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Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenhammer: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elmar Bereuter
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gesehen. Komm, Veit, erzähl mal dem siebengescheiten Frauendienst, wie es wirklich aussieht!«
    Veit Geßler war seit beinahe zwanzig Jahren Fuhrmann bei der Handelsgesellschaft und fast ebenso lange bediente er die Strecke von hier nach Saragossa in Spanien. Gestern war er wieder nach Ravensburg zurückgekommen in eine Stadt, die ihm plötzlich ganz verändert schien und in der die Angst und das Misstrauen spürbar war. Vor über zwei Monaten war er von hier aufgebrochen. Schon damals hatte eine bedrückende Stimmung geherrscht und er war froh gewesen, dass er wieder von hier weg kam. Aber nun spürte er förmlich, wie etwas Neues dazu gekommen war, das er auch schon in anderen Gegenden erlebt hatte. Die Menschen fürchteten nun nicht mehr ausschließlich Hexen und Unholde, sondern trauten sich auch untereinander nicht mehr über den Weg. Jede und jeder beobachtete den anderen mit Argwohn und wartete auf ein verräterisches Zeichen oder ein falsches Wort.
    Veit wandte sich um und rückte seinen Stuhl zurecht und sah einen nach dem anderen an. »Also«, fing er bedächtig an, »ich war jetzt gerade fünfunddreißig Tage von Saragossa bis hierher unterwegs. Das ist zwar nicht mitten in Spanien, aber man bekommt doch einiges mit. In Spanien habe ich noch kaum etwas oder gar nichts von Hexen gehört, so wie man sich das hier vorstellt!«
    »Vorstellt?«, schrie der Grünwalder, »vorstellt? Habt ihr das gehört? Sie sind da! Sie sind überall! Oben in Memmingen kostete der Malter Roggen vor vier Jahren um Michaeli schon über eineinhalb Pfund, vor drei Jahren zur gleichen Zeit zwei Pfund, weil es das ganze Jahr nur geschüttet hat, das nächste Jahr war es noch schlimmer, zu Weihnachten kostete der Malter bereits dreieinhalb Pfund und dann sogar sechs Pfund. Den Leuten wuchsen Würmer aus dem Kopf und –« Seine Augen funkelten.
    »Lass den Veit ausreden!«, riefen einige der Umsitzenden.
    Wenn alle so werden wie der, kann es hier ja noch lustig werden, dachte der Fuhrmann bei sich.
    Er kannte den Grünwalder schon lange und bisher hatte er ihn wenn auch gelegentlich aufbrausend, so doch im Großen und Ganzen als besonnenen Menschen erlebt. Nun aber war er wie ausgewechselt. Am liebsten wäre er aufgestanden und gegangen.
    »Vorstellt. Sagt der doch vorstellt«, murmelte der Grünwalder noch immer fassungslos.
    »Du kannst dich auf den Kopf stellen, aber ich habe dort noch nichts davon gehört. Ja, von Prozessen gegen die islamischen Mauren und gegen die Juden, die sich haben taufen lassen, aber weiter angeblich ihren alten Bräuchen nachhängen sollen, das ja! Gerade jetzt wütet in Spanien die Inquisition gegen diese Abtrünnigen und der Großinquisitor, Tomás de Torquemada heißt er, bringt sie reihenweise auf den Scheiterhaufen oder lässt sie in den Kerker werfen. Isabella und Ferdinand von Spanien sollen sich dabei eine ganz gute Einnahmequelle erschlossen haben, munkelt man und auch das Kloster des Inquisitors soll dabei nicht zu kurz kommen. Mauren und Juden, ja, aber Hexen – nein!«, schüttelte der Fuhrmann den Kopf.
    »Und wie sieht es woanders aus?«, wollte ein anderer wissen.
    »Das ist ganz verschieden. Es gibt auch in Frankreich weite Gegenden, wo das Hexenwesen scheinbar unbekannt ist. Aufgefallen ist mir jedoch Folgendes: Je näher du dem alemannischen Sprachraum kommst, desto schlimmer scheint es zu werden. Ganz arg ist es inzwischen in der Konstanzer Diözese, hier gibt es, wo du hinkommst, bald kein anderes Gespräch mehr. Meistens ist es Wetter- oder Schadenszauber, der ihnen zur Last gelegt wird. Aber man muss zugeben, in den letzten Jahren hatten wir auch mehr Unwetter und Missernten als früher.«
    »So ein Blödsinn«, schrie der Grünwalder, »nur, weil man in Spanien noch nichts von dem Gesindel weiß, heißt das noch lange nicht, dass es keine Hexen gibt!«
    »Habe ich etwas anderes behauptet?«, erwiderte der Veit ruhig. »Du hast mich etwas gefragt und ich habe dir darauf geantwortet, so gut ich es weiß!« Der Fuhrmann erhob sich und warf eine Münze auf den Tisch. »Ich gehe jetzt heim, muss wieder einmal ausschlafen!«
    »Was hältst denn du davon?«, wollte Hans auf dem Nachhauseweg von seinem Schwager wissen.
    »Ich weiß es nicht. Irgendetwas wird schon an der Sache dran sein. Es gibt kaum jemanden, der nicht daran glaubt. Die weltliche Obrigkeit fordert Untersuchungen, weil die Leute danach schreien und auch der Papst selbst scheint seinen Segen dazu gegeben zu haben. Ich

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