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Hexenlicht

Hexenlicht

Titel: Hexenlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Ashwood
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lauter weiblicher Krimskrams türmte. Poster von Heavy-Metal-Bands hingen an der Decke – Männer, die sich verrenkten und deren Schweißfilm auf der Haut kunstvoll ausgeleuchtet war.
    »Du musst mir mal helfen«, erklärte Ashe in einem pseudo-erwachsenen Tonfall, den sie erreichte, indem sie besonders selbstsicher und abgehackt sprach.
    »Das kostet dich einen Zehner.« Hollys Antwort kam von allein über ihre Lippen. Dasselbe hatte sie gesagt, als sie diese Szene erstmals erlebte.
    »Hollliii!«, bettelte Ashe, die für einen winzigen Moment wieder in die Kleinmädchenstimmlage zurückfiel, die sie bis vor ein oder zwei Sommern gehabt hatte. »Bitte! Ich geb dir einen Fünfer.«
    »Was soll ich denn machen?« Holly ging an der Kommode vorbei. Ein Teil von ihr wusste bereits, was Ashe verlangen würde, doch sie bekam die Einzelheiten nicht zu packen.
    Was es auch war, es hatte mit Magie für Große zu tun.
    Ashe kniete auf dem Boden, das Gesicht zu Holly gewandt. Sie hatte ein weißes Tuch auf den Dielen ausgebreitet, wie für ein Picknick. In der Mitte standen hübsche Porzellankerzenständer mit brennenden weißen Kerzen. Außerdem waren da Federn, Salz, die Haarbürste ihrer Mutter und eine von Vaters Krawatten sowie ein Teller mit Weihrauch, der wie die süßen muffigen Krümel am Boden einer Schokoladendose roch. Ashe Carver plante ein Ritual. Und sie war talentiert darin, mit Magie zu arbeiten.
    Jetzt blickte sie also auf und schien nicht zu bemerken, dass die Holly vor ihr erwachsen war. In diesem Moment war Ashe sechzehn und Holly acht.
    Mädchenhaft schlank und mit langen dünnen Beinen hockte Ashe in einem Sommerkleid da, an ihren Füßen pflaumenblaue Plastiksandalen. Ihr Haar war blonder als Hollys, eigentlich naturkraus, aber glatt gekämmt und mit einem fransigen Pony. Sie hatte zu viel Make-up um ihre großen grünen Augen geschmiert, was ein sicheres Indiz dafür war, dass sie später noch ihren Freund treffen wollte.
    »Ich muss heute Abend unbedingt weg, Hol«, verriet sie und strich eine Ecke der Decke glatt. »Ich muss einfach! Glen hat Karten für Blue Murder.«
    War etwas derart Nichtiges, Unbedeutendes die Ursache für alles gewesen, was hinterher passierte?
    Hollys Antwort klang mürrisch und trotzig. »Du darfst nicht weggehen. Du sollst hier bei mir bleiben, bis Mom und Dad zu Hause sind.« Sie entsann sich, dass Grandma Verwandte in Halifax besucht hatte.
    »Aber dass ich ausgehe, ist wichtiger.« Ashe verteilte etwas von dem Weihrauchgeruch mit einer Feder im Zimmer. »Du bist kein kleines Baby mehr. Du kannst auch allein zu Hause bleiben.«
    Holly merkte, wie ihr speiübel wurde.
Nein! Nein, tu das nicht!
Die nächste Zeile im Skript kam über ihre Lippen. »Sie bringen dich um.«
    Ashe sah Holly voller Verachtung an. »Nicht, wenn sie es gar nicht wissen. Ich muss bloß machen, dass sie erst nach dem Konzert zurückkommen.«
    »Sie sind doch längst vorher zu Hause. Du bist geliefert«, entgegnete Holly mit der typischen Schadenfreude der kleinen Schwester.
    »Sind sie nicht, wenn sie unterwegs einen Platten haben.«
    Sie drehte sich um und hob eine weiße Schuhschachtel hoch, von der sie den Deckel abnahm. »Erinnerst du dich noch an das hier?«
    Gütige Hekate!
Ja, Holly erinnerte sich an alles.
    Eine Hitzewelle durchfuhr sie, die umgehend von kaltem Schweiß abgelöst wurde. Sie stolperte aus Ashes Zimmer und den Flur entlang zum Bad. Mit knapper Not schaffte sie es bis zu dem alten Porzellanwaschbecken, in das sie sich übergab, bis ihre Rippen schmerzten und nichts als brennende Galle hochkam.
    Letztes Mal hatte Ashe die Schachtel geöffnet. Damals war Hollys Seele noch unschuldig gewesen, hatte keinerlei Schrecken gekannt. Jetzt jedoch betrachtete sie alles mit den Augen einer Erwachsenen. Nach einer ganzen Weile spülte sie sich den Mund aus. Ihre Haut spannte unter dem trocknenden Schweiß. Vor dem offenen Fenster zwitscherte ein Rotkehlchen im Apfelbaum.
    Ashe stand in der Tür. »Alles okay?« Sie war besorgt, sowohl um ihre kleine Schwester als auch um ihre Pläne. »Hast du dich mit irgendetwas angesteckt?«
    Holly wischte sich das Gesicht mit einem Handtuch ab, das nach Kinderzahnpasta roch. »Du machst einen schrecklichen Fehler.«
    Ashe zog die Brauen zusammen. »Hast du etwa Schiss? Wieso denn? Wir machen dauernd solche Sachen.«
    »Ich weiß, was passieren wird.«
    Ashe fixierte Holly mit ihren Peridot-Augen, in deren Tiefen jugendliches Verlangen nach Freiheit und

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