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Hexentage

Hexentage

Titel: Hexentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Wilcke
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Tages seiner Reise erreichte Jakob schließlich die Umgebung von Kyritz. Von einem Bauern ließ er sich den Weg zum Feldlager der Schweden weisen, und eine |252| knappe halbe Stunde später streifte sein Blick von einer Hügelkuppe aus mehr als tausend Zelte, die, umgeben von einem Palisadenzaun, wie eine Stadt aus Leinenstoff aussah. Bunte Fahnen flatterten lustlos in der flauen Brise und kennzeichneten die unterschiedlichen Regimente und Bataillone. In der Mitte des Lagers waren die Munitionswagen und wohl mehr als einhundert gußeiserne Kanonen untergebracht worden. Zahllose Soldaten streiften zwischen den Zelten umher oder saßen an den rauchenden Feuerstellen.
    Einen Moment lang kam Jakob sich schwach und schutzlos bei dem Gedanken vor, sich in die Umgebung von Soldaten zu begeben, die nicht davor zurückschreckten, Frauen und Kindern die Hände abzuschlagen und sie verbluten zu lassen. Doch dann überwand er seine Skrupel und lenkte Melchior den Hügel hinunter in das Lager hinein. Hier inmitten der Zeltstadt fiel ihm nun vor allem auf, wie jung die meisten der Söldner waren. Kaum älter als er selbst oder gar noch jünger. Viele dieser Burschen wirkten blaß und kränklich. Überall roch es nach Fäkalien, Blut und Fäulnis. Jakob sah Männer, die sich direkt an den Zeltwänden erleichterten oder sich daneben hockten, um ihren Darm zu entleeren. Auf manchen freien Plätzen lagen Dutzende von aufgedunsenen und verrenkten Leichen. Niemand schien sich die Mühe machen zu wollen, diese Toten zu begraben, und so ließ man sie hier wohl einfach liegen. Viele der schmutzigen Gestalten, die Jakob auf seinem Ritt durch das Lager passierte, würden sich wohl bald schon zu ihnen gesellen, denn der ärgste Feind, der diesen Männern zusetzte war augenscheinlich nicht das Heer der Kaiserlichen, sondern die Verbreitung von Krankheiten.
    Jakob sprach einige der Männer an, um sich nach Gustavsons Regiment zu erkundigen, doch es dauerte eine Weile, bis er eine Auskunft erhielt. Die meisten der Soldaten verstanden seine Sprache nicht und schauten ihn nur fragend an. Dann endlich begegnete er einem deutschen Offizier, der ihn zur Ostseite des Lagers schickte. Auch hier fühlte er sich wieder verloren, denn |253| wie sollte er herausbekommen, in welchem der vielen Zelte er Gustavson finden konnte? Um sich herum hörte er nur fremde Sprachen. Zu allem Überfluß plagte ihn bereits seit dem Aufstehen die Wunde an seiner Seite.
    Jakob stieg von seinem Pferd. Als er den Fuß auf den Boden setzte, schoß ein schmerzhafter Stich durch das verletzte Fleisch, der ihm einen Moment den Atem raubte. Er legte seine Stirn auf Melchiors schwitzendes Fell und rang nach Luft.
    Eine Hand legte sich auf seine Schulter. »Was plagt dich, Bürschchen?«
    Jakob wandte sich um und sah, daß die rauhe, kratzende Stimme zu einer etwa fünfzigjährigen Frau gehörte, die ihn neugierig musterte und dabei eine langstielige Pfeife von einem Mundwinkel zum anderen schob.
    »Du schaust nicht aus wie ein Soldat, aber du hast Schmerzen. Bist wohl zu oft bei den Huren gewesen und hast dir die Seuche geholt.« Sie lachte heiser.
    Jakob schüttelte den Kopf und zog Wams und Hemd hoch. Die Frau betrachtete kurz die Wunde und meinte: »Herrje, der Schnitt ist geschwollen. Rot wie ein überreifer Apfel.«
    »Könnt Ihr mir helfen?«
    »Gewiß.« Als hätte sie nur auf diese Frage gewartet, zog sie unter ihrer Schürze ein Fläschchen hervor und entkorkte es. »Der große Theriak. Hilft gegen jedes Leiden.«
    »Was verlangt Ihr dafür?«
    Sie überlegte kurz. »Zwölf Taler.«
    Jakob verzog das Gesicht. »Das kann nicht Euer Ernst sein.«
    »Der Theriak wurde in Venedig hergestellt und enthält mehr als fünfzig verschiedene Ingredienzien.«
    Sie hielt das Fläschchen vor seine Nase. Jakob roch kurz daran, konnte aber nichts Besonderes feststellen. Wahrscheinlich hatte die Frau nur gewöhnliche Kräuter mit etwas Branntwein und Wasser vermischt.
    »Ich werde Euch zwei Taler dafür geben«, sagte Jakob. »Aber |254| nur, wenn ich dafür auch eine Mahlzeit bekomme und einen Platz, an dem ich mich ausruhen kann.«
    Die Frau lächelte und willigte ein. Selbst zwei Taler schienen ihr ein guter Preis für eine Mahlzeit und eine wertlose Tinktur sein.
    »Mein Name ist Klara«, sagte sie, während sie ihn zu einem mit Säcken, Kisten und Holzbottichen beladenen Wagen führte. »Verratet mir, was Euch an diesen Ort verschlagen hat.«
    »Ich bin ein Kurier, der aus Osnabrück

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