Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
strahlte.
»Nebenbei bemerkt wollen viele Frauen diese stressigen Jobs gar nicht haben«, fuhr seine Enkelin fort. »Vielen von uns sind die Familie und die eigenen Kinder mindestens genauso wichtig wie eine berufliche Karriere, die man nebenbei bemerkt natürlich auch mit Kindern machen kann.«
»Seh ich genauso«, blies Wolfram Tannenberg in dasselbe Horn.
»Wer fördert denn eigentlich junge Mütter wie mich?«, stellte Marieke in den Raum. »Um uns hat sich die Frauenbewegung noch nie gekümmert. Diesen kinderlosen Emanzen ging’s doch vor allem darum, sich selbst in gutdotierte Positionen zu hieven, die sie ohne Quote nie erreicht hätten.«
»Meine Worte«, bemerkte Jacob und knetete seine faltigen Hände.
»Statt einer Frauenquote fordere ich eine Familienquote!«, legte Pauls und Emmas Mutter nach.
»Und wie sollte die deiner Meinung nach aussehen?«, wollte Betty wissen.
»Ganz einfach: Ich möchte, dass bei einer Stellenvergabe bevorzugt Familienernährer berücksichtigt werden. Dabei ist es völlig egal, ob es sich bei den Bewerbern um Mütter oder Väter handelt!«
»Außerdem lassen sich diese Kampfemanzen eh nicht von ihrem Karrierewahn abbringen, selbst dann nicht, wenn sie ein Kind kriegen«, behauptete Jacob.
»Versteh nicht, was du meinst«, sagte Betty.
»Diese Rabenmütter würden ihre Kinder doch am liebsten schon einen Tag nach der Geburt in einer Kinderkrippe abgeben und auch noch am Wochenende und in den Ferien zu Ersatzmüttern abschieben.«
»Du immer mit deinen haltlosen Unterstellungen«, beschwerte sich seine Schwiegertochter.
Jacob kratzte sich so intensiv am Arm, dass sich die Haut umgehend rötete. »Wieso stellt denn eigentlich niemand die Frage, ob ein Säugling oder ein einjähriges Kind das überhaupt will?«
»Was will?«, hakte Betty nach.
»Um 6 Uhr aus dem Bett gerissen und den ganzen Tag über von wechselnden Erzieherinnen fremdbetreut zu werden? Glaubst du denn wirklich, diese armen kleinen Würmchen wollen das?«
»Einzelfälle.«
»Pah! Von wegen Einzelfälle! Das werden leider immer mehr. Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab einem Jahr. Als nächster angeblicher Fortschritt kommt dann der Rechtsanspruch auf Fremdbetreuung ab der Geburt«, zeterte der Senior. »Nirgendwo wird die unglaubliche Erziehungsleistung von normalen, verantwortungsbewussten Müttern und Vätern gewürdigt.«
»Die ja laut Statistik glücklicherweise immer noch die Mehrheit darstellen«, bemerkte Tannenberg.
»Stimmt, Junior«, pflichtete ihm sein Vater bei. »Aber in der öffentlichen Diskussion geht es immer nur um noch bessere Betreuungsangebote für die armen Würmchen dieser Karriereweiber.«
»Du bist doch …«
Jacob schnitt seiner Schwiegertochter das Wort ab. »Kinder werden wie Möbelstücke behandelt, die man mal hier abstellt, mal dort«, polterte er los. »Hauptsache, sie sind aus dem Weg und stören nicht die Selbstverwirklichung und Karriereplanung. Die besch…«, er brach ab und änderte die Wortwahl, »bescheuerte Lage dieser bedauernswerten Kinder scheint niemanden zu interessieren. Egoismus regiert die Welt! Du hast recht, Marieke: weg mit der Frauenquote!«
»Dem kann ich nur zustimmen«, mischte sich Tannenberg erneut in die Diskussion ein. Er formte mit seinen Händen ein Megafon und posaunte lauthals in die Wohnküche hinein: »Deshalb fordere ich die Abschaffung von Girls-Days, Frauenförderprogrammen und …«
»… die Einführung von Kindergärtner- und Grundschullehrer-Quoten, damit die Jungs endlich in ihren ersten zehn Lebensjahren nicht nur von Frauen erzogen und unterrichtet werden«, vollendete Heiner.
Betty fiel die Kinnlade herunter. »So kenne ich dich ja gar nicht, Heiner. Was ist denn auf einmal los mit dir?«
Tannenbergs Bruder schüttelte energisch den Kopf und fletschte die Zähne. »Ach, mir reicht’s einfach allmählich mit diesem Frauenförderirrsinn. Schau dich doch mal an unserer eigenen Schule um: Alle A-15-Stellen sind von kinderlosen Frauen besetzt. Als Mann und Familienvater hat man kaum mehr eine Chance, eine Funktionsstelle zu erhalten.« Er warf seiner Tochter einen Blick zu. »Ich fordere die Familienquote.«
Betty legte die Stirn in Falten. »Ach, daher weht der Wind. Du bist sauer, weil dir Elfi die Stelle vor der Nase weggeschnappt hat.«
»Blödsinn!«, fauchte Heiner. »Von dieser Weibermafia im Kultusministerium hab ich gar nichts anderes erwartet.«
»Übrigens wollen Männer überhaupt nicht an eine
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