Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
denke, so viele studierte Leute mitsammen unserer Obrigkeit können nicht irren und haben bestimmt alles genau bedacht.«
»Weißt du, was das noch gibt?«, fragte Hans nach einer Weile in die Dämmerung. Er erwartete aber keine Antwort. »Hast du den Grünwalder beobachtet? Er war nicht der Einzige, der dieses sonderbare Irrlichtern in den Augen hatte. Bis jetzt habe ich geglaubt, der Grünwalder sei ein eigentlich ganz passabler Kerl. Mein lieber Schwager, hüte dich vor solchen Leuten. Wenn sie von etwas überzeugt sind, kannst du reden, was du willst, sie werden nur ihre eigene Meinung gelten lassen, die nicht einmal ihre eigene ist, denn dafür sind sie zu dumm. Wenn solche wie der Grünwalder glauben, ihre eigene Frau oder Mutter seien Hexen, werden sie nicht eher ruhen, bis sie auf dem Scheiterhaufen sind. Mit ihrem verbohrten Fanatismus stecken sie andere an, weil sie endlich eine Erklärung für alles Elend der Welt gefunden haben, und das ist das eigentlich Gefährliche. Ich bin zwar nur ein einfacher Handwerker und kenne neben den Zehn Geboten kaum Gesetze, aber was dieser Inquisitor von der Kanzel verkündet, ist eine einzige große Sünde!«
Auch Els Frauendienst hielt mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg und meinte, wenn sich eine Frau mit einem so abscheulichen Gesellen einlassen würde, müsste sie es schon arg nötig haben und sie möchte die Mutter sehen, die ihr eigenes Kind auskochen und zu einer Salbe verarbeiten würde. Anders als ihrem Mann entgingen ihr dabei die misstrauischen Blicke und dass niemand darauf antwortete, wertete sie als Zustimmung.
5. KAPITEL
N ach zwei Wochen war Institoris so weit. Es lagen nun eine Reihe von Verdachtsanzeigen vor. Am liebsten hätte er gleich ein abschreckendes Exempel statuiert. Aber er war sich noch nicht schlüssig, wie er genau vorgehen sollte und beschloss mit der Person zu beginnen, bei der die meisten Anzeigen vorlagen. Und das war Agnes Bader. Sie war Magd in der nicht besonders gut beleumundeten Badestube eines Verwandten, und man sagte ihr nach, sie verstünde mehr als nur Haareschneiden und Rasieren. Persönlich hatte er sie bisher noch nicht kennen gelernt, aber er war sich sicher, hier auf der richtigen Spur zu sein.
Bruder Heinrich bückte sich nach seiner Tasche neben seinem Stuhl und legte sie auf den Tisch. Seit er mitten in einem Verfahren im Elsass einen neugierigen Ratsherren dabei ertappt hatte, wie dieser in den Papieren herumwühlte, ließ er seine Aufzeichnungen und Notizen nicht mehr unbeaufsichtigt herumliegen. Das Risiko war einfach zu groß, dass Verdächtige gewarnt werden könnten und zu entwischen versuchten.
Nachdem er gestern Abend im Turm die Leiter in seine Kammer gezogen hatte, war er noch lange im Schein einer Kerze mit der säuberlichen Auflistung der Anschuldigungen gegen sie beschäftigt, und er legte sich erst ins Bett, als diese herab gebrannt und der Weinkrug leer war. Zufrieden überflog er nun im Rathaus das Blatt Papier vor ihm und ein selbstgefälliges Lächeln huschte über sein Gesicht. »Die entkommt mir nicht, die gehört mir«, murmelte er, »das ist so sicher wie das Amen in der Kirche!«
»Agnes Bader«, las er, »Alter: vierundvierzig Jahre, Badermagd, unverheiratet. Ihr Auftreten ist eher dem Wesen eines Mannes denn dem einer Frau zuzuordnen. Hat ein loses Mundwerk und macht öfters geheimnisvolle Andeutungen.«
Er überflog seine weiteren Anmerkungen und blieb dann bei den einzelnen Zeugenangaben hängen, die er durchnummeriert hatte:
»1. Gertraud Holberin: Sie hat den bösen Blick, mir hat sie im Streit immer auf den Bauch gestarrt, drei Tage später erlitt ich eine Fehlgeburt.
2. Herrman Guldiner: Ihm hat ein junges Mädchen die Geschlechtsteile weggehext. Er war mit ihr verbandelt, wollte sich aber von ihr trennen. Erst als er sie würgte und sie schon blau im Gesicht war, fuhr sie ihm mit der Hand zwischen die Beine und plötzlich war sein Geschlecht auf wundersame Weise wieder da. Er behauptet, das Wissen dazu könne nur von der Baderin stammen.
3. Martin Holzhus: Ihm hat sie einen Blitz in die Scheune geleitet. Während eines Gewitters ist sie an seinem Haus vorbeigegangen und im gleichen Augenblick hat es eingeschlagen.
4. Friederich Freyberger: Er sagt dasselbe aus, nur hat bei ihm der Blitz das Haus getroffen.
5. Agath Wieserin: Sie hat beobachtet, wie sie während eines Gewitters unter der großen Buche auf der Kuppelnau gestanden habe. Rundherum habe es geschüttet, aber
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