Hexenschuss: Tannenbergs dreizehnter Fall (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
Kulturbanausen wie ihr ja nicht …«
»Na, jetzt mach aber mal halblang«, beschwerte sich sein Vater. »So begriffsstutzig, wie du uns immer darstellst, sind wir nun wirklich nicht.«
»Wann warst du denn zum letzten Mal im Theater?«, provozierte Betty.
»Wann warst du denn zum letzten Mal im Fritz-Walter-Stadion, he?«, konterte der Senior der Familie mit angespitzten Lippen.
»Fußball – aggressives, affiges Machogehabe.«
Aus Jacobs verschmitztem Lächeln ließ sich schließen, dass er noch einen Trumpf im Ärmel hatte. »Machen wir doch einfach mal ein Gedankenspiel zum Thema Gleichberechtigung der Geschlechter, liebe Elsbeth.«
Für Betty war ihr Geburtsname ein rotes Tuch. Neben ihrem eigentlichen Vornamen hätte sie liebend gerne auch ihre rustikale Herkunft aus ihrer Biografie verbannt. Nur wenige wussten, dass sie als Tochter eines Schweinezüchters auf einem hinterpfälzischen Bauernhof das Licht der Welt erblickt hatte. Aus funkelnden Augen feuerte sie hasserfüllte Blicke auf ihren Schwiegervater ab.
»Nehmen wir einmal an«, fuhr Jacob unbeeindruckt fort, »wir packen euer Auto randvoll mit allem möglichen Gerümpel und Müll und du fährst damit raus ins Kapiteltal zur Wertstoffdeponie.«
»Ich weiß überhaupt nicht, wo die ist.«
»Das allein sollte dir zu denken geben«, bemerkte Tannenberg.
»Wieso?«, fragte Betty verdutzt. »Was hat denn die Fahrt zur Mülldeponie mit Gleichberechtigung zu tun?«
»Wart’s ab«, entgegnete ihr Schwiegervater süffisant. »Wie ich bereits vorhin kundtat«, sagte er in ungewohnt gestelztem Ton, »haben die werten Damen der Schöpfung schon immer gewusst, wie sie sich ihre Vorteile verschaffen. Zum Beispiel, indem sie schon in der Steinzeit den lieben Tag lang mit extrem kurzen Fellröckchen vor uns Männern herumgewackelt sind.«
Was habt ihr denn heute bloß alle mit dieser blöden Steinzeit?, dachte Tannenberg, als er sich an Petra Flockerzies neue Diät erinnerte.
»Und das ist heute noch genauso«, behauptete sein Vater unterdessen.
»Im Kopf eines altersgeilen Steinzeitmenschen wie dir bestimmt«, schoss Betty einen giftgetränkten Pfeil ab.
Obwohl es heftig in ihm brodelte, ließ Jacob nichts von seinem Zorn nach außen dringen. »Zurück zu unserem kleinen, aber feinen Gedankenspiel, liebe Elsbeth«, legte er nach. »Bist du bereit?«
Nur ein knappes Nicken als Antwort.
»Du fährst also raus zum Wertstoffhof. Vor der Rampe winken dich die orange gekleideten Herren der Schöpfung freundlich herbei. Zuvorkommend weisen sie dir einen Platz vor den Containern an. Als genetisch vorprogrammierte Kavaliere laden sie der armen, hilflosen Frau aus der Parkstraße die gesamte Fracht aus und verteilen sie in die betreffenden Container. Die gesamte Aktion dauert höchstens fünf Minuten.« Er stockte, wartete auf eine Reaktion.
»Ja und?«, fragte Betty, während sie sich auf einen Küchenstuhl setzte.
»So, und nun ist bei unserem kleinen Gedankenspiel dein Mann an der Reihe. Dieselbe Ausgangssituation, in Ordnung?«
Wieder nickte Betty.
»Nun stell dir bitte vor, Heiner fährt die Rampe rauf und kurbelt die Scheibe herunter. Was passiert jetzt?«
»Na, was wohl?«, höhnte Betty. »Wohl genau dasselbe wie bei mir.«
Schallendes Gelächter der Männer. Heiner hielt sich vor Lachen den Bauch, Tannenberg schossen sogar Tränen in die Augen.
»Das ist gut, das ist wirklich gut«, feixte der Kriminalbeamte und tupfte sich mit einem Taschentuch die Feuchte aus den Augenwinkeln. »Ach Gott, Elsbeth, wie kann man nur so naiv sein.«
Wie Lehrer Lämpel reckte Jacob den Zeigefinger in die Höhe. »Ich dagegen behaupte, dass die Müllmänner völlig anders auf einen Geschlechtsgenossen reagieren als auf eine Frau.«
Der Senior grinste breit. »Selbst wenn diese Frau nicht unbedingt der absolute Hingucker ist.«
»Danke für die Blumen«, knurrte Betty und verengte ihre schwarz umrandeten Augen zu schmalen Schlitzen.
»Dein lieber Ehegatte wird von der ersten Sekunde an angeschnauzt und schikaniert. Selbstverständlich muss er den Müll feinsäuberlich trennen und im Gegensatz zu dir jedes einzelne Gerümpelteil eigenhändig in den dafür vorgesehenen Container werfen.«
»Ist ja auch richtig so«, giftete Betty.
Ihr Schwiegervater war noch nicht fertig mit seinem Gedankenexperiment: »Ja, er muss sogar die Verpackungen der Zahnbürsten in Plastikmüll und Altpapier trennen«, fuhr er fort. Demonstrativ zeigte er auf die Küchenuhr.
»Bei
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