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Hexentage

Hexentage

Titel: Hexentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Wilcke
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sehr die frische Luft seine Sinne aufleben ließ. Im Grunde war Osnabrück ein sehr interessanter Ort. Frau |73| Peltzer hatte Jakob berichtet, daß es kaum eine Stadt im Norden Deutschlands gab, in der sich so deutlich die Zerrissenheit zwischen den Konfessionen zeigte. Katholiken wie Lutheraner teilten zähneknirschend ihre Machtbefugnisse. Während der evangelisch gesinnte Rat das Gerichtswesen in Osnabrück kontrollierte, unterhielt der katholische Bischof in der Stadt noch immer zahlreiche Einrichtungen, unter anderem ein Franziskanerkloster und ein Jesuitenkolleg.
    Darauf, daß dieser Konflikt die Stadt in den Wirren des Krieges schwer belastet hatte, deuteten vor allem die vielen verlassenen und leerstehenden Häuser hin, die Jakob entdeckte. Die schwedischen Kontributionen, die vor allem vom Handwerk getragen wurden, hatten nicht wenige Bürger veranlaßt, an einem anderen, weniger konfliktbeladenen Ort ihr Glück zu versuchen.
    Vor allem in der Neustadt fiel Jakob auf, daß zahlreiche vernagelte Fenster ihn wie tote Augen vorwurfsvoll anzustarren schienen. An mehreren Straßenecken wich er vorbeiziehenden schwedischen Söldnern aus, die zumeist einen Krug Branntwein bei sich trugen und sich angeheitert in ihrer Muttersprache unterhielten. Einige dieser rauhbeinigen Männer starrten Jakob feindselig und aggressiv an. Er vermied es daher, ihnen allzu auffällig ins Gesicht zu sehen.
    Die Dämmerung brach an. In der Nähe der katholischen Johanniskirche kehrte Jakob in eine Schankwirtschaft ein. Er betrat eine niedrige Diele, in der ihm der süße Geruch von Wein und Bier entgegen schlug. Auch hier in der Schänke hielten sich viele Schweden auf, die ausgelassen ihren Sold vertranken. An mehreren Tischen wurde lärmend gesungen, andere Männer rülpsten genußvoll, und zwei oder drei von ihnen waren bereits auf dem Tisch zusammengesunken und schliefen ihren Rausch aus.
    Jakob bestellte sich einen Krug Wein und setzte sich an einen freien Tisch. Das Gegröle um ihn herum störte ihn nicht sonderlich. Nach dieser Woche, die er in steter Abgeschiedenheit verbracht hatte, war es ein gutes Gefühl, wieder unter Menschen |74| zu sein. Trotzdem kam er sich ein wenig einsam vor. Er war ein Fremder in dieser Stadt, und ihm wurde für einen Moment wehmütig ums Herz, als er an Minden dachte, wo seine Familie und seine Braut auf ihn warteten.
    Er vermißte Agnes, aber nicht so sehr, wie er es vielleicht sollte. Er kannte sie allerdings auch erst kurze Zeit. Mit den Jahren würde er sicher lernen, sie besser zu verstehen, und vielleicht würde Agnes es eines Tages sogar mögen, wenn er ihre körperliche Nähe suchte. Bislang reagierte sie schroff und abweisend, wann immer er vorsichtig ihre Hände nahm oder durch ihr Haar strich. Höflich, aber bestimmt wies sie ihn dann von sich, als befürchte sie ernsthaft, daß er durch diese unschuldigen Berührungen ihre Tugend gefährden könnte.
    Jakob mußte an eine andere Frau denken, die vor einigen Jahren dem Gesinde im Haus seiner Eltern angehört hatte. Ihr Name war Elsche gewesen. Kurz nach seinem fünfzehnten Geburtstag hatte sie die Arbeit als Küchenmagd aufgenommen und ihn vom ersten Tag an auf eine verspielte Weise geneckt, die Phantasien und ein Verlangen in ihm weckten, wie er es nie zuvor verspürt hatte. Elsche hatte eine makellos glatte Haut und schwarzes, glänzendes Haar. Sie mochte zwei Jahre älter als er gewesen sein, genau hatte er es nie erfahren. Von ersten Augenblick hatte sie genau gewußt, welche Wirkung sie auf ihn ausübte. Es dauerte dann auch nicht lang, bis sie ihn mit der Offerte in Versuchung führte, daß er sie überall dort berühren dürfe, wo er es gerne wollte, wenn er ihr sein Stillschweigen garantiere und zudem einige Pfennige überließ. Jakob zögerte nicht, das Geld aus der Börse seines Vaters zu entwenden, um sein Verlangen und seine Neugier zu stillen. Die fehlenden Pfennige, so hoffte er, würden kaum auffallen.
    So begann für Jakob ein aufregendes Jahr, das jedoch abrupt sein Ende fand, als seinem Vater die kleinen Diebstähle auffielen. Zu Jakobs Verwunderung wurde aber nicht er, sondern sein älterer Bruder Julius vom Vater ertappt, als dieser sich an der Börse |75| zu schaffen machte. Sein Bruder wurde vom Vater mit der Gerte geschlagen, bis er gestand, daß er das Geld Elsche gegeben habe. Daraufhin prügelte der Vater noch heftiger auf Julius ein und ließ auch die Magd die Gerte spüren. Jakob versuchte sich nichts anmerken

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