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Hexenkatze - Roman

Hexenkatze - Roman

Titel: Hexenkatze - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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stand vor der Tür, und ich hatte ihn zumindest in der letzten Stunde nicht weggehen sehen.
    Ich wartete noch ein paar Minuten, etwas zweifelnd, ob ich so einfach bei ihm eindringen durfte. Aber als sich auch auf das dritte Läuten nichts tat, steckte ich den Schlüssel in das Schloss und öffnete die Tür.
    »Alex!«, rief ich in das dunkle Haus. »Alex?«
    »Deba?«
    Die Stimme kam aus dem Wohnzimmer. Ich tastete mich zur Tür und sah mich erstaunt um. Zunächst entdeckte ich ihn nicht, erst als ich noch einmal fragte: »Alex, bist du hier?«, antwortete er, und ich schloss aus der Richtung, aus der seine Stimme kam, dass er irgendwo auf dem Sofa saß.
    »Warum sitzt du denn hier im Dunkeln, Alex? Kann ich Licht machen?«
    »Ja, mach nur.«
    Ich fühlte an der Wand den Schalter, und es wurde hell im Raum. Alex lag auf dem Sofa und starrte zu mir.
    »Was ist los, Alex? Bist du krank?«
    Eine verrückte Sorge überschwemmte mich. Ich eilte zuihm und nahm seine Hand. Er griff danach, sog tief den Atem ein und seufzte dann: »Du bist das, Deba. Wirklich.«
    »Natürlich. Was hast du denn gedacht? Was hast du nur?«
    »Ich kann nichts sehen. Es ist entsetzlich. Es hat vorhin angefangen, so ein Zittern vor den Augen. Dann wurde alles dunkel.«
    Eine grässliche Erinnerung überkam mich.
    »Hast du das schon mal gehabt?«
    »Das Zittern, ja. Das hat was mit Stress zu tun. Aber es ist noch nie so schlimm gewesen. Ich verstehe das nicht.«
    Ich beugte mich vor und merkte, dass sein Körper ganz verkrampft und hart war. Kein Wunder, auch ich hätte eine höllische Angst, wenn ich plötzlich nichts mehr sehen könnte.
    »Wann hat das denn angefangen, Alex?«
    »Vor einer Stunde etwa. Xenia war noch hier, sie hat sich für heute Abend verabschiedet und mir ziemlich hämisch ›Viel Spaß‹ gewünscht. Kurz danach hat es angefangen.«
    Xenia. Die Frau aus dem schwarzen Zimmer.
    »Alex, gibt es irgendwas, das dir normalerweise dabei hilft. Tabletten, Tropfen, irgendwas, das ich dir holen kann?«
    »Nein. Das Augenflimmern geht meist nach ein paar Minuten vorbei. Aber du könntest meinen Arzt für mich anrufen. Die Nummer steht in dem grünen Buch am Telefon.«
    Ich drückte ihm kurz die Hände, dann stand ich auf, um das Telefonat zu führen. Wie erwartet war am Samstagabendniemand zu erreichen. Der Anrufbeantworter nannte die Nummer vom Notdienst. Ich dachte nach. Alex war inzwischen der dritte Fall von Blindheit, von dem ich Kenntnis hatte. Sonja und Micki waren die beiden anderen. Bevor ich den Notdienst anrief, wollte ich noch etwas anderes wagen. Ich sah mich im Zimmer um. Ja, am Kamin stand ein Kerzenleuchter mit drei Bienenwachskerzen. Sehr gut. Ich erwog, meinen Eschenstab zu holen, aber dann fiel mein Blick auf den Schlüsselanhänger.
    »Alex, der Arzt ist in seinem Golfclub, oder was immer diese verantwortungsbewussten Heiler in ihrer kostbaren Freizeit machen. Es gibt einen Notdienst. Aber vielleicht weiß ich auch etwas, womit ich dir helfen kann.«
    »Du, Deba?«
    »Tu nicht so ablehnend. Wenn das eine nervöse Störung ist, gibt es Möglichkeiten. Vertraust du mir ein bisschen?«
    »Bist du schon mal blind gewesen?«
    »Nein.«
    »Dann wirst du vielleicht nicht ahnen können, wie misstrauisch man da wird. Aber trotzdem – ich vertraue dir. Mir ist jede Hilfe recht.«
    »Tut mir leid, du musst mir richtig vertrauen. Ich weiß, das ist auf Grund der Ereignisse vielleicht ein bisschen schwierig für dich. Aber ich will dir wirklich helfen.«
    Ich streichelte ihn, und ein bisschen gab seine Starre nach. Er nahm meine Hand und legte sie an seine Wange.
    »Ich vertraue dir.«
    »Gut. Ich mache jetzt das Licht aus und zünde die Kerzen an. Das ist besser, wenn du wieder Licht siehst, ja?«
    »Tu, was du willst.«
    »Immer, Alex. Fast immer.«
    Ich zündete die Kerzen an und stellte sie auf den Couchtisch. Dann schaltete ich die helle Deckenbeleuchtung aus und setzte mich in den gelben Lichttümpel neben ihm auf den Boden.
    »Alex, schließ bitte jetzt die Augen.«
    »Gut.«
    »Und ganz ruhig atmen. Du bist so entsetzlich angespannt.«
    Ich kontrollierte meinen Atem, und nach einer Weile wurde auch das Heben und Senken seiner Brust ruhiger. Ein erster Erfolg. Dann nahm ich den Schlüsselanhänger und hielt ihn vor sein Gesicht. Mit möglichst sanfter Stimme sprach ich auf ihn ein.
    »Alex, du hast die Augen geschlossen. Und doch kannst du etwas sehen, Richte deinen Blick auf die Mitte deiner Stirn. Hierhin.« Ich

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