Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)
oder es vorziehen sollte, sein Wissen aus falscher oder irregeleiteter Rücksicht für sich zu behalten, wird kraft meiner vom Papst verliehenen Vollmacht aus der Kirche ausgeschlossen und verfällt der ewigen Verdammnis!«
Zufrieden sah er, wie die Leute ängstlich die Köpfe einzogen.
»Lob sei Gott, Verderben der Ketzerei, Friede den Lebenden, ewige Ruhe den Toten! Amen!«, beendete Institoris die Predigt.
Dann wandte er sich abrupt um, so als ob er die Gläubigen gar nicht mehr beachten würde und stieg eingeübten Schrittes von der Kanzel.
3. KAPITEL
V or ungefähr einem Jahrhundert hatten sich die verschwägerten Kaufmannsfamilien Möttelin und Humpis zusammengeschlossen und damit den Grundstein für das größte Handelsimperium des Abendlandes gelegt. Kaufmannsgeschlechter wie die Besserer, Ankenreute, Neidegg, Faber, Moshain, Schellang und eben auch die der Gäldrich stießen dazu und zählten in kurzer Zeit zu tragenden Säulen der Gesellschaft. Auch aus den anderen oberschwäbischen Reichsstädten, ja sogar aus der Schweizerischen Eidgenossenschaft schlossen sich Kaufleute an. Neben Leinwand und Barchent handelte die Gesellschaft mit Zucker, Safran, Seide und Olivenöl aus Spanien, mit Südfrüchten, Mandeln, Alaun, Reis und Metallwaren aus Italien, mit Gewürzen aus dem Orient, mit Silber und Kupfer aus Ungarn und Honig, Kerzen, Pelzen und Wachs aus Osteuropa. Die Wege nach Italien führten auf teilweise abenteuerlichen Pfaden über die Schweizer Alpenpässe wie den Septimer, die Via Mala und Splügen. Eine weitere Hauptstütze war der Besuch der großen Messen und Märkte in der Champagne, Antwerpen, Genf, Lyon und Frankfurt.
Nach dem Vorbild des Adels hatte sich Konrad Gäldrich das Schloss Sigmarshofen zugelegt, nach dem er sich nun auch benannte. Seine Familie hatte es verstanden, sich durch geschicktes Heiraten mit vielen anderen Patrizierhäusern zu versippen und verschwägern.
Konrad selbst war ein fanatischer Glaubenseiferer und bekleidete schon seit langer Zeit hohe und höchste Ämter. Die Machtteilung im Stadtrat war geregelt und funktionierte zur allgemeinen Zufriedenheit. Den wenigen Patrizierfamilien stand eine große Zahl wirtschaftlich abhängiger Handwerker gegenüber, die in acht Zünften zusammengefasst waren. Auch die patrizischen Handelsherren waren seit Einführung des Zunftzwanges in der Gesellschaft »Zum Esel« vereint.
Die Regierung setzte sich neben dem Bürgermeister und dem Amman aus elf gewählten Räten sowie acht Zunftmeistern zusammen, die Zuständigkeit der Gerichtsbarkeit bei schweren Delikten lag beim zwölfköpfigen Stadtgericht, dessen Vorsitzender als Vertreter des Königs wiederum der Ammann war. Diesen Posten bekleidete Klaus Sunthain, der zwar auch nicht gerade unvermögend war, aber dessen Besitztümer sich im Vergleich zu denen von Gäldrich oder gar den schwerreichen Humpis eher bescheiden ausnahmen.
Konrad Gäldrich schloss die schwere Eichentür seines vornehmen Wohnhauses in der Marktstraße hinter sich und zog seinen Umhang fester um die Schultern. Die Sonne verlor allmählich ihre Strahlkraft, die Blätter an den Bäumen begannen sich zu verfärben und aus der Unterstadt drang jenes schauerliche Geruchsgemisch aus Fäkalien, Kohlküchen, Ziegenställen und Schweinekoben. Ihn fröstelte nicht nur wegen der Kälte, sondern auch wegen des Gedankens an die Predigt des Inquisitors von heute früh. Institoris hatte wieder eine scharfe Kanzelrede gegen die Hexerei gehalten.
»Es genügt nicht, dies Unholde zu fangen und sie zu überführen. Selbst wenn ihre Untaten nachgewiesen sind und sogar dann, wenn sie gestanden haben, hat Satan immer noch Macht über sie. So ist es in Straßburg geschehen. Dort wurde nicht beachtet, dass es nach einem Geständnis besonders gefährlich ist, eine Hexe alleine und ohne Bewachung in ihrem Verlies zu lassen. Kaum war die arme Frau alleine, wurde sie vom Dämonen bedrängt, sich mit ihrem Oberkleid aufzuhängen, um nicht durch eine aufrichtige Beichte wenigstens ihre Seele retten zu können. Aber wir werden dies in Zukunft verhindern und keine Gnade kennen, denn Satan gibt auch kein Pardon!«
Kaum war er von der Kirche in sein Haus zurückgekehrt, wurde ihm von einem Mann in Unterthingau im Fürstabttum Kempten berichtet, der der Hexerei angeklagt war, der aber trotz peinlicher Befragung zu keinem Geständnis bereit war und den sie vor ein paar Tagen gegen Leistung der Urfehde freilassen mussten.
In der Nähe des
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