Hexentage
anders zu helfen, als seinen Degen zu ziehen und die Männer damit in Schach zu halten.
Die Schweden nahmen ihre Hände von ihm, grinsten jedoch hämisch und bedrohten ihn nun ihrerseits mit ihren Degen.
»Bleibt zurück!« brachte Jakob hervor, doch die Söldner machten keine Anstalten, von ihm abzulassen. Wahrscheinlich verstanden sie nicht mal seine Sprache.
Der große Schwede machte einen Ausfallschritt und fuchtelte mit seinem Degen vor Jakobs Gesicht herum. Jakob parierte diesen und auch den nächsten Angriff. Er war kein allzu geübter Degenfechter, und gegen drei Kontrahenten besaß er nicht den Hauch einer Chance. Er überlegte, ob er einfach davonlaufen sollte, doch dann bemerkte er, daß sich einer seiner Gegner hinter seinem Rücken postiert hatte. Die Schweden mochten angetrunken sein, aber sie waren gewiß nicht wehrlos.
Die Attacken wurden immer heftiger. Jakob parierte die Schläge und ging dann seinerseits zum Angriff über. Er schaffte es sogar, seinem Gegenüber ein Loch in seinen Ärmel zu reißen. Doch sofort war ein zweiter Schwede heran, nutzte die Gelegenheit, vollführte einen schnellen Hieb und verletzte Jakob oberhalb der rechten Hüfte. Zunächst spürte Jakob nur einen dumpfen Druck, dann fuhr ein stechender Schmerz durch seine gesamte rechte Körperhälfte, und sein Hemd färbte sich rot. Jakob ließ den Degen fallen, preßte die Hände auf die Wunde und ging in die Knie. Die Männer um ihn herum lachten schallend. Er zweifelte nicht daran, daß sie betrunken genug waren, um ihn hier auf offener Straße zu töten.
Jakob schloß die Augen und erwartete den nächsten Hieb, der ihm das Leben kosten würde. Doch plötzlich vernahm er Schritte und eine helle, wütende Stimme, die den Männern einige schwedische Worte entgegen keifte.
Jakob schlug die Augen auf und sah, daß Sara sich vor den Schweden aufgebaut hatte und sie mit Steinen bewarf. Einer der Männer wurde an der Schulter getroffen.
|81| »Verschwindet, ihr Heringsfresser!« schimpfte sie auf deutsch und hob drohend den nächsten Stein.
Die Schweden schienen nun ihren Spaß zu verlieren, Gegen eine Frau wollten sie nicht kämpfen. Sie bedachten Sara mit einigen obszönen Gesten und suchten dann lachend und grölend das Weite.
Kaum waren sie verschwunden, beugte Sara sich über ihn. »Ihr seid verletzt. Laßt mich die Wunde sehen«, sagte sie. Schon zerrte sie an seinem Hemd und betrachtete die Wunde.
»Ruft einen Arzt«, bat er.
»Ich werde Euch in das Haus meines Vaters bringen. Dort habe ich alles was ich brauche, um Eure Wunde zu versorgen.«
Sie zog ihn auf die Beine, und Jakob legte seinen Arm um ihre Schultern. Als sie die Straße entlang humpelten, fragte er sie ängstlich: »Sara, seid Ihr eine Hexe?«
»Nein, ganz sicher nicht. Ihr müßt mir schon vertrauen«, antwortete sie.
Jakob biß die Zähne zusammen. Bei jedem Schritt zuckte ein heftiger Schmerz durch seinen Körper.
Steh mir bei, Herr,
betete er stumm.
S teh mir bei, falls ich in die Fänge einer Hexe geraten bin.
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Kapitel 9
Jakob preßte seine Hand auf die blutende Wunde und schleppte sich, von Sara gestützt, durch mehrere dunkle, enge Straßen. Jeder Schritt verursachte einen quälenden Schmerz, als bohre sich durch die Bewegung immer wieder aufs neue die Spitze eines Degens in sein Fleisch.
Nach einer Weile erreichten sie endlich ihr Ziel. Sara führte Jakob in den Hinterhof eines schlichten Bürgerhauses und öffnete dort eine Tür. Sie entzündete eine Kerze, in deren fahlem Licht eine Treppe zu erkennen war. Mühsam schob sie Jakob |82| Stufe um Stufe hinauf. Jakob stöhnte bei jedem Tritt. Niemals zuvor hatte er solch heftige Schmerzen verspürt.
Sara führte Jakob in eine kleine Kammer und setzte ihn auf einer Bettstatt ab. »Legt Euch hier nieder. Ich werde die Wunde genauer in Augenschein nehmen«, sagte sie und hellte den Raum mit zwei zusätzlichen Laternen auf. Sie trat aus dem Zimmer und kehrte kurz darauf mit einer Schüssel Wasser, sauberen Tüchern und einer Holzschatulle zurück.
Jakob drehte sich auf die unversehrte Seite und verfolgte aus den Augenwinkeln, wie Sara sich mit einer großen Schere daran machte, sein Hemd aufzuschneiden. Vorsichtig wusch sie die Wunde aus und untersuchte den Schnitt.
»Werde ich sterben?« krächzte er.
»Unsinn«, gab sie barsch zurück. »Der Schnitt ist nicht tief. Keines Eurer Organe wurde verletzt. Wenn Ihr euch keine Entzündung einhandelt, wird die Wunde gut
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