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Hexenjagd in Lerchenbach

Hexenjagd in Lerchenbach

Titel: Hexenjagd in Lerchenbach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Moment schwiegen alle.
    Dann sagte Gaby: „Mich schaudert’s. Was
Menschen anderen Menschen antun, könnte einen mutlos machen. Wenn ich mir das
vorstelle: Über Jahrhunderte hat es genügt, daß ein böser Nachbar eine ihm
mißliebige Frau der Hexerei beschuldigte. Und der Tod auf dem Scheiterhaufen
war ihr so gut wie sicher.“
    Klößchen lächelte Helga an und meinte
treuherzig: „Aber das haben sie nicht zu befürchten.“
    Helga lachte. Aber ihre Heiterkeit
wirkte etwas erzwungen.
    Karl hatte rasch ein paar Erdbeeren
verschlungen und fuhr fort: „Man weiß ziemlich genau: Zwischen 1500 und 1700
wurden in Europa etwa eine Million Hexen verbrannt. Natürlich hatte keine was
verbrochen — jedenfalls nicht im Sinne der Anklage. Denn immer das gleiche warf
die ihnen vor: Sie hätten Umgang gehabt mit dem Teufel. Heute wissen wir
natürlich, daß nichts davon stimmt. Und wir fragen uns, warum waren damals
Ankläger, Richter, Folterknechte und Henker absolut überzeugt, es mit Hexen zu
tun zu haben? Ebenso die Menschen, die bei den Hexenverbrennungen zuschauten.
Sie waren sich deshalb so sicher, weil sie an den Teufel glaubten. Für alle
Menschen stand damals fest: Irgendwo in den Abgründen der Erde wohnt ein
übermächtiger Geist, der nur Unglück bringt. Und seine Werkzeuge sind die
Hexen. Kern des Hexenwahns war also die Furcht vor dem Teufel. Denn nur von ihm
konnten die Hexen ihre Macht und ihre Zauberfähigkeit erhalten. Den Teufel
stellte man sich übrigens als eine häßliche Mischung aus Mensch und Tier vor.
Er war das Sinnbild des Bösen und sozusagen der Urheber menschlicher Schwächen.
Die Geschichte des Teufels ist ungefähr 2500 Jahre alt. Zuvor unterschied man
noch nicht — nicht einmal in den Religionen — zwischen Gut und Böse, sondern
nahm alles, was geschah, als mehr oder weniger zufällig hin. Erst vor 2500
Jahren dachten sich in verschiedenen Teilen der Welt kluge Köpfe aus, daß
alles, was so passiert, ein Kampf zweier Mächte sein müsse: einer guten und
einer bösen Macht. Das ist sehr vereinfacht gesagt. Erstaunlicherweise kam die
neue Lehre in vielen Ländern gleichzeitig auf — immer in verschiedener Form,
aber im Kern gleich. Was den Menschen betraf, so sah man Gut und Böse als einen
Gegensatz zwischen Körper und Geist. Wobei man den Körper mit Begierde
gleichsetzte. Das war das Böse — und verantwortlich dafür der Teufel. Im ersten
und zweiten Jahrhundert entsteht dann das Neue Testament, das bekanntlich vom Leben
und Wirken Christi handelt. Da ist dann vom Teufel als dem höchsten Widersacher
Gottes die Rede. Ich habe das nur erwähnt, weil Hexenwahn ohne Teufelsglaube
nicht denkbar wäre.“
    „Jetzt wissen wir wenigstens, mit wem
Sie im Bunde sind, Fräulein Götze“, versuchte Klößchen einen Scherz, erntete
aber aus Gabys Kornblumenaugen einen bitterbösen Blick.
    Tarzan schob seinen Teller weg.
    „Vielen Dank für die tolle Bewirtung.
Aber wir sind ja nicht nur zum Essen gekommen. Wir wollen Ihnen auf dem
Grundstück helfen, wie es abgemacht war.“
    „Dir geht es wohl wieder nicht rasch
genug“, lächelte Helga. „Ich dachte, ihr wollt erst noch meine Terrarien sehen.“
    Dem Vorschlag stimmten alle zu. Nur
Klößchen wäre lieber noch an der gedeckten Tafel geblieben.
    Helga führte die Freunde in einen
Nebenraum, wo die Terrarien — große Glasbehälter — standen.
    In einem befanden sich zwei
Kreuzottern, im anderen Blindschleichen. Aber am schaurigsten waren die Spinnen
anzusehen.
    Für einen Moment brach in Helga die
Biologielehrerin durch.
    „Wer weiß“, fragte sie, „wieviel
Spinnenarten es gibt? Du bitte nicht, Karl! Daß du so ungefähr alles weißt, hat
dein toller Vortrag eben erst bewiesen. Nun, Willi?“
    „Hm. Mindestens 100.“
    „Weit daneben geraten. Gaby?“
    „Tausende, sicherlich.“
    „Schon besser. Es gibt etwa 25 000
Spinnenarten. 800 davon leben auch bei uns. Und was ihr hier seht, sind die
Gartenkreuzspinne, die Finsterspinne, die Springspinne, die Krabbenspinne. Das
ist eine Stachelspinne — die mit dem rotweißen Schild. Das dort sind
Huschspinnen. Und das ist ein Dornenfinger — die giftigste Spinne in unseren
Breiten. Aber keine Sorge! Daran stirbt man nicht. Der Giftbiß kann zwar
brennende Schmerzen verursachen und schlimmstenfalls Schüttelfrost, aber
Schlimmeres nicht.“
    „Finden Sie die Viecher schön?“ fragte Klößchen.
    „Das gerade nicht. Aber sie gehören zum
Thema meiner Doktorarbeit.“
    „Kann ein

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