Hexentage
verheilen.«
»Woher wollt Ihr das wissen? Ihr seid kein Arzt«, gab er zu bedenken.
»Ich habe viel Zeit damit verbracht, einem äußerst fähigen Arzt während seiner täglichen Arbeit zuzuschauen. Keine Angst, Ihr seid bei mir in besseren Händen als bei den meisten Ärzten Osnabrücks.«
Jakob war sich dessen nicht so sicher, und anscheinend war ihm seine Skepsis deutlich anzusehen.
»Ihr glaubt noch immer, daß ich eine Hexe bin, nicht wahr?« sagte sie enttäuscht.
»Ich weiß nicht, was ich glauben soll. Erklärt mir, was Ihr da tut.«
Sara bedachte ihn mit einem trotzigen Blick. »Nun, zunächst habe ich die Wunde mit Wasser gereinigt und sie mir genau angeschaut. Der Schnitt blutet noch immer, darum werde ich ihn mit einigen Stichen nähen müssen. Zuvor trage ich noch eine heilende Salbe aus Beifuß auf und gebe zum Schutz gegen eine Entzündung etwas Liebstöckel hinzu. Zu guter Letzt werde ich |83| diesen Leinenstoff hier mit Essig tränken und Euch damit verbinden.«
Jakob schätzte ihre Worte kurz ab und entschied, daß sie recht vernünftig klangen. »Gut. Fahrt fort!« sagte er schließlich.
Sara reichte ihm eine Flasche. »Trinkt dies zuvor.«
Er runzelte die Stirn. »Was ist das?«
»Branntwein. Nehmt einen kräftigen Schluck. Ihr seid ein wehleidiger Mensch, und wenn ich Eure Wunde nähe, springt Ihr mir womöglich noch aus dem Bett.«
Jakob entfernte den Korken und hob die Flasche an, zögerte dann jedoch. Woher sollte er wissen, ob Sara ihm wirklich helfen wollte?
Sara verzog das Gesicht. »Ich weiß, was Ihr jetzt überlegt, aber ich versichere Euch: In der Flasche befindet sich kein Hexentrank, der Euch in eine Fledermaus oder in eine Katze verwandeln wird. Trinkt es, oder laßt es bleiben. Ich habe es nur gut gemeint.«
Jakob überlegte einen Moment, dann stellte er die Flasche auf den Boden. Sara quittierte seine Weigerung mit einem Kopfschütteln und fuhr mit ihrer Behandlung fort. Er schloß die Augen und lauschte angespannt, ob sie womöglich teuflische Beschwörungen murmelte, aber sie arbeitete schweigend und rieb seine Wunde mit der Salbe ein.
Die Salbe! Jakob dachte mit Schrecken daran, daß Hexen häufig Salben benutzten, um zu ihren geheimen Versammlungen zu fliegen. Womöglich benutzte diese Frau eine ihrer Hexensalben, um ihn mit einem Schadenszauber zu belegen. Sollte sich diese Vermutung bewahrheiten, war es allerdings schon zu spät, um ihr satanisches Werk zu verhindern. Sara hatte die Salbe bereits aufgetragen und führte mit ihren Fingern, die von seinem Blut überzogen waren, einen Faden in die Nadel ein, mit der sie sein Fleisch nähen würde.
Der erste Stich ließ Jakob zusammenzucken. Er biß sich auf die Unterlippe und schrie dann kurz auf.
|84| »Haltet gefälligst still, sonst tut es nur noch mehr weh!« schalt sie ihn.
»Gebt mir die Flasche!« verlangte er hastig.
Sara reichte ihm den Branntwein. Begierig stürzte er den Alkohol seine Kehle hinunter. Der Schnaps rollte wie heiße Glut durch seinen Körper und verursachte einen Hustenanfall, doch anschließend breitete sich eine wohlige Entspannung in ihm aus, und er ließ Sara weiter arbeiten. Die Nadel setzte ihm noch schmerzhaft zu, aber er blieb ruhig und ertrug still die weiteren Stiche.
»So, das wäre geschafft.« Sara biß den Faden durch, verknotete ihn und machte sich daran, den Verband anzulegen. Jakob konnte ihr nicht absprechen, daß sie ihn durchaus fachmännisch behandelte. Inzwischen hatte sich seine Furcht vor möglichem Hexenwerk gelegt. Er hatte kein Anzeichen einer heidnischen Beschwörung entdecken können und war Sara nun überaus dankbar, daß sie sich so aufopferungsvoll um ihn kümmerte, obwohl er sich ihr gegenüber so abweisend verhalten hatte.
Er betrachtete sie verstohlen, während sie den Leinenstoff um seinen Bauch wickelte. Trotz ihrer vorangeschrittenen Schwangerschaft wirkte sie nicht so plump wie viele andere Frauen in ihrem Zustand. Nichts an Sara ließ sie bäuerlich oder grobschlächtig erscheinen. Ihre Gesichtszüge waren ebenmäßig und zart, dennoch strahlte sie eine energische Tatkraft aus.
»Ich möchte Euch bitten, heute nacht in diesem Bett zu schlafen. Die Wunde blutet zwar nicht mehr, aber sie könnte aufbrechen, wenn Ihr Euch bewegt«, sagte Sara.
»Ich … ich weiß nicht recht …«
»Natürlich kann ich Euch nicht dazu zwingen, in diesem Haus zu bleiben, aber Eurer Gesundheit zuliebe solltet Ihr meinen Rat befolgen.«
Wahrscheinlich war es
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