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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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wäre, das Schwert der Gerechtigkeit walten zu lassen; auch erfährt er nicht alles, und so ist Gewalttat, Willkür und Laune des Hochmutes in unserm Lande freilich nicht so bewacht und bestraft, wie in Frankreich. Doch ich fühle mich rein, und darf es aussprechen; und deshalb gestehe ich Euch, daß mich Euer Wort beleidigt hat.
    Der geistliche Herr erhob sich, und reichte dem alten Ritter die Hand, indem er in einem freundlichen, fast bittenden Tone sagte: Nicht so war es gemeint, mein geehrter, wackerer Freund; ein Wort gibt das andere, halb im Ernst, halb im Scherz; doch vergebt mir, wenn Ihr aus meiner Rede etwas anderes herausgehört habt, denn wahrlich, es war nicht meine Absicht, Euch im mindesten zu verletzen.
    Wie kommen wir nur, sagte die freundliche Frau Catharine, auf so sonderbare, widerborstige Gespräche? Laßt die jungen Nichten der Frau Wacker wieder einmal das Lied singen, welches neulich unser Freund Labitte gedichtet hat.
    So geschah es; die jungen Mädchen wurden von ihrer alten Base ermuntert, und Friedrich nahm die Laute, um sie zu ihrem zärtlichen Gesange zu begleiten. Als sie geendigt hatten, fragte der Dechant, von wem diese zärtlichen Verse gedichtet seien, die sich dem Ohr und Herzen so schmeichelnd einfügten.

Kennt Ihr das schöne Lied nicht? erwiderte Frau Catharina. Es ist ja von unserm vielbekannten Labitte, dem beliebten Dichter.
    Ist dieser jetzt hier? fragte der alte Ritter.
    Schon seit geraumer Zeit, erwiderte Friedrich; vor Jahren war er auch in unserm Hause.
    Ich kenne wohl, sagte der Ritter, manche seiner älteren Gedichte; auch weiß ich, daß er ein guter Maler ist.
    Er ist eine Zier, fuhr Catharina fort, unserer Dichtergesellschaft; und eine unbegreifliche Munterkeit und Kraft hält ihn aufrecht, so alt er nun auch ist. Wer ihn nicht kennt und ihn zum erstenmale erblickt, hält ihn für einen einfältigen, fast blödsinnigen Menschen; auch hat er Stunden, in welchen er nur wenig Verstand verrät. Doch plötzlich erfaßt ihn die Laune, oder eine Stimmung zur Poesie, und er spricht und singt die wunderbarsten Sachen und Gedichte. Er ist es manchmal allein, der lange Zeit hindurch unsre Gesellschaft belustigt.
    Ganz recht, fügte der Dechant hinzu, es ist derselbe alte Tor, den sie oft den einfältigen, den blödsinnigen oder dummen Abt nennen, weil man nicht weiß, ob er sich albern stellt, oder es wirklich ist. Ich habe nie begriffen, wie Menschen noch als Greise den Lustigmacher spielen mögen.
    Ihr seid viel zu hart, ehrwürdiger Herr, sagte Catharina sehr freundlich; soll alles auf eine und dieselbe Art sein? Ich versichere Euch, der gute Alte macht sich niemals verächtlich, so seltsam auch manchmal seine Reden ausfallen mögen. Sein Sinn ist ernst, ich habe ihn selbst schwermütig gesehen, und wenn ein solcher, der ohne Weib und Kind, ohne Bruder und Schwester, nicht im Überfluß lebend, sich über die dunkle Bestimmung des Daseins durch Scherz und Laune, Spaß und Witz, die manchmal an die Tollheit grenzen, zu trösten sucht, und andere erheitert und ergötzt, indem er seine Lebensgeister in der Gesellschaft erhöht, so darf man solchen nicht mit jenen gemeinen Narren vergleichen, die das Edle verschmähen und in den Staub treten. Er ist ein guter, lieber alter Mann, einfältig wie ein Kind, leichtgläubig und harmlos. Deshalb wird sein besserer Sinn auch oft von Listigen gemißbraucht, die ihn lächerlich machen. Wenn es geschieht, und er einsieht, wie boshaft man mit ihm umgegangen ist, so ist er der erste, welcher alles vergibt. Ist dies nicht eine christliche Tugend?
    Ohne Zweifel, antwortete der Dechant, doch wäre es noch christlicher, wenn er zu allen diesen Anstößen keine Gelegenheit gäbe.
    Friedrich nahm das Wort und sagte: Nicht so, ehrwürdiger Herr; sollen wir dem Scherz und Gelächter gar keine Stelle einräumen, so dürften wir jungen Gesellen nur lieber Maulkörbe tragen, die die Lippen zu Ernst und Ehrbarkeit fest zusammenschnüren. Man muß die Torheit erleben, um später Unglück ertragen und Weisheit begreifen zu können. Glaubt Ihr nicht, daß in solchen Späßen, die oft zweideutig aussehn und dem Tadel unterliegen dürfen, sich nicht auch Liebe, Gefühl und eine Art Frömmigkeit zu Zeiten erziehn lassen?
    Verschont mich mit dergleichen Fragen, sagte der Dechant, in übler Laune, denn da ich sie nicht verstehe, weiß ich keine Antwort darauf zu geben.
    Der Vater sah den Sohn mit einem strengen Blick an, worauf Friedrich mit Laune und

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