auf dem Boden, der Schrank lehnte halb umgekippt an der Wand und aus der zerfetzten Bettdecke quoll das Stroh.
    Mitten in der Zelle aber lag ein Mann – nackt, wie ihn Gott geschaffen hatte. Sein Körper war über und über mit Flecken und Striemen übersät.
    »Wer ist das?«
    »Bruder Egilhard«, kam die Antwort von der Türe her.
    Nider beugte sich zu ihm hinab und fühlte seinen Puls. »Er ist ohnmächtig. Zieht ihn an und legt ihn auf das Bett!«
    Zögernd traten einige Mönche in die enge Zelle und hoben ihren schweren Mitbruder auf die Pritsche.
    »Wo ist sein Skapulier?«, wollte einer der Brüder wissen.
    Suchend sahen sie sich in dem kleinen Raum um, schauten unter das Bett und hinter den schrägstehenden Schrank, auch unter einer zerknüllten Decke, die in einer Ecke lag, war der Umhang nicht zu finden.
    Inzwischen war auch der Abt hinzugekommen. »Was ist hier los? Was soll der Radau mitten in der Nacht?«
    »Wir wissen es auch nicht. Es scheint ein Kampf stattgefunden zu haben, aber niemand hat die Zelle verlassen«, antwortete der Dominikaner.
    »Vielleicht ist der andere durch das Fenster entkommen?«, mutmaßte einer der Mönche.
    Nider sah sich zweifelnd um. »Wohl kaum. Erstens ist das Fenster so klein, dass ein Erwachsener kaum durchkommen dürfte, zweitens ist es so weit oben, dass es ohne einen Tisch oder einen Stuhl unerreichbar ist. Der Tisch aber liegt wie der Stuhl am anderen Ende der Kammer. Aber nehmen wir trotzdem an, er hätte es geschafft. In der Dunkelheit würde er sich bei einem Sprung aus dem zweiten Stockwerk wahrscheinlich einige Knochen gebrochen haben!«
    »Und wenn er das Skapulier selbst zum Fenster hinausgeworfen hat?«
    »Was ist vor dem Fenster?«, wollte Nider wissen.
    »Ein Beet«, gab der Abt zur Antwort, der nun hüstelnd über die Schwelle in den flackernden Lichtschein trat.
    »Bruder Armin hat es heute Nachmittag umgegraben«, bemerkte ein anderer Mönch.
    »Dann müssten ja auch Spuren zu sehen sein, wenn jemand hinuntergesprungen ist. Seht mal nach, aber genau!«, gab der Abt den Befehl.
    »Hier ist nichts. Keine Spuren und auch kein Skapulier!«, rief nach einiger Zeit eine Stimme vom Fuß der Klostermauer nach oben.
    Bruder Egilhard lag noch immer bewusstlos auf seiner Pritsche. Seine Confratres rieben ihn mit kalten Tüchern ab, hielten ihm scharf riechende Essenzen unter die Nase, schüttelten ihn und zogen an seinen Armen und Beinen. Aber der massige Mönch stieß nur gelegentlich einen kleinen Seufzer aus. Die Übrigen begannen abermals mit der Suche nach dem verschwundenen Umhang.
    »Vielleicht hat er ihn verloren?«, meinte Bruder Laurenz unsicher.
    »Nein. Er war auf dem Kirchgang auf dem Rückweg vor mir. Das wäre doch sofort aufgefallen. Ein Benediktiner ohne Skapulier – undenkbar!«, warf ein anderer ein.
    Einer der Mönche war gerade im Begriff, mit seiner Fackel die Zelle zu verlassen, die sich langsam mit qualmendem Rauch zu füllen

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