Hexenhatz im Monsterland
an: »Wie bitte?«
»Ich habe es satt, ohne Vorwarnung von einer Sekunde auf die andere aus meiner Scheide gezerrt zu werden!« gab das Schwert mit einem hoheitsvollen Schniefen zu verstehen. »Ich streike! Ab sofort! Damit du es richtig verstehst: Von jetzt an weigere ich mich, irgend etwas oder irgend jemand zu welchem Zweck auch immer zu zerschneiden. Es tut mir leid, dir das so deutlich ins Gesicht sagen zu müssen, aber zwischen uns muß sich viel, wenn nicht alles ändern.«
»Aber die da sind drauf und dran, mich zu kochen und zum Abendessen zu verspeisen!« heulte unser Held.
»Tut mir leid«, erklärte das Schwert, »doch dein Trick funktioniert diesmal nicht. Angeblich stehst du immer kurz davor, getötet oder aufgegessen zu werden. Doch es gibt einen Punkt im Leben eines jeden Schwertes, wo es nur noch ›nein‹ sagen kann!«
Wuntvor sah hilfesuchend auf, während die drei Dämonen ihren Kreis um ihn schlossen.
»Hast du noch einen letzten Wunsch?« fragte Mama Dämon zuvorkommend, wobei sie ihre Geflügelschere wetzte.
Wuntvor nickte. »Nur einen. Ich wünschte, ich käme lebend aus dieser Küche.«
»Gewährt!« piepste ein dünnes Stimmchen aus dem Nichts.
Kapitel Zehn
Der niedergelassene Magier wird sich nicht selten in aufreibenden Situationen wiederfinden. Zwei verschiedene Kunden werden möglicherweise vollkommen entgegengesetzte Resultate von einer bestimmten magischen Situation erwarten. Der freipraktizierende Magier wird daher die Erwartungen eines jeden der beiden Kunden sorgfältig abwägen müssen, wird immer auch die längerfristigen Wirkungen seiner Sprüche einplanen und überdenken müssen, welcher Teil des betreffenden Spruchs welchen der Kunden am besten zufriedenstellen kann, wird sich über die geeigneten Fluchtwege informieren müssen – nur für den Fall, daß eine der beiden Parteien über die Sprucheffekte zu sehr verärgert sein sollte. Aber wie die Sache auch immer ausgehen mag, nie wird der niedergelassene Magier die eherne Faustregel professionellen Magiertums außer acht lassen: Stelle jederzeit sicher, daß du von beiden Kunden im voraus bezahlt wirst.
aus: – LEHREN DES EBENEZUM, Band XXI
Wuntvor fand sich im Wald wieder. An seiner Seite stand stolz der Schuhbert.
»Siehst du?« belehrte ihn das Schwert mit vorwurfsvoller Stimme. »Es gibt immer Alternativen zur Gewalt.«
Unser Held ließ das Schwert wieder in die Scheide gleiten. Er würde sich später mit diesem Problem auseinandersetzen.
»Wo hast du denn gesteckt?« fragte unser Held den kleinen Mann.
»Oh, überall und nirgends«, erwiderte der Schuhbert lässig. »Ich bin noch immer dagewesen, wenn du mich gebraucht hast, oder? Wir vom Kleinen Volk machen uns gern ein wenig rar. Ich kam zu dem Entschluß, daß meine Gegenwart deiner Geschichte hinderlich war. Das ist immer das große Sorgenkind für uns Magieproduzenten: Du wurdest zu sehr wunschzentriert.«
»Meine Geschichte?« Irgendwie hatte unser Held seine Abenteuer nie von dieser Seite betrachtet. Aber warum sagte er sonst wohl die ganze Zeit ›es war einmal‹?
»Doch nun war es an der Zeit für mich, wieder aufzutreten«, erklärte ihm der Winzling weiter. »Nun kommt das große Finale. Du hast nur noch einen Wunsch. Und den solltest du wirklich zu einem Knüller machen!«
Für einen Augenblick spielte Wuntvor mit der aberwitzigen Idee, sich einen Pudding zu wünschen und so die Angelegenheit ein für allemal hinter sich zu bringen. Aber nein, bei dem Glück, das er in letzter Zeit gehabt hatte, würde er sich den Wunsch lieber für die nächste Kalamität aufsparen. Er würde dem Schuhbert mitteilen, er solle in der Nähe bleiben.
»Wie du wünschst«, entgegnete der Kleine, fügte dann jedoch schnell hinzu: »Verzeihung, nur so eine sprachliche Gewohnheit…«
Unser Held wandte seine Aufmerksamkeit der Umgebung zu. Wieder befand er sich in der Nähe der immensen Bohnenstange, doch der Riese war nirgends zu sehen. Tatsächlich hatte sich, abgesehen von einer umfangreichen Bodensenke im Waldesgrund, nicht viel geändert.
»In der Tat«, stellte unser Held nach einem Moment des Überlegens fest. »Ich denke, es ist wohl Zeit, meine Flucht fortzusetzen.«
Doch er hatte noch kein Dutzend Schritte getan, als ein Chor wüster Stimmen, der aus dem Unterholz ganz in der Nähe drang, seine Ohren beleidigte.
»Deine Mutter trägt ja Armeestiefel!« gellte eine erste Stimme.
»Das ist ja ganz wie bei einem Menschen«, fügte
Weitere Kostenlose Bücher