Hexenopfer
Robert Lindneux’ Darstellung von Sequoyah, der das Alphabet der Cherokee erschaffen hatte; das dritte war ein Porträt von George Lowery, einem prominenten Anführer der Cherokee, der als Mischling ein Delegierter der verfassunggebenden Versammlung von 1827 gewesen war.
Da Cherokee Pointe so nah an den Smoky Mountains lag und das Land der Cherokee von den Ureinwohnern gehalten wurde, die den Pfad der Tränen überlebt hatten, war alles Indianische für die Touristen reizvoll. Um sicherzugehen, dass nichts, was sie unternahm, für Genny und Jacob kränkend war, in deren Adern auch indianisches Blut floss, hatte Jazzy ihre Freundin Genny gebeten, ihr bei der Inneneinrichtung zu helfen.
Jazzy betrat die Bar von hinten. Ihr Büro im Jasmine’s hatte eine Tür, die in den Lagerraum von Jazzy’s Joint führte, wodurch es ihr leichter fiel, hin und her zu gehen und beide Lokale im Auge zu behalten. Sie nickte ihrer Barkeeperin Lacy Fallon zu, einer Brünetten in mittleren Jahren mit der kiesigen Stimme einer Raucherin und tiefen Furchen im Gesicht. Lacy winkte Jazzy zu sich.
Als Jazzy sich auf einem Barhocker niederließ, fragte sie: »Worum geht’s, Lacy?«
»Bert hat sich heute Abend nicht blicken lassen«, sagte Lacy.
»Hat er sich die Mühe gemacht, anzurufen?«
Lacy schüttelte den Kopf. »Das ist seit Weihnachten das vierte Mal, dass er nicht zur Arbeit gekommen ist, ohne anzurufen oder eine auch nur halbwegs anständige Entschuldigung vorzubringen, wenn er dann kommt. Ich würde sagen, es wird Zeit, dass du dir einen neuen Türsteher suchst.«
Jazzy schnaubte verärgert. »Das war kein guter Tag für meine Angestellten. Zuerst taucht Misty nicht im Jasmine’s auf, und jetzt Bert. Ich werde Misty noch eine Chance geben, da es sonst nicht ihre Art ist, zu schwänzen, obwohl sie mit heute schon zwei Mal in diesem Monat ausgefallen ist. Doch auf Bert wird sein letzter Gehaltsscheck warten, wenn er denn auftaucht.«
»Wollen nur hoffen, dass wir heute Abend keine Probleme kriegen.«
Jazzy schaute sich unter den wenigen Kunden um. »Sieht ziemlich zahm aus, würde ich sagen. Aber jede anständige Kneipe braucht einen guten Türsteher. Ich werden morgen beim Cherokee Pointe Herald anrufen und eine Anzeige aufgeben.« Während Jazzy die Abendgäste weiter in Augenschein nahm, blieb ihr Blick am Billardtisch hängen, an dem Dillon Carson, der Mann, der das kleine Theater führte, und ein Fremder in ihr Spiel vertieft waren.
Dillon war Stammgast. Er mochte Cola mit Whiskey. Und er spielte ebenso gern Billard, wie er fast jede willige Frau aufgabelte, die mit ihm zusammen hinausging. Es war wirklich kein Geheimnis gewesen – zumindest nicht für sie oder die Stammgäste von Jazzy’s Joint –, dass Dillon etwas mit Cindy Todd gehabt hatte. Doch Cindy war nur eine von vielen gewesen. Dillon war nicht wählerisch, solange die Frau unter fünfzig und willig war.
Jazzy wusste eigentlich nicht viel über den ehemaligen Schauspieler, der zum Amateurregisseur und Produzenten geworden war. Er hatte ihr eines Abends erzählt, nachdem er ein paar Gläser getrunken hatte, dass er es mit Mitte zwanzig in Hollywood und am Broadway probiert habe. Nachdem seine aussichtslose Karriere ins Schleudern geriet, als er Anfang dreißig war, hatte er irgendwo in Texas eine Stelle als Regisseur an einem kleinen Theater angenommen. Seitdem war er von einem Job zum anderen gezogen. Jazzy nahm an, dass Cherokee Pointe so ziemlich die letzte Station für einen Regisseur oder Schauspieler sein musste.
»Dillon wird Cindy bestimmt keine Träne nachweinen, oder?« Lacy schnalzte mit der Zunge und schüttelte den Kopf. »Ich sag dir, seitdem ich weiß, dass da draußen jemand ist, der sich Frauen schnappt und sie dann umbringt, als würde er ein Schwein abschlachten, prüfe ich meine Schlösser nachts zweimal nach.«
»Ja, ich weiß, was du meinst. Als Misty heute nicht zur Arbeit erschien und nicht anrief, habe ich mich schon gefragt, ob ich nicht die Polizei einschalten sollte.«
»Hast du?«
»Ich hab beim Sheriff angerufen und mit Bobby Joe gesprochen. Er hatte keine Ahnung, warum sie nicht aufgtaucht ist, und deshalb wird er heute Abend bei ihr vorbeischauen, um sicherzugehen, dass alles in Ordnung ist.«
»Das wird es schon, hat nur verschlafen oder so. Misty ist eine ziemliche Nachteule, bei ihrer Zecherei, daher kann sie am Mittag noch immer geschlafen haben. Oder sie ist krank geworden und hat einfach nicht daran gedacht,
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