Hexensabbat
der Brust im Spital. Soll da unser Graf nicht die Geduld verlieren, wenn er sehn muß, daß dieselben Bürger, welche er beschützt, sich ihm so mörderisch widersetzen?
Beaufort ward rot und sagte nicht ohne Bitterkeit: Könnten wir alle von diesem Schutze doch nur etwas gewahr werden. Daß der Graf so ganz mit unserm Bischofe, den wir immer nur geringe geachtet haben, einverstanden sein würde, konnten wir wohl niemals befürchten, als wir uns seines Eintritts erfreuten.
Was sollte er tun? erwiderte Conrad; der Kirche und ihren Satzungen feindlich widerstreben? Sich zu den Meuterern gesellen? Die Angeklagten freisprechen, bevor noch eine Untersuchung eingeleitet war? Den Kirchenbann und die Ungnade des frommen Herzoges wagen?
Es kann von allem, sagte Beaufort, innerlichst gekränkt, nicht die Rede sein; es kann überhaupt keine Rede, und über nichts mehr, geführt werden, sowie der Graf es nur irgend der Mühe wert findet, nach diesen Aussagen und Anklagen hinzuhören. Wenn er sie wirklich in seiner Seele nicht für aberwitzig hält, oder sich nur, wer weiß, warum, die Miene gibt, sie nicht so zu nehmen, so ist es mit meinem Witze völlig zu Ende.
Es ist begreiflich, antwortete Conrad mit einigem Hohn, daß Ihr und Euresgleichen die Sache möchtet für abgemacht halten, bevor sie noch einmal angefangen hat; wir andern aber –
Ich und meinesgleichen? fragte Beaufort mit Heftigkeit, indem die Hand nach der Schwertseite griff; was meint Ihr damit?
Keine Privatzwiste, sagte Conrad mit großer Kälte, denn es handelt sich jetzt um ganz andre Dinge, und ich bin Streites wegen von meinem Grafen nicht hergesendet worden. Weil der hohe Graf Euch persönlich ehrt und Euch befreundet ist, weil er Euren Stand achtet, so hat er mich, seinen Vertrauten, einen Euch ebenbürtigen Ritter, abgeschickt, um Euch kundzutun, daß Ihr auf wichtige und unabweisliche Anzeigen verhaftet seid, und daß Ihr Euch mit mir, damit kein Aufsehn erregt werde und man Euch nicht beschimpfen könne, sogleich zum Bischof begeben sollt.
Man wagt es! rief Beaufort im größten Erstaunen aus; an den Adel legt man die Hand, an den freien Rittersmann? Was habe ich mit dem albernen Bischof zu verrechnen, außer daß ich meinen Sohn von ihm fordern muß?
Er nahm den Degen, setzte das Barett auf, und ging mit Conrad die Stiege hinunter. So finde ich wenigstens, sagte er, Gelegenheit, diesem böswilligen Prälaten alles zu sagen, was ich von ihm denke.
Als sie auf die Straße traten, wurden sie vom Pöbel verfolgt, der sich vor dem Hause versammelt hatte, denn es mußte schon ausgekommen sein, daß man den alten Ritter Beaufort zum Verhaft und in das Verhör der Geistlichen führe.
So ist es recht! rief ein Lahmer; auch die Reichen, auch die Vornehmen müssen ans Gericht. Die Bösewichter! Gott der Herr hat ihnen schon so vieles verliehen, Geld vollauf und alle Herrlichkeiten, und sie müssen sich doch aus Bosheit noch mit dem Satan verbinden! Indes wir Hungernde, Kranke –
Beaufort wandte sich um. Er kannte den Bettler, der oft Almosen von ihm empfangen hatte. Spiessing! alter Soldat! rief er ihn an, ich gab dir oft, nimm auch dies noch, vielleicht zum letztenmal. Ich vergebe dir.
Der alte Krüppel war beschämt und schlich weinend davon. Die übrigen erinnerten sich der Güte des greisen Ritters, und verließen ihn, ihrer Schlechtigkeit sich bewußt, und so gelangte er ohne Begleitung und Beschimpfung in die Wohnung des Bischofes.
Die Sache des jungen Ritter Köstein, die sehr geheim gehalten wurde, hatte indessen dem Anschein nach auch eine schlimmere Wendung genommen. Er war in ein strengeres Gefängnis gebracht, und niemand, auch sein Vetter Melchior nicht, durfte ihn besuchen und sprechen. Man erfuhr nur so viel, daß er beschuldigt sei, dem Leben des Prinzen Carl nachgestellt zu haben. Diesen Erben des Reiches erwartete man, um den peinlichen Prozeß des jungen Ritters zu beendigen.
Alles war in der Stadt in Verzweiflung, eine Angst hatte sich aller Gemüter bemächtigt. Niemand wagte, zu verreisen, wenn es sein Geschäft noch so dringend verlangte, um sich nicht dem Verdacht des argwöhnischen Bischofes auszusetzen, sein Gewissen treibe ihn fort und er wolle sich der Strafe entziehen. Fremde vermieden jetzt, auf ihren Wanderungen Arras zu berühren, aus Furcht, auch zu den Hexenmeistern und Zauberern gezählt zu werden. Diese Begebenheit hatte allenthalben das größte Aufsehn erregt, und man sprach darüber auf mancherlei Weise.
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