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Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roswitha Hedrun
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Hofgarten von dem dortigen Brunnen besorgte, den Schädel einigermaßen klar und nahm sich beim anschließenden Ankleiden vor, sich von niemandem ihre Verstörtheit anmerken zu lassen.
Möglichst unbeschwert saß sie dann am Frühstückstisch. Das erfreute besonders den Maestro, er schenkte ihr auffallend viel Aufmerksamkeit, reichte ihr den Semmelkorb hin, damit sie sich eine weitere nehme, erkundigte sich, ob ihr der neue Käse schmecke und regte sie mit kleinen Scherzen zum Lachen an.
Allerdings äußerte er gegen Ende auch: "Mit deiner wieder gefundenen Heiterkeit stellt sich hoffentlich auch wieder dein alter Appetit ein."
Das versetzte Lucia in Verlegenheit, demnach war ihm nicht entgangen, dass sie in den letzten Wochen nur mit Mühe etwas hatte zu sich nehmen können, da sich ihr Magen in seiner Gegenwart gegen jeden Bissen gesträubt hatte. Dem Maestro etwas vorzutäuschen, war kaum möglich, sein magischer Künstlerblick durchschaute die Äußerlichkeiten. Ihr war schon der erschreckende Gedanke gekommen, er wisse längst, was sich unter ihrer männlichen Aufmachung verbarg.
Wenn sie nur eine Lösung für die Feiertage fänd!
Nach einer weiteren grüblerischen Nacht und einem ebensolchen Tag sah Lucia ein, dass sie sich mit ihrem Problem nur an Carlo wenden kann. Dazu lud sie ihn nach Feierabend in ihre kleine Stammschenke ein und legte ihm dort bei einem Becher Rotwein ihre heikle Situation dar, mit der Erklärung, sie könne ihre Familie gar nicht besuchen, und er möge sie nicht fragen, aus welchem Grund.
Das tat er auch nicht, vielmehr erkundigte er sich mitfühlend: "Sehnst du dich denn nach deiner Familie?"
"Mehr als ich mir selbst eingestehe, Carlo."
Darauf bot er ihr ungefragt an: "Du würdest mir eine Freude bereiten, wenn du über die Feiertage mit mir nach Verona kommst. Deine Familie kann ich dir damit natürlich nicht ersetzen, aber meine ist auch sehr nett, besonders Mutter. Si? Magst du?"
Da Lucia nicht aufdringlich erscheinen wollte, zögerte sie: "Ich weiß nicht, würde ich euch denn nicht zur Last fallen?"
"Lukas, ich bitte dich!", wehrte er ab. "Meine Mutter und meine Geschwister würden sich ebenso darüber freuen wie ich, und in unserer Bottega wird niemand davon erfahren, das biegen wir schon hin. Also, jetzt sag schon zu."
"Va bene, ich komme mit. Und ich danke dir!"
"Umgekehrt", lächelte er sein süßliches, aber ehrliches Lächeln, "ich habe zu danken, denn mit dir werden die Feiertage für mich doppelt so schön. Gleich morgen Früh werde ich Mutter schreiben, dass ich meinen Freund Lukas mitbringe. - Trinken wir darauf!"
Nachdem sie ihr Vorhaben mit einem Schluck Wein besiegelt hatten, war Lucia wohler.

    Wie schon länger alle anderen Bottegaangehörigen, geriet nun auch Lucia in Adventsstimmung, zumal der Maestro großzügig jedem für Weihnachtseinkäufe freigab.
Einkäufe wurden in Mailand oft zum Abenteuer, da in dieser handelstüchtigen Stadt eine Fülle in- und ausländischer Waren Feil geboten wurden, vorwiegend in der Adventszeit. Lucia zog es nach längerem Umherschauen in einen Chinaladen mit Seidenartikeln, in dem sie für Carlos Mutter und Geschwister je einen Schal auswählte. Solch teure Einkäufe konnte sie sich leisten, da sie von Alphonse reichlich mit Taschengeld versehen war, das sie bislang kaum angerührt hatte.
Ganz anders Carlo, seine Mutter war Modistin, und mit den Einnahmen ihres kleinen Geschäfts konnte sie gerade so eben ihre drei Kinder ernähren und ausbilden lassen. An Taschengeld war daher bei Carlo, bis auf wenige Kupfermünzen, nicht zu denken. Auch verbot ihm seine Bescheidenheit, von Lucia Geld anzunehmen, sooft sie ihm etwas angeboten hatte, er hatte es stets abgelehnt. Deshalb will sie ihn heute, als sie gemeinsam Weihnachtseinkäufe tätigten, überlisten. Dazu führte sie ihn in das chinesische Seidengeschäft, wo auch farbige Zierbänder angeboten wurden, die gerne von Modistinnen verwandt wurden. Carlo stachen diese kunstvollen Bänder sofort ins Auge, und Lucia regte ihn an, seiner Mutter doch ein, zwei zu kaufen.
"Wo denkst du hin", erschrak er, "weißt du nicht, wie viel Geld man dafür hinlegen muss?"
"So?" Sie tat, als überlege sie kurz und trug ihm dann mit gespielt eifriger Miene vor: "Ich habe eine Idee, Carlo, wie du ein, zwei Bänder ergattern kannst. Ich will mir ohnehin einen neuen Schal kaufen, auch einen ähnlichen Gürtel, wie du sie immer trägst, und bei solch einem Einkauf bekommt man schon mal etwas gratis

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