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Hexenjagd in Lerchenbach

Hexenjagd in Lerchenbach

Titel: Hexenjagd in Lerchenbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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trug
knielange Shorts und Tennisschuhe. Um die Taille hatte sie sich eine Hundeleine
geschlungen.
    An Karls dürrer Gestalt schlotterten
T-Shirt und Shorts. Als Sonnenschutz trug er einen karierten Tennishut, der ihm
viel zu tief auf die Ohren rutschte. Die beiden Grashalme, die er rechts und
links im Mundwinkel hatte, erinnerten an die Schnurrhaare eines Katers.
    „Hallo! Da sind wir!“ rief Klößchen,
als befürchtete er, man könnte ihn übersehen.
    „Endlich!“ meinte Gaby ungnädig. „Wir
warten schon so lange, daß sich die Mücken inzwischen einigen konnten, welcher
Schwarm mich angreift und welcher Karl. Au!“
    Sie klatschte auf ihren nackten
Unterschenkel, stand auf, spitzte die zarten Lippen und pfiff.
    „Klingt wie auf dem letzten Loch!“
lachte Tarzan.
    Er schob zwei Finger in den Mund und
stieß einen Pfiff aus, den man sicherlich noch auf dem Internatsgelände hörte.
    „Na, gut! Du kannst besser pfeifen“,
sagte Gaby. „Aber so was übe ich doch gar nicht erst. Sonst sehe ich eines
Tages aus wie ein Breitmaulfrosch.“
    Tarzan lachte. „Pfeifen die auf zwei
Fingern? Oder quaken die? Ah, da ist er. Er hat meinen Pfiff gehört.“
    Gemeint war Oskar. In wilden Sprüngen
brach er aus einem Getreidefeld hervor. Die schwarzen Ohren flatterten. Japsend
hing ihm die Zunge aus dem Maul. Außer sich vor Freude flitzte er auf Tarzan
los, denn der war sein besonderer Freund.
    Vorsichtshalber war Tarzan vom Rad
gestiegen. Daß er Gabys Hund — und treuen Freund — , den schwarzweißen
Cockerspaniel, ausgiebig begrüßte, verstand sich von selbst. Bellend sprang der
Vierbeiner an ihm hoch, und sein Stummelschwanz quirlte wie ein elektrischer
Rührlöffel.
    „Was der nur an dir findet?“ sagte
Gaby, ohne eine Miene zu verziehen.
    „Oskar ist ein guter Menschenkenner“,
lachte Karl.
    „Wenn er das wäre“, erwiderte Gaby, „würde
er seine Anhänglichkeit auf mich beschränken — und nicht euch einbeziehen.“
    Klößchen wischte sich über sein
schwitzendes Gesicht. „Was meint ihr, Jungs: Nehmen wir sie mit? Oder binden
wir sie hier mit der Hundeleine an den Baum? Abends könnten wir sie dann
abholen, bevor sie verhungert.“
    Alle lachten. Auch Gaby stimmte ein. Dann
ging ihr das weiße Band auf, mit dem sie ihr goldblondes Haar zum Pferdeschwanz
gebunden hatte, und sie war zu beschäftigt, um sofort eine Erwiderung
abzuschießen.
    Aber sobald die Schleife gerichtet war,
sagte sie: „Bild dir bloß nicht ein, Willi, daß Oskars Anhänglichkeit euch
freie Hand läßt. Er liebt immer noch sein Frauchen am meisten. Wer mich
anrührt, den zerfleischt er gnadenlos. Besonders gern beißt er die Dicken,
denen Kakao statt Blut durch die Adern fließt.“
    Das zielte auf Klößchen und seine unselige
Leidenschaft für Schokolade, konnte ihn aber nicht erschüttern. Er lachte
genauso laut wie Tarzan und Karl. Die freilich amüsierten sich über die
Vorstellung, daß der gutmütige, friedfertige Oskar zur reißenden Bestie werden
könnte.
    Gaby hob ihr Rad aus dem Gras. Auf dem
Gepäckträger war ein großer, aber völlig leerer Rucksack festgeklemmt.
    „Nur für den Fall, daß Oskar müde wird“,
sagte sie zu Tarzan. „Dann trägst du ihn wieder, ja?“
    Er nickte. „Klar. Für Oskar tue ich
alles.“ Grinsend fügte er hinzu: „Aber ich würde auch dich in den Rucksack
nehmen.“
    „Ph!“ machte sie. „Ich bin doch kein
Baby.“
    Der Rucksacktransport für Oskar hatte
sich auf weiten Strecken bewährt. Immerhin lagen fast 30 Kilometer vor ihnen.
Und die mußten sie auch auf dem Rückweg bewältigen. Per Fahrrad war das zu
schaffen. Aber für Oskars vier Pfoten hätte es doch eine zu große Anstrengung
bedeutet. Deshalb verfuhren sie stets so: Sobald Oskar Ermüdungsanzeichen
zeigte, wurde er in den Rucksack gesteckt. Der Kopf blieb natürlich im Freien.
Tarzan nahm dann die Last auf den Rücken. Oskar legte ihm vertrauensvoll den
Kopf auf die Schulter — und weiter ging die Fahrt. Was dem Vierbeiner
offensichtlich Spaß machte, obwohl er gelegentlich strampelte. Tarzan, dem
durchtrainierten Sportler, machte das Gepäck nichts aus.
    „Brechen wir auf!“ sagte er — und
beschloß, den Vorfall mit Helga Götze und dem Einbrecher erst nachher zu
erzählen.
    Sie bestiegen die Räder und folgten dem
Feldweg. Er war holperig und erschwerte das Vorwärtskommen, mündete aber
schließlich auf eine Landstraße, die durch Wald und Wiesen direkt nach
Lerchenbach führte.
    Die Temperatur stieg.

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