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Hexensabbat

Hexensabbat

Titel: Hexensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegrit Arens
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erklärte er zufrieden, »das hätten wir. Nächste Woche geht’s los.«
    Anna antwortete ihm nicht. Sie zog ihren Mantel über, sie mußte auch noch einkaufen gehen, schließlich war Samstag, und sie hatten nichts Frisches mehr im Haus.
    Sie war gerade zurückgekommen und damit beschäftigt, die Lebensmittel auszupacken, da ging das Telefon. Till nahm ab, sie hörte ihn reden, ziemlich leise, aber es war nicht die verhalten aufgekratzte Tonlage, er sprach nur sehr leise.
    »Es war Erich«, sagte er hinterher. »Wir sind zum Kaffee eingeladen.«
    »Wann?« fragte Anna.
    »Morgen. So gegen drei. Ich habe zugesagt.«
    Das sollte ich mir mal erlauben, dachte Anna. Eine Einladung annehmen, ohne ihn vorher zu fragen. Überhaupt komisch, daß Barbara heute morgen nichts davon gesagt hatte.
    »Du hättest mir ruhig sagen können, daß Barbara dich angerufen hat.« Till sah sie an.
    Anna musterte Till ebenfalls.
    »Barbara hat keinen Ton von einer Einladung zum Kaffee morgen gesagt. Vom Squash wußte sie auch nichts.«
    Till bückte sich nach der Tragetasche von »Touring Sport«.
    »Erich hat eben vergessen, ihr Bescheid zu sagen. Ich räume das rasch weg.«
     
    »Hast du auch schon einen Schläger?« fragte Anna, als sie sonntags an dem hübsch gedeckten Kaffeetisch der Rumpfs saß.
    Sie wußte sowieso nie so recht, worüber sie mit den beiden reden sollte. Barbara ging in ihrer Familie auf, die beiden Kinder sahen genauso gestriegelt aus wie dieser Kaffeetisch, blaßblauer Batist mit Lochstickerei und darauf das gute »Heinrich«-Porzellan mit Goldrand; die blaßblauen Servietten waren in die Zinken der Kuchengabeln gefriemelt. Anna mußte automatisch an die gute Stube von Tante Jettchen denken, die wurde nur für Gäste geöffnet und an hohen Feiertagen, das Leben der Familie hatte in der großen Küche stattgefunden. Natürlich hatten die Rumpfs Platz und Geld genug, immerhin war Erich Zweigstellenleiter einer großen Bank, das prägte ihn und paßte zu ihm. Vertreter hätte Erich vielleicht auch noch sein können, diskret und lächelnd und sehr konservativ, wie er war. Es war die Stimmung hier, die Anna so nervte. Alles plätscherte stetig und hübsch dahin, nicht einmal die Kinder durchbrachen dieses Gleichmaß. Anna hatte sie noch nie tobend oder brüllend erlebt.
    »Schläger?« fragte Barbara zurück, obwohl Anna eigentlich Erich angesprochen hatte.
    »Einen Squashschläger«, sagte Anna.
    »Nein, nein, das erledige ich nächste Woche«, schaltete sich Erich ein. »Habt ihr Lust, jetzt die Dias von Tills Geburtstag zu sehen?« Besser, als hier zu sitzen und krampfhaft nach einem Thema zu suchen, dachte Anna und nickte: »Gern.«
    Erich baute die Leinwand und den Projektor auf, die Geburtstagsfeier im »Alten Wartesaal« tauchte auf. Geschenke und Küßchen und Händeschütteln und das Vier-Gang-Menü. Nur ein paarmal war die Kamera so nah an Till herangegangen, daß man das Vergnatzte in seinem Gesicht erkennen konnte. An jenem Samstagabend vor einer Woche hatte der dicke Ärger angefangen, oder der Ärger war ruchbar geworden. Inzwischen stinkt er gewaltig, dachte Anna, und ein Stück von dem Wattegefühl fiel von ihr ab. Sie hätte eines von den Törtchen aus der Papiermanschette befreien und werfen mögen, und dann noch eins und noch eins. Anna sah auf die Tortenplatte und zählte, acht Wurfgeschosse, sie malte es sich aus.
    Sie verpaßte den Übergang. Das lag womöglich auch daran, daß Erich und seine Frau ein so hervorragend eingespieltes Team waren. Sie bekam nur am Rande mit, wie Erich die Geburtstags-Dias aus dem Projektor zog, sie Barbara anreichte und von ihr etwas entgegennahm und einschob: »Von Weihnachten! Habt ihr Lust?«
    Nein, hätte Anna schreien mögen. Ihr stand die Heilige Familie bis zum Hals. Natürlich schrie sie nicht, sondern nickte ergeben, zumal da sie das Gefühl hatte, daß heute sie hofiert wurde und nicht Till.
    Sie hatte schon vier Tassen Kaffee getrunken und einen Eierlikör, sie hatte Kuchen gegessen und Pralinen und Plätzchen, die ihr ständig angereicht wurden, »probier doch wenigstens!« Sie hatte sich aus lauter Höflichkeit vollgestopft, sie hätte kotzen und schreien mögen. Statt dessen saß sie still und mit aneinandergedrückten Knien auf dem Sofa und lächelte.
    »Es geht los.« Erich selbst erschien mit dem Glöckchen auf der Leinwand, er drückte, nun folgte Tilli. Der siebenjährige Tilli war Tills Patenkind, das »i« an seinem Namen sollte betonen, daß er der

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