Hexenkunst: Historischer Roman (German Edition)
dazu."
"Wirklich?"
"Si, Carlo, man muss nur geschickt handeln. Also, versuchen wir's."
Er half Lucia beim Aussuchen der genannten Stücke, was in ihrem Sinne war, da sie in Wahrheit für ihn bestimmt waren, und als sie beides beisammen hatten, sagte sie ihm, jetzt müssten sie zusehen, die Zierbänder auszuhandeln. No, wehrte Carlo ab, no, so etwas sei ihm peinlich, lieber würde er darauf verzichten. Das wusste Lucia natürlich, weshalb sie ihn bitten konnte, den Laden zu verlassen, damit sie das ungestört allein erledigen könne. Das tat er sofort, und als er die Ladentür hinter sich geschlossen hatte, wählte sie drei verschieden gemusterte Bänder aus und bezahlte schließlich alles. Ohne zu handeln, denn das war auch ihr zuwider.
Draußen überreichte sie Carlo das geöffnete Päckchen mit den Bändern, worauf er überrascht ausrief: "Mamma mia, drei Seidenbänder! Mutter wird Freudensprünge machen! - Aber Lukas, sie weiß doch, dass ich etwas so Teures nicht kaufen kann, deshalb . ."
"Deshalb erzählst du ihr, wie wir in ihren Besitz gelangt sind. Du kannst ja weglassen, dass du dich am Ende feige davon gestohlen hast."
Darauf senkte er lachend seine Lider mit diesen beneidenswert langen, dichten Wimpern und nickte dann zustimmend.
Damit hatten sie alle Weihnachtsgeschenke beisammen, und beide waren bester Stimmung.
Carlos Familie war reizend. Seine Mutter, Signora Alberti, war etwa im Alter von Lucias Mutter, aber molliger als sie und hübscher, Carlos Ähnlichkeit mit ihr war frappierend. Sein fünfzehnjähriger Bruder Antonio übte sich im Mannwerden, indem er sich laut und ruppig gab, ganz im Gegensatz zu der Jüngsten, der vierzehnjährigen Anna, sie war eine schüchterne Maid.
So war nun jeder dieser Vier auf seine Weise bemüht, Lucia vom ersten Abend an ihren hiesigen Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Nachdem Lucia und Carlo ihr Gepäck hoch in Carlos Dachkammer befördert hatten, saßen sie nun alle beisammen in der Kaminstube, die im Parterre neben der Küche lag. Carlo hatte seine Mutter bereits schriftlich gebeten, seinen Freund nicht auf dessen Familie anzusprechen, und so ausgiebig sie sich nun auch bei Lucia nach ihrer Ausbildung und ihren Zukunftsplänen erkundigte, nach ihrer Familie fragte sie mit keinem Wort - und zwischendurch mehrmals ihre Begeisterungsbekundung: "Hast du ´nen feschen Freund, Carlo!"
Carlo genoss diese Begeisterung stets, als habe sie ihm gegolten, und diesmal ging er darauf ein: "Du müsstest Lukas erst in seinem Adelsanzug sehen, darin ist er zum Abmalen schön."
"Kann ich mir vorstellen", stimmte sie ihm zu, Antonio aber wandte skeptisch ein:
"Weiß nicht, Adelige, jedenfalls Ritter, sind viel Recken hafter, eher wie Carlo."
Das trug ihm eine Rüge seiner Mutter ein, und Carlo erklärte ihm: "Längst nicht alle Adeligen sind auch Ritter, Antonio. Ich habe im Sforzapalast viele Edelleute kennen gelernt, sie sind fast alle zierlich. Und Lukas' Onkel ist sogar noch etwas kleiner als Lukas, aber adrett, sag ich dir und galant. So jemanden solltest du dir zum Vorbild nehmen, mit solcher Leute Manieren würdest du mal all deine Kumpanen bei den Jungfern ausstechen."
Signora Alberti nickte zustimmend, Anna musste kichern und Antonio schob trotzig sein Kinn vor. Lucia äußerte sich nicht dazu, da sie zunehmend müder wurde, selbst ihr Grauen, tatsächlich mit Carlo die Kammer teilen zu müssen, ermattete, sie wollte nur noch zu Bett. Glücklicherweise stand ihr ein eigenes Bett zur Verfügung, das Antonio ihr abgetreten hatte, er schlief für die Dauer ihres Besuchs bei seiner Mutter. Nicht mehr lang, und Signora Alberti bemerkte als aufmerksame Hausfrau, dass Lucia fast die Augen zufielen, weshalb sie den Abend beendete.
"Au, ich habe unsere Wärmesteine vergessen," fiel Carlo ein, als er mit Lucia seine Dachkammer betrat, worauf sie wissen wollte:
"Sprichst du von erhitzten Backsteinen, die man sich ins Bett legt?"
"Richtig. Ach, du hast noch nie welche benutzt? Ich gehe eben runter sie holen, derweil kannst du dich bettfertig machen."
Lucia war augenblicklich hellwach, und Carlo hatte die Tür noch nicht hinter sich geschlossen, als sie auch schon ihr Männernachthemd aus der Reisetasche fischte. Ruck-zuck schlupfte sie dann aus den Stiefeln, aus den Beinlingen, aus dem fast knielangen Wollkittel, und dann war es ihr, wie jeden Abend, eine Erleichterung, das einengende Leibchen vom Körper zu bekommen. Im nächsten Moment zog sie sich das wollene
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