Hexensabbat
Glaubten die schwachen Gemüter die Wahrheit der Anklage, so spotteten andere um so bitterer, vorzüglich in Frankreich, über diese augenscheinliche Torheit; die Feinde von Burgund und des Herzoges enthielten sich nicht, laut auszusagen, Philipp benutze diesen Aberglauben, um sich zu bereichern.
In Arras selbst wagte niemand mehr, laut zu sprechen, seit diejenigen, die man als die kühnsten Gegner dieses Hexenprozesses kannte, selbst als Mitschuldige waren eingezogen worden. Dem Bischofe gegenüber hatte man noch einigen Mut behalten, sich ihm zu widersetzen; aber seit der große Graf von Etampes mit seinen Rittern, Reisigen und Lanzenknechten in der Stadt wohnte, war auch der Verwegenste verstummt. Im Kreise der Familien flüsterte man, daß es leicht sei, der wahnsinnigen Gertrud in den Mund zu legen, was man nur wolle, und daß sie und die Bäuerinnen Mitschuldige ihres Sabbats genannt, deren Namen sie früher nie gekannt hätten.
Es war seltsam, daß die Richter der Sache ebenso befangen und schüchtern waren. Viele, wie der Dechant, sahen den Unsinn und das Widersprechende der Aussagen ein; der Dechant aber war, durch frühere leichtsinnige Äußerungen, so völlig in der Gewalt des Bischofes, daß er am eifrigsten den Prozeß betrieb, und allen Verstand aufbot, aufmerksam die früheren Begebenheiten und Hexengeschichten las und sammelte, um sich seinem Vorgesetzten nun als einen Bekehrten zu zeigen, damit dieser nicht, in seinen plötzlichen Launen, ihn selber den Gefangnen und Angeklagten beigesellte. Einige der Doktoren meinten, die Weiber seien von einer Gemütskrankheit befallen, in welcher sie sich alles, was sie ausgesagt, nur eingebildet hätten; sei aber die Sache selbst unwahr, so könne die Aussage und das Zeugnis von Törichten nicht gegen wackre unbescholtne Männer auf irgendeine Weise gelten. Ein junger Mann dachte dadurch der Sache den Ausschlag zu geben, daß er riet, man solle eins dieser Weiber, in Gegenwart von Zeugen, sich oder einen Stock mit der Zaubersalbe bestreichen lassen, um zu sehen, was sich ergeben werde. Bliebe sie, wie er glaubte, zur Stelle, oder fiele vielleicht nur in Schlaf, so sei die Unwahrheit von selbst entschieden. Dieser ward aber von den Eiferern überstimmt, und man entgegnete ihm, daß, sowie die Hexe oder der Zauberer im Gewahrsam einer echten Obrigkeit sei, sie ihre Zaubermacht verlieren; auch könne der Teufel ihnen vielleicht immer noch gestatten, zu ihm zu kommen, und an ihrer Stelle einen Scheinkörper zurücklassen, um die Richter zu blenden. Dieser Versuch sei also der verwerflichste, weil durch ihn nichts bewiesen werden könne, und man außerdem noch in Gefahr gerate, die Hexe selber einzubüßen. Es war nah daran, daß der Bischof und die Eifrigen seiner Partei den jungen Ratgeber selbst für einen Genossen des Sabbats erklärten, denn sie meinten schon, der Teufel selbst könne nur dem Gelehrten einen so listigen und verderblichen Ratschlag eingegeben haben, der, wenn er ausgeführt würde, wohl gar dem ganzen Hexenprozeß ein Ende machen dürfte.
Die alte Gertrud, Armgart und Elsbeth sagten von sich und andern aus, was man nur wollte. Labitte, der ganz zerstört war, erzählte schriftlich allerhand durcheinander, von seinen Grillen über Kunst und Natur, von seinen Gedanken über die Schöpfung und Luzifer, und daß er den Hexensabbat müsse gekannt haben, weil er ihn sonst nicht habe malen können; dann phantasierte er wild, wie vertraut er mit allen Teufeln, aber ebenso mit den Heiligen und dem Himmelreiche sei, und daß er, soweit er vermocht, jung und alt in seine Ansichten der Dinge eingeweiht habe. Die Frau Denisel hatte sich völlig der Betrübnis ergeben; sie konnte und wollte die Spiele nicht leugnen, in denen sie, nach Labittes Anordnung, figuriert habe, als Venus, oder Göttin; ebenso bekannte sie ihren vertrauten Umgang mit Robert, von dessen Ketzereien sie allerdings Kunde gehabt. Friedrich und dessen Vater leugneten alles, nur gestand der letzte, als man ihn erinnerte, daß er als König Artus im Garten der Frau Catharina eingeführt sei. Taket, Schakepeh und Josset wollten auf nichts eingehn, bekannten aber ihre Freundschaft zu Labitte; am hartnäckigsten und heftigsten war Carrieux, der seine Richter immer mit Zorn und Verachtung behandelte, und ihnen, vorzüglich dem Bischofe, oft die härtesten Dinge sagte, und ebensowenig den Grafen Etampes verschonte, wenn dieser bei den Verhören zugegen war.
Bei denen, die beständig leugneten,
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