Hexensabbat
vielleicht nicht, o Teuerste meiner Seele, so nehmt mich doch als Wächter, Schutz; kümmert Euch nicht, wie glücklich ich bin, denn ich bin es gewiß, und kann dann auch die Gefahren abkämpfen, die Euch bedrohen.
Catharina lächelte und sagte dann: O, Ihr wollt mich durch Schlauheit und Furcht in Euer Netz ziehen, Ihr Arglistiger! Woher Gefahr? Die Zeit ist so herangewachsen, daß die Geistlichkeit, und selbst Petri Stuhl, nur noch diejenigen schrecken, die sich wollen schrecken lassen. Unsre Obrigkeiten sind eifersüchtig auf ihre Rechte und Gewalt, und lassen niemals Abt und Kloster, selbst nicht den Bischof, einschreiten, wie es wohl ehemals geschah. Spottet man nicht oft und zuviel über Priester, Kirche und Glaubensartikel? Jenen finstern Jahren sind wir auf immer entrückt, das dunkle Gewölbe des Aberglaubens und der Schrecken ist verriegelt und auf ewig verschlossen. Die Welt ist heiter geworden und wird sich immer mehr aufhellen, das wissen die Priester selbst und verkündigen es.
Man geht oft ebensogern zurück, als man vorschreitet, bemerkte Friedrich.
Das ist, antwortete sie, in Sachen des Landes, der Regierung, der Geschichte unmöglich.
Und dieser Dechant ist unerträglich! rief der Jüngling; seht Euch vor mit ihm!
Er ist ein frommer, edler Mann, erwiderte Catharina, der mir wohl will, und freien, hellen Geistes ist. Er kennt die Welt und Menschen, aber sein Gewissen und sein Beruf wird ihm nie erlauben, den Leidenschaften, die ihm Sünde sind, Gehör zu geben. – Weil ich Euch so bekümmert sehe, und weil Ihr mein Vertrauen verdient, so kommt morgen, zwei Stunden etwa vor Sonnenuntergang, zu mir; ich bin dann einsam, wir werden nicht gestört, und ich will Euch einen Teil meiner Geschichte erzählen. Dann, so kenne ich Euch, werdet Ihr mir selber zureden, meinem Entschluß getreu zu bleiben.
Gekränkt, betrübt verließ sie Friedrich, denn sie hatte ihm selbst, wenn auch freundlich lächelnd, einen Abschiedskuß verweigert.
Am folgenden Tage, als Frau Catharina in ihrem Garten bei einer Arbeit saß, meldete ihr die Dienerin den Besuch des Dechanten. Sie ging ihm entgegen, etwas verwundert, daß der geistliche Herr so früh schon zu ihr eintrete. Beide gingen in den Saal, der gegen den Garten offen war, und setzten sich, die frische Kühle des anmutigen Morgens zu genießen. Einige Dienerinnen gingen ab und zu in Geschäften des Hauses, der Gärtner arbeitete in der Nähe, und der Wirtin war offenbar diese Störung erwünscht, um dadurch den Anschein zu vermeiden, als walte ein Geheimnis zwischen ihr und dem Dechanten ob. Dieser aber schien diese Störung des Gespräches weniger gern zu sehen, denn er war verlegen, und mehr wie einmal stockte die Unterhaltung, indem er Neuigkeiten erzählte, und vom Hofe in Brügge, vom Erben des Reiches, von Rom und manchen andern Gegenständen redete.
Am meisten erging sich sein Witz über den Stellvertreter des Bischofs. Derjenige, der den Stuhl von Arras besaß, war auf einer Gesandtschaft in Rom, und sein Stellvertreter war ein Bischof in partibus, der von Baruth, der nach den Schilderungen des geistreichen Dechanten einer der sonderbarsten Menschen war. Dieser kleine, stets verdrießliche Mann stand in Arras beim Adel wie beim Bürgerstande nur in geringer Achtung, weil er ohne Anstand beim Gottesdienste war, verständigen Rat nur selten anhörte, und den Gelehrten durch seine Unwissenheit manche Blöße gab.
Catharina war verwundert, daß der Dechant von seinem zeitigen Vorgesetzten so ohne Rückhalt sprechen konnte. Dieser aber, als sie ihm dies bemerkte, antwortete lachend: Schöne Frau, Euch darf ich es doch wohl nicht erst sagen, in welcher merkwürdigen Krisis sich unsre Zeit befindet. Das alte Regiment der Geistlichkeit ist zu Ende, und wenn sie sich nicht der Welt bequemt und nach ganz andern Grundsätzen handelt, so muß ihre Macht in allen Ländern zerbrechen. Die Bücher und Erzählungen des Boccaz, sowie so vieler andrer hellen Köpfe, haben allenthalben Eingang gefunden, sogar der Bauer lacht über vieles, vor dem er noch vor dreißig Jahren in scheuer Ehrfurcht kniete. Ein großes Elend für die Christenheit mag es sein, daß der Türke Konstantinopel, wie wir es erlebt haben, eroberte; aber wieviel die Bücher und Wissenschaften, die dadurch nach dem Abendlande mit flüchtigen Griechen herübergekommen sind, wirken werden, läßt sich gar nicht bestimmen, da schon seit wenigen Jahren fast alles eine andre Gestalt gewonnen hat. Und
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