Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexenjagd in Lerchenbach

Hexenjagd in Lerchenbach

Titel: Hexenjagd in Lerchenbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
Klößchens Hemd
war zum Auswringen. Natürlich schimpfte er auf die Hitze, das mangelhafte
Frühstück und die Schinderei auf der Tretmühle. Trotzdem hielt er sich an der
Spitze, denn die vier fuhren — wie es auf Landstraßen Vorschrift ist — hintereinander.
    Gaby an zweiter Stelle. Immer noch lief
Oskar brav neben ihr. Dann folgte Karl. Tarzan, der keine Müdigkeit kannte,
fuhr als Schlußlicht — um notfalls anzuschieben, falls einen der anderen die
Kräfte verließen.
    Als sie ein Wäldchen durchquerten,
gackerte Gaby plötzlich los: „Ich lach’ mich tot. Willi hat in die Hose
gemacht.“
    „Was?“ rief Karl. Dann: „Tatsächlich!
Heh, Willi, schäm dich! Wie kann das passieren?“
    Klößchen wandte den Kopf. „Seid ihr
übergeschnappt? Wer hat hier in die Hose gemacht?“
    „Du!“ rief Gaby.
    „Müßtest dich mal von hinten sehen“,
meinte Karl.
    Tarzan, dem was schwante, sah an den
beiden vorbei.
    Wahrhaftig! Klößchen sah von hinten wie
ein Säugling aus, dem man dringlichst die Windel wechseln muß.
    „Albernes Volk!“ schimpfte Willi
unterdessen.
    „Er merkt es nicht mal!“ krähte Karl.
    „Aber so“, rief Gaby, „können wir mit
dir nicht zu Helga. Am besten, wir binden dich mit Oskars Leine an einen Baum
und holen dich abends wieder ab.“
    „Alles Unsinn!“ rief Klößchen. „Ich bin
absolut stubenrein.“
    Doch dann griff er ahnungsvoll in die
Gesäßtasche seiner kniekurzen Hose und — wurde starr vor Schreck.
    Er bremste scharf, sprang vom Rad,
tauchte die Hand noch tiefer in die Tasche und zog sie kakaobraun wieder raus.

    „Mein Gott!“ sagte Tarzan erschüttert. „Er
hat sich die Taschen mit Schokolade vollgestopft. Und das bei der Hitze. Jetzt
ist alles geschmolzen. Deshalb sieht er von hinten so braun aus. Willi, du
Riesenroß! Hast du wenigstens eine Zweithose mit?“
    „Natürlich nicht!“ jammerte Klößchen. „Aber
was viel schlimmer ist: Wovon soll ich mich jetzt ernähren? Meine Schokolade
ist Brei!“
    Gaby begann zu kichern, daß ihre
Schultern bebten. Karl preßte die Hände aufs Zwerchfell.
    Tarzan deutete zum schattigen Waldrand.
    „Dort fließt ein Bach! Rasten wollten
wir ohnehin, denn ich muß euch was erzählen, bevor wir bei Helga sind. Willi
kann inzwischen seine Hose auswaschen.“
    Grätschbeinig schob Klößchen sein Rad
zum Bach. Dort verschwand er hinter Büschen.
    Die andern hockten sich ins Gras. Oskar
legte seinen Kopf auf Gabys Knie.
    „Was mußt du uns erzählen?“ fragte sie
Tarzan.
    „Du hast deinen Vater heute noch nicht
gesehen?“
    „Du weißt doch, daß er Nachtdienst
hatte. Wenn ich aufstehe, ist er dann gerade erst eingeschlafen.“
    Tarzan nickte. „Ich habe ihn gestern
nacht noch gesehen. War interessant, als Helga in seinem Büro das Phantombild
gebastelt hat. Also, hört zu!“
    Sie waren ganz Ohr, staunten; und Karl
sagte, er wüßte von Gaby bereits, daß Helga in ihrem Dorf angefeindet werde,
und er könne das absolut nicht begreifen.
    „Daß dieser Jocher sie haßt — das
schon. Aber daß die andern mitmachen — ekelhaft! Da zeigt sich mal wieder, was
die meisten für Hampelmänner sind. Daß sie sich beeinflussen lassen von einem,
der das Maul aufreißt. Und daß sie Schiß haben, ihre eigene Meinung zu
vertreten. Zum Kotzen!“
    Er nahm seine Nickelbrille ab und begann
— wie immer, wenn er aufgeregt war — die Gläser zu polieren.
    „Ganz meine Meinung!“ rief Klößchen
hinter den Büschen.
    „Wie sieht’s mit deiner Hose aus?“
fragte Gaby.
    „Die Hose? Ach so! Ich bin noch dabei,
den Schokoladenbrei zu mir zu nehmen. Schmeckt auch warm ganz gut.“
    „Da kann man nichts machen“, sagte
Tarzan. „Er kratzt die braune Pampe aus seiner Hosentasche und ißt sie. Möchte
nicht wissen, was sich in den Brei gemischt hat. Wahrscheinlich: Tannennadeln,
Papierschnitzel, Stoffäden, Staub und Kleingeld. Na, dann Guten Appetit!“
    „Danke!“ rief Klößchen. „Eben habe ich
auf einen Pfennig gebissen. So, jetzt werde ich die Hose auswaschen.“
    Sie hörten ihn schrubben und fluchen.
    Als er schließlich mit klitschnasser
Hose zum Vorschein kam, hatte sie die Farbe gewechselt. Aus dem hellen Beige
des Stoffes war ein schmutziges Braun geworden.
    „Besser ging’s nicht — ohne Seife“,
verteidigte er sich.
    „Den Lerchenbachern kannst du erzählen,
das wäre jetzt modern“, meinte Tarzan. „Vielleicht rutschen die Modebewußten
dann mit der Hose übern Misthaufen.“
    Sie fuhren weiter.
    Als

Weitere Kostenlose Bücher