Hexenlicht
ewigen Monogamie natürlich.«
Alessandro hielt den Atem an. Trotz seiner Skepsis konnte er nicht umhin, dem Mythos eine gewisse Faszination abzugewinnen. Ein Erwählter könnte also lieben, ohne zu zerstören? Nein, das war ein Traum, sonst nichts. »Orpheus scheiterte, denn Euridike kam nie aus dem Hades.«
Omara lehnte sich zurück. Es war offensichtlich, dass sie seine finstere Stimmung genoss. »Eine wunderschöne Geschichte, und alles, was du siehst, sind die Brüche in der Metapher. Orpheus scheiterte, weil er nicht richtig glaubte. Er vertraute den dunklen Göttern nicht genug, als dass die Magie hätte wirken können.«
»Was ich durchaus verstehe«, erwiderte Alessandro trocken. »Mir fehlt gleichfalls der Langmut für falsche Hoffnungen und Gutenachtgeschichten, vor allem, wenn es andere, drängendere Probleme zu lösen gilt – wie etwa das von einem unbekannten Vampir, der seine Opfer für die Polizei auslegt.«
»Du bist ein arbeitswütiger Langweiler!« Sie hauchte ihm einen Kuss zu.
»Ich bin Pragmatiker.«
»Und ich würde lieber über anderes als diesen Mörder und seine Markenzeichen reden. Aber unsere kalte, graue neue Welt lässt mich leider nicht.« Mit diesen Worten stand sie auf, kam um den Couchtisch herum und kniete sich vor Alessandro. Er wollte aufstehen, doch sie ergriff seine Hände und hielt ihn zurück.
»Ich habe der Menschenpolizei nicht gesagt, dass ich die Quelle dieser Probleme kenne.«
»Und die wäre?«, fragte Alessandro überrascht.
Sie drückte seine Finger, als wollte sie ihn beruhigen. Sobald er sich entspannte, legte sie ihre Hände auf seine Knie, was eine flehende und zugleich einladende Geste darstellte. »Ich brauche dein Schwert, mein Guter.«
»Selbstverständlich.« Unter dem Gewicht ihrer Berührung wurde seine Stimme auf einmal rauh.
Was willst du wirklich von mir?
Sie strich mit beiden Händen über den ausgewaschenen Jeansstoff an seinen Oberschenkeln. »Ich nahm dich auf, als dein Clan unterging. Ich bot dir meinen Schutz, statt dich zu versklaven, wie es andere getan hätten.«
Inzwischen waren ihre Hände bei seinen Hüften angelangt, so dass ihr zierlicher vollkommener Körper sich zwischen seinen Knien befand. Seine Haut verzehrte sich nach ihr, nach Erlösung aus der endlosen Einsamkeit. Was sie ihm natürlich ansah. Sie blickte ihm in die Augen, in denen sie erkannte, was ihn quälte.
Ihr träges Lächeln entblößte die Spitzen ihrer Reißzähne. »Du schuldest mir diesen Dienst.«
Mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung schob Alessandro seinen Sessel zurück, stand auf und sorgte für Abstand zwischen Omara und ihm. Sichtlich belustigt sah sie zu ihm auf.
»Verrate mir, was ich für dich tun soll!«, verlangte er, wobei er sorgfältig darauf achtete, frei von Emotionen zu sprechen.
»Wie gehorsam!«, hauchte sie leise und lehnte sich auf dem Boden zurück, bis sie auf einer Hüfte lag, exotisch wie eine orientalische Odaliske.
»Ich bin dein Ritter und tue meine Pflicht.«
»Vielleicht willst du auch nur das Schlimmste erfahren. Finde heraus, was ich von dir will! Du wünschst dir doch, dass dieser Moment der Spannung endet.«
Trotzig hielt Alessandro ihrem Blick stand. Er begehrte sie, ja, und er fürchtete die Aufgabe, die sie für ihn vorgesehen hatte, aber er würde ihr gehorchen, weil sie seine Königin war. Gemäß dem Vampirgesetz lagen die Fäden seiner Existenz in ihren Händen. Er würde alles geben, um diese Macht einer anderen, gutmütigeren Frau zu übertragen.
Schließlich wandte Omara ihr Gesicht ab. Ein kleiner Sieg für Alessandro, allerdings auch ein bedeutungsloser.
Er neigte seinen Kopf. »Wie lautet dein Wunsch, meine Königin?«, fragte er, ohne sich seine Resignation anmerken zu lassen.
Da sie ihre Macht bestätigt fand, trat ein zufriedener Ausdruck in Omaras Augen.
»Das Erste, was ich wünsche, ist, dass sich meiner angenommen wird«, antwortete sie und erhob sich wieder. Sie spreizte eine Hand an seiner Brust, was ausreichte, dass seine Haut vor Anspannung kribbelte. »Bring mich irgendwohin! Ich bin den ganzen Tag gereist und brauche Nahrung. Deshalb möchte ich an deinem Arm die dunkelsten, tödlichsten Orte aufsuchen. Wir sind die Königsfamilie dieser kleinen Stadt, und ich will meine Hommage. Wenn ich ausgeruht bin, reden wir über Morde und Feinde.«
Sie küsste ihn sanft auf die Lippen. »Und danach sehen wir weiter.«
[home]
7
D ie Entscheidung fiel leicht. Es gab nur ein paar Lokale in
Weitere Kostenlose Bücher