Hexensabbat
denn das Verbrechen des Taket, und noch mehr des jungen Beaufort, ist noch dunkel. Steht es aber so, so ist der Handel, meines Ermessens, nicht so hochwichtig, jene Sünder mögen verdammt oder freigesprochen werden.
Hier kommt mein gnädigster Herr, rief der Bischof neu belebt, auf den Punkt, welcher, wie ich immer sagte, und wie meine geistlichen Mitbrüder schon von mir gehört haben, der wichtigste ist. Diese armen Seelen, die jetzt in unsern Gefängnissen sitzen, haben aus blödem Sinn, gewissermaßen in einem Anfall von Lebensüberdruß, sich selbst und ihr höllisches Bündnis verraten; der Maler, sowie die Frau Denisel, die von den übrigen angeklagt sind, wollen leugnen, und Beaufort und Taket noch stärker; aber, verehrter Herr, alle diese Armseligen sind, wie Ihr ganz richtig geahndet habt, nicht die Kraft und der Kern der höllischen Brüderschaft, sie sind nur der leichte Vortrab des satanischen Heeres. Land und Stadt, Kirche und Fürstentum, ja Europa und Rom und der Papst sind von dem unendlich weit verbreiteten Bündnis bedroht, zu welchem selbst Priester sich halb und ganz haben verführen lassen, selbst Bischöfe und Kardinäle. Seit lange strebt man dahin, auch Fürsten und Könige für diesen Greuelbund zu gewinnen, und es steht dahin, ob es nicht schon gelungen ist, wenn wir beobachten, wie dieser und jener Prinz, der und jener König sich gegen Papst und Kirche betragen, welche Meinungen und Reden sie dulden, oder selber aussprechen. Und so werdet Ihr mir, Gnädigster, da Ihr diese Gesinnung offenbart, behülflich sein, die Reichen und Mächtigen aufzuspüren, und der Strafe zu überliefern, und wir armen Geistlichen dürfen dann, von Eurer Autorität geschätzt, um so fester den Frevel auszurotten streben, ohne vor den Drohungen des unverständigen Pöbels zu erschrecken.
Der Graf neigte beifällig sein Haupt und hatte die Akten des Prozesses wieder in die Hand genommen, die er tiefsinnend betrachtete. Er war ganz in Gedanken versunken, doch schien er nicht zu lesen, und es entstand eine lange Pause. Endlich fuhr er wie aus einem Traume auf, legte die Blätter auf den Tisch, erhob sich, grüßte den Bischof mit vieler Ehrerbietung, und verließ mit seinem Gefolge den Saal. Der Bischof verabschiedete die Geistlichen und sendete nach den Doktoren, die von der Universität Löwen gekommen waren, um sich mit diesen zu beraten.
In der Stadt hatte sich die Stimmung auffallend verändert. Der Pöbel, der anfangs die seltsame Sache nur als eine Neuigkeit angestaunt hatte, tobte jetzt in Schadenfreude, daß ein Ereignis hervorgetreten war, welches auch die Reichen und Angesehenen bedrohe. Viele Mönche und unwissende Geistliche, deren Phantasie von diesen Bildern des Aberwitzes ergriffen war, lehrten und predigten in Häusern und Gassen von der Möglichkeit und Wahrhaftigkeit dieser Greuel, wodurch Weiber und schwache Gemüter des Bürgerstandes auch überzeugt wurden. Wie etwas Erfreuliches und Unterhaltendes erzählte man sich in Gesellschaften neue Tollheiten, die die Gefangenen bekannt und ausgesagt haben sollten. Als der verständige Küster Wundrich auf der Gasse einen solchen Haufen von Betörten belehren wollte, war er in Gefahr, gemißhandelt zu werden, und einige der Gläubigsten wollten ihn schon, als neu entdeckten Zauberer, mit Gewalt zur Inquisition schleppen. Wundrich nicht allein, sondern fast alle Geistlichen, die den Aberwitz einsahen, wurden eingeschüchtert, und sprachen nur offen zu Gleichdenkenden, oder wo sie sicher zu sein glaubten. Da das Märchen nun allgemein bekannt und verbreitet war, sahen boshafte Weiber und Männer, Tagelöhner und Hausbedienten jedem Vornehmen, dem sie auf der Straße begegneten, mit Frechheit in das Gesicht, als wenn sie ebenfalls die Kunst des Bischofs überkommen hätten, die Zauberer an den Augen zu erkennen. Da geht auch wohl ein Gast des Scheiterhaufens! mußte mancher würdige Mann hinter sich her sagen hören, wenn einen vom Pöbel sein Halsschmuck, oder die seidne, schmucke Kleidung geärgert hatte. So war Furcht in jeder Familie, und keiner wagte mehr, unbefangen seinen Geschäften nachzugehen, oder seine Freunde zu besuchen, noch weniger aber, wie sonst so oft geschah, beim Gastwirt Josset mit andern Fröhlichen ein heiteres Gelag in dessen großen Sälen zu feiern.
In dieser Stimmung schlossen sich sehr viele Bürger, und selbst Adlige, der Prozession an, welche der Bischof angeordnet hatte, um den Himmel um Gnade anzuflehen für eine
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