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Hexentage

Hexentage

Titel: Hexentage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Wilcke
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Mann fort. »Er beschlug die Hufe und setzte die Füße wieder an. Man bezeichnet es als das Hufeisenwunder. Eine andere, glaubhaftere Geschichte besagt, daß Eligius von dem französischen König Chlothar mit der Anfertigung eines goldenen Thronsessels beauftragt wurde. Eligius aber gelang es, aus dem ihm zugeteilten Gold statt einem gleich zwei Sessel herzustellen. Diese Aufrichtigkeit brachte ihm die Stellung des Münzmeisters am französischen Hofe ein.« Aus einer Tasche an seiner Schürze förderte der Mann ein Stück Gold hervor, drehte es in seiner Hand und |90| meinte: »Ein herrliches Metall, nicht wahr? Ein Gramm davon ließe sich zu einem Draht strecken, den Ihr von einem Ende der Stadt bis zum anderen spannen könntet. ›Ein Dukaten, fein geschlagen, deckt Roß und Reiter bis zum Kragen‹, sagt man.« Er ließ das Gold wieder in der Tasche verschwinden und streckte Jakob die Hand entgegen. »Entschuldigt mein Geschwätz. Ich bin Georg Meddersheim, der Goldschmied.«
    Jakob erwiderte den Gruß. »Ihr seid Saras Vater?«
    Meddersheim nickte. »Sara hat mir von Eurem Unglück berichtet. Fühlt Ihr Euch denn schon kräftig genug, aufzustehen?«
    »Durch die Hilfe Eurer Tochter scheint die Wunde gut zu verheilen.« Jakob schaute sich um. »Ist … ist Sara nicht hier?«
    »Sie ist bereits früh aus dem Haus gegangen, um ihrer Tante bei der Wäsche zu helfen.«
    Jakob war enttäuscht, Sara nicht mehr anzutreffen. Gerne hätte er ihr noch einmal seinen Dank ausgesprochen.
    Das schielende Mädchen, das die Ziege gemolken hatte, kam mit einem Becher herbei und reichte ihn Jakob.
    »Bitte, mein Herr.« Ihre Stimme klang seltsam näselnd.
    Meddersheim strich ihr liebevoll über das Haar. »Mina, die Tochter meines verstorbenen Bruders. Ich habe sie vor einigen Monaten in meine Obhut genommen. Ihr Geist ist schlicht, aber sie besitzt ein gutes Herz.«
    Jakob trank einen Schluck von der warmen Ziegenmilch. »Ihr seid sehr freundlich zu mir. Bitte richtet Eurer Tochter meinen aufrichtigen Dank aus. Aber jetzt muß ich gehen. Man sorgt sich gewiß schon um mich.«
    »Wie Ihr meint«, erwiderte Meddersheim.
    Jakob trank den Rest der Milch und gab Mina den Becher zurück. Bevor er das Haus verließ, hielt er einen Moment inne. »Meister Meddersheim, wäret Ihr so freundlich, mir noch eine Frage zu beantworten? Eure Tochter rief mir gestern etwas in einer mir fremden Sprache zu. Vielleicht könntet Ihr es mir übersetzen.«
    |91| Der Schmied zuckte mit den Schultern. »Wenn es mir möglich ist, will ich das gerne tun.«
    Jakob rief sich in Erinnerung, was Sara ihm zugerufen hatte, als er gestern fluchtartig das Gasthaus verlassen hatte. Er bemühte sich den Klang ihrer Worte genau wiederzugeben, was auf dem Gesicht ihres Vaters eine unverkennbare Heiterkeit hervorrief. Meddersheim brach in ein lautes Lachen aus, das seinen ganzen Körper schüttelte. Auch Mina kicherte wieder.
    »Entschuldigt meine Reaktion«, bat Meddersheim. »Aber wenn ich Euch richtig verstanden habe, scheint Ihr Euch bei meiner Tochter sehr unbeliebt gemacht zu haben.«
    »Also war es nichts Freundliches. Das habe ich mir schon gedacht.«
    »Nein, freundlich war es ganz sicher nicht. Aber bitte verlangt nicht von mir, daß ich es für Euch übersetze. Das verbietet mir die Höflichkeit.«
    Mit einem knappen Nicken verabschiedete sich Jakob von Georg Meddersheim und verließ das Haus. Als er die Dielentür schloß, konnte er noch immer das Lachen des Goldschmieds hören. Er kam sich vor wie ein Idiot, aber wahrscheinlich hatte er es auch nicht besser verdient. Warum war er gestern abend nur so in Panik geraten? Der Gedanke, Sara könnte eine Hexe sein, hatte ihm solche Angst eingeflößt, daß er sich völlig lächerlich gemacht hatte.
    Der Fußmarsch zurück in die Hakenstraße wurde für Jakob überaus beschwerlich. Er hielt stets nach ein paar Schritten an, um zu prüfen, ob seine Wunde nicht aufgebrochen war. Er konnte jedoch kein frisches Blut entdecken, und so setzte er seinen Weg fort, bis er das Haus des Bürgermeisters Peltzer erreicht hatte.
    Er hätte den Vorfall gerne verschwiegen, doch eine der Mägde wurde sofort auf das Blut an seinem Hemd aufmerksam. Sie schlug erschrocken die Hände vor den Mund und verständigte Frau Peltzer, die umgehend nach einem Arzt schicken ließ.
    |92| Ein halbe Stunde später trafen der Arzt und auch Wilhelm Peltzer in der Hakenstraße ein. Im Haus war eine gespannte Aufregung zu spüren. Jakob konnte in

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