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Hexentage

Hexentage

Titel: Hexentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Wilcke
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in dieses Lager geschickt wurde, um unserem Landesherren Gustav Gustavson eine dringende Nachricht zu überbringen. Könnt Ihr mir sagen, wo er sich aufhält?.« Plötzlich überfiel ihn erneut die Sorge, die ihn seit seinem Gespräch in der Schänke plagte. »Er … er ist doch noch am Leben?«
    »Ich habe gehört, sein Pferd hätte ihn auf den Fuß getreten, aber ansonsten scheint er in guter Verfassung zu sein. Die Schlacht hat er jedenfalls wohlbehalten überstanden.«
    Jakob atmete erleichtert auf. Klara hängte einen kleinen Kessel über ein Feuer und bereitete eine wohlriechende Suppe zu. Trotz seines Hungers sagte Jakob: »Ich würde es vorziehen, zuerst den Grafen aufzusuchen. Sagt mir, wo ich ihn finde.«
    »Gustavson ist ein launischer Mann, und ich weiß aus verläßlicher Quelle, daß er vor der Mittagszeit unausstehlich sein soll. Außerdem wascht Ihr Euch besser das Gesicht, bevor Ihr dem hohen Herrn entgegen tretet.«
    Jakob fuhr sich mit der Hand die Wange hinab und betrachtete den Dreck an seinen Fingern. Klara hatte recht. Der lange Ritt hatte seine Spuren hinterlassen.
    »Stellt Euer Pferd neben meiner Kuh ab«, wies sie ihn an. »Ihr findet da auch Stroh, um es abzureiben. Ich besorge Euch in der Zwischenzeit frisches Wasser und ein Stück Seife. Außerdem werde ich mich um diese häßliche Wunde an Eurer Hüfte kümmern.«
    Jakob tat wie ihm geheißen. Er band Melchior neben der Kuh |255| an und rieb ihn notdürftig mit dem Stroh trocken. Dann zog er seine Jacke und sein Hemd aus und wusch sich mit der Kanne Wasser, welche die Marketenderin ihm brachte. Die Mappe, in der sich Modemanns Brief befand, behielt er jedoch stets bei sich. Er wußte nicht, ob er Klara wirklich trauen konnte.
    Als er zurückkehrte, hatte sie ihm bereits einen Teller mit der Kohlsuppe gefüllt. Die Marketenderin erzählte ihm während des Essens, daß sie sich vor über fünf Jahren dem schwedischen Heer angeschlossen hatte. Sie berichtete ihm von einem Feldscher namens Conrad, der ab und an ihr Lager geteilt und ihr im Gegenzug die Kräuterheilkunde nähergebracht hatte, sowie von zahlreichen Schlachten, die die Schweden seit ihrer Ankunft in den deutschen Landen gefochten hatten.
    Nach dem Essen bereitete sie einen Sud aus Hirtentäschelkraut und Ackerschachtelhalm zu, in den sie ein Leinentuch tauchte, das sie anschließend auf Jakobs Wunde legte.
    Nachdem er sich gewaschen und gestärkt hatte, faßte Jakob wieder seine Pflichten ins Auge. »Verratet Ihr mir nun, wo ich Gustavson finden kann?«
    »Ich werde mit einem Unteroffizier mit Namen Per Olofson sprechen. Er ist einer der Vertrauten Gustavsons und ein guter Kunde von mir.« Sie zwinkerte Jakob zu, so daß er sich denken konnte, welche Dienste dieser Schwede von Klara in Anspruch nahm. »Olofson versteht recht gut unsere Sprache. Er wird Euch zu Gustavson führen, wenn ich ihn darum bitte, und ich bitte ihn gerne darum, wenn Ihr noch eine weitere Münze springen laßt.«
    Jakob lachte. »Ihr sollt Euren Lohn bekommen.«
    Per Olofson war ein schmächtiger Unteroffizier mit einer auffälligen Hasenscharte, der sich von der Marketenderin bereitwillig erklären ließ, welch strapaziöse Reise Jakob auf sich genommen hatte, um dem Landesherren die Nachricht aus Osnabrück zu überbringen. Er zog Jakob am Arm und führte ihn zu einem Zelt, das mindestens den doppelten Umfang der |256| gewöhnlichen Mannschaftsunterkünfte hatte und an dessen Spitze die blau-weiße Fahne des Regiments flatterte.
    Der Schwede bat Jakob zu warten und verschwand im Zelt. Es dauerte eine Weile, bis er wieder auftauchte, doch dann schlug er das Tuch vor dem Eingang zurück, entblößte grinsend eine gewaltige Zahnlücke und teilte Jakob in seinem gebrochenen Deutsch mit: »Geht rein! Der Graf wird sprechen mit Euch.«
    Jakob bedankte sich und schlüpfte durch den Eingang. Gustav Gustavsons Unterkunft war im Vergleich zu den Zuständen im Lager recht komfortabel eingerichtet. Der Boden war mit Fellen und Teppichen ausgelegt worden, es gab eine mit einem Vorhang abgetrennte Schlafecke, sowie in der Nähe des Ofens einen breiten Holztisch, an dem an die zwanzig Mann Platz fanden. Momentan leisteten dem Grafen dort nur zwei riesige Doggen Gesellschaft, die neben dem Ofen lagen, wachsam den Kopf hoben und ein tiefes Knurren von sich gaben, als Jakob eintrat. Gustavson verspeiste mit den Fingern einen gebratenen Hasen. Seinen linken Fuß hatte er auf einen Schemel gelegt. Jakob erinnerte sich

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