Hexensabbat
vorzüglich in unsern Ländern, die, ohne uns zu täuschen, durch Friede, Wohlstand und Handlung, in Kunst und Wissenschaft jetzt wohl höher, als alle andern, stehen. Wie gesagt, diese Macht der Klerisei ist geschwächt und gebrochen, wenn es gleich verderblich werden könnte, falls die Welt dahin strebte, sie ganz zu vernichten. Wir also sind ohne Gefahr für die Welt, und derjenige unseres Standes, der noch die verjährten Rechte gelten machen will, kann nur, wie dieser klägliche Bischof, lächerlich werden. Nicht so ist es mit dem Adel. Er mißbraucht seine Stellung und Macht. Alle Taten verderblicher Willkür, alle Unterdrückung geht von ihm aus, und der Prinz wird genug zu tun finden, um, vielleicht mit Gefahr seines Lebens, alles das böse Unkraut auszujäten, welches so wild und üppig allenthalben emporgeschossen ist, weil der alte Gärtner viel zu schwach wird, den Wuchs dieses Giftes zu beschränken. Ein Kampf gegen den Adel wird der Zukunft ebenso notwendig sein, als er es bis jetzt gegen die Mißbräuche der Kirche war.
Und Ihr meint, sagte Catherine, jene schreckliche Finsternis, der wilde Aberglaube, die Verfolgungen und Martern, wovon wir mit Grausen lesen, wenn wir die alten Chroniken aufschlagen, könnten niemals wiederkehren?
Gewiß nicht, sagte der Dechant; alles, was Irrtum und Wahnsinn der Art hervorbringen konnte, ist zu Ende, diese Krankheit des Gemütes hat sich erschöpft. Der Krieg hat Greuel genug ausgesäet, diese Wut, die Engländer und Franzosen damals aneinanderhetzte, und das letzte traurige Opfer des Aberglaubens und der Verfolgung, die arme Johanna von Arc, von der wir in unsrer frühen Jugend so viel haben reden hören, hat die Reihe jener Märtyrer geschlossen.
Wenn Ihr recht habt, gelehrter Herr, antwortete die Frau, so haben wir auf jeden Fall viel gewonnen.
Gewiß, erwiderte der frohsinnige Geistliche, und darum ist alles, was dieser gute, liebe Bischof, dieser kümmerliche Athanas, tut und will, nur komisch. Der lächerlichste Zug seines Charakters ist der, daß er sich die feinste und umgreifendste Kenntnis der Menschen zutraut. Er sieht nur wenige Leute und studiert gar nicht, sowenig weltliche wie geistliche Schriftsteller, und dennoch hat er eine so hohe Meinung von sich, daß er sich selbst für gelehrter als alle Gelehrte hält. Das Unglück seines Lebens ist es gewesen, daß er vor fast zehn Jahren bei dem großen Jubelfeste in Rom zugegen war, und er damals die Stelle eines Pönitentiarius beim Papste hatte. Dies ist dem schwächlichen Manne so zu Kopfe gestiegen, daß er sich seit dieser Zeit wie ein wahrer Apostel vorkommt. Wie Ihr wißt, hat sich damals eine unzählige Menschenmasse aus ganz Europa in Rom zusammengedrängt. Er fand eine Gelegenheit, die freilich wohl nicht wieder kommt, Spanier, Engländer, Deutsche, Franken, Ungarn, Polen und Nordländer aller Art und von allen Ständen zu sehen. Sein Beruf machte es ihm zur Pflicht, da dieser Menge auch die große Anzahl von Priestern in Rom nicht genügte, mit vielen und den Verschiedensten in ein vertrautes Verhältnis zu kommen, und diese tausend und tausend Beichten und Bekanntschaften und Erzählungen der Pilger haben ihm, wie ich die Sache begreife, seinen schwachen Geist geradezu gestört und verdreht, er ist ein verrücktes Haupt, ein dummer Mann geworden, und da manche vom Pöbel ihn und seine Verkehrtheit verehren, so spielt er den Begeisterten und Propheten.
Seid Ihr nicht vielleicht unbillig gegen den Mann, fragte die Frau mit Bescheidenheit, der im Ruf der Frömmigkeit steht? Man sagt, Ihr habt oft Streit mit ihm, und, wenn er Euch drückt, so ist es begreiflich und vielleicht verzeihlich, daß Ihr ihn verkennt.
Ihr sollt selbst urteilen, schöne Freundin, sagte der Geistliche mit lachender Miene. In voriger Nacht ließ er mich eilig zu sich berufen. Ungern kleidete ich mich an und ging hinüber. Er war in seinem Schlafgewande und ganz verstört. Schreiend kam er mir entgegen und klagte, daß er gar nicht mehr schlafen könne, allnächtlich werde er von Gespenstern und bösen Geistern gestört und beunruhigt. Er zeigte nach einem dunkeln Winkel der Stube und rief: Seht! Freund! da steht immer noch das große Vieh, und glotzt mich mit seinen grünen Augen an! Vertreibt ihn, beschwört ihn, damit ich Ruhe gewinne.
Ich wußte nicht, ob ich lachen sollte, ich fing aber an, nach seinem Wunsche zu beten und zu beschwören. Eifriger! schrie der Wahnsinnige, der Kerl ist abgehärtet, aus so einfachem
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