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Hexenjagd in Lerchenbach

Hexenjagd in Lerchenbach

Titel: Hexenjagd in Lerchenbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Stirn
hing. Ein eckiges Kinn, strichdünne Lippen, schmale Nase, flankiert von hohlen
Wangen, ergänzten die grobe Einteilung des Gesichtes. Nur bei den Augen tat sie
sich schwer. Schließlich entschied sie sich für engstehende, starre Glotzer mit
scheinbar funkelnden Pupillen.
    „Ja, das ist er.“
    Glockner betrachtete das Phantombild. „Ich
glaube nicht, daß wir den als Vorbestraften in der Kartei haben. Jedenfalls ist
mir das Gesicht nicht bekannt. Egal — jetzt kriegen wir ihn. Der Bursche hat
genug Schaden angerichtet. Das Bild werden wir in der Presse veröffentlichen.“
    Tarzan sagte: „Es wird Hinweise hageln.
Ich habe mindestens schon zwei Dutzend Typen gesehen, die dem ähneln.“
    Glockner nickte. „Unverwechselbar ist
er leider nicht. Das erschwert unsere Arbeit. Es wird dazu führen, Fräulein
Götze, daß ich Sie diesem oder jenem Festgenommenen, der es sein könnte,
gegenüberstellen muß. Falls er nicht gleich ein Geständnis ablegt, was aber
höchst selten vorkommt. Sie sind die einzige, die den Täter mit Gewißheit
identifizieren (wie der erkennen) kann.“
    „Das scheint auch ihm klar zu sein“,
meinte Tarzan, „und er ist deshalb mit seinem Totschläger — oder was das war — auf
Fräulein Götze losgegangen.“
    Der Kommissar nickte. „Wir müssen
annehmen, daß er gewalttätig ist.“
    Helga schauderte. „Sie meinen, er
handelte überlegt? Ich halte mich bis jetzt an der Vorstellung fest, es sei bei
ihm nur ein Reflex (unwillkürliche Bewegung) gewesen, als er auf mich
eindrang. Weil er sich überrascht fühlte — und in die Enge gedrängt war. Das
heißt, eigentlich habe ich ihn nur entsetzt angesehen.“
    „Auf jeden Fall ist Vorsicht geboten“,
sagte Gabys Vater.
    Es war spät geworden. Aber Tarzan
konnte beruhigt sein. Der EvD war verständigt.
    Sie verabschiedeten sich vom Kommissar
und verließen das Präsidium.
    Tarzans Stahlroß stand zwischen zwei
Streifenwagen.
    Als sie zum nahem Rathaus aufbrechen
wollten, löste sich abermals der Absatz von Helgas Sandale.
    „Dann hinke ich eben“, lachte sie.
    „Kommt nicht in Frage. Sie steigen aufs
Rad. Ich trabe nebenher.“
    Das ging einigermaßen. Zwar war der
Sattel arg hart und Helga erheblich kleiner als Tarzan. Doch sie hatte
erstaunlich lange Beine und konnte radeln, ohne daß der Sitz verstellt werden
mußte.
    Er brachte sie zum Rathaus, wo sie in
ihr kleines Auto stieg.
    „Nochmals vielen Dank für deine Hilfe,
Tarzan. Und dann morgen vormittag also bei mir. Gute Nacht!“
    Er wünschte ihr ebenfalls eine gute
Nacht und sah dem Wagen nach, der jetzt in westliche Richtung nach Lerchenbach
fuhr.
    Gaby hat recht, dachte er, sie ist eine
tolle Person. Und erstaunlich mutig für eine Frau. Andere wären längst weich
geworden, wenn sie ein ganzes Dorf gegen sich hätten und völlig allein stünden.
Sie hat sicherlich einen Dickkopf. Wie Gaby. In der Beziehung könnten sie
Schwestern sein.
    Damit unterbrach er seine
tiefschürfenden Betrachtungen, schwang sich aufs Rad und flitzte im Höllentempo
durch die Stadt. Bald erreichte er die Landstraße, die zur Internatsschule
führte. Den Weg hätte er mit verbundenen Augen gefunden — ohne gegen einen
Chausseebaum zu stoßen. Freilich zwischen verbundenen Augen und dieser mond-
und sternenlosen Nacht bestand kein Unterschied.
    Bei der Internatsschule angekommen,
schob er sein Rad durchs Tor. Der Fahrradkeller war längst verschlossen. Also
kettete er sein Stahlroß an eine Regenrinne.
    Der EvD — ein gähnender Junglehrer, der
— statt Dienst zu tun — viel lieber in der Stadt eine Disco besucht hätte — ließ
ihn ein.
    „Ich weiß Bescheid. Kommissar Glockner
hat angerufen. Die Kollegin Götze hat also einen Einbrecher ertappt? Nicht zu
fassen!“
    „Stimmt!“ sagte Tarzan. „Er war nicht
zu fassen, obwohl ich ihm nachgejagt bin.“
    „Wie? Ach so! Ja, dann gute Nacht!
Marsch in die Falle!“
    „Gute Nacht, Herr Assessor!“
    Tarzan jagte die Treppe hinauf ins zweite
Obergeschoß. Aus dem Adlernest sickerte ein Lichtstreifen,
breitgequetscht von der Tür, hervor. Also schlief Klößchen, Tarzans Freund und
Budengenosse, noch nicht.
    Unter der Tür blieb Tarzan stehen.
    „Was machst du denn da?“ fragte er
entgeistert.
    „Ordnung.“

    Tarzan kickte die Tür hinter sich zu,
während Klößchen die Ärmel seiner blauweißen Pyjamajacke hochschob.
    „Nur noch einen kleinen Moment“, meinte
er, „dann kannst du ins Bett.“
    „Das hoffe ich

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