Hexentöchter: Erotischer Vampirroman (German Edition)
– hast du meinen Vater getötet?“
Sein Gesicht veränderte sich, wurde härter. „War das der Grund, weshalb dein Bruder gestern mit dir geflüstert hat? Hat er dir deshalb diesen Dolch zugesteckt?“ Als er sah, dass Charlie zusammenzuckte, wurde sein Gesichtsausdruck grimmig. „Ich habe das allerdings gesehen. Ist er für mich bestimmt gewesen? Muss ich jetzt froh sein, diese Nacht überlebt zu haben?“
„Das würdest du mir zutrauen?“ Charlie blickte ihn zutiefst bestürzt an. Aber dann wurde die Kränkung von Misstrauen und Angst verdrängt. Er hatte ihren Vater also gekannt. Dann wusste er wahrscheinlich auch von ihrer Mutter und dem Erbe, das Charlie in sich trug. Theos Worte dröhnten in ihren Ohren: „Von all den hübschen Mädchen im
Chez Haga
hat er ausgerechnet dich ausgesucht.“ Veilbrook musste davon gewusst haben, wie anders hätte er sie sonst kaum, dass er sie einmal gesehen hatte, mieten und damit in seine Gewalt bringen wollen? Diese Nacht in der dunklen Straße der Dämonen. Da hatte sie sich verraten. Großmutter hatte sie immer wieder eindringlich davor gewarnt, anderen auch nur einen Hauch ihrer Hexenkräfte zu zeigen. Aber sie hatte, wenn auch nur vorsichtig, ihre Kräfte benutzt, um sich die Dämonen vom Leib zu halten. Veilbrook musste etwas bemerkt haben, falls er es nicht schon vorher gewusst hatte, vielleicht hatte er sie sogar verfolgt? Charlie hatte das Gefühl, als würde die Welt um sie herum zusammenbrechen.
Veilbrook atmete tief durch und der Zorn in seinen Augen wich Trauer. „Ja, Charlotta. Indirekt habe ich deinen Vater getötet. Ich wollte, es wäre nicht so. Und ich wollte, du wärst nicht ausgerechnet Horatios Tochter.“ Er fuhr sich mit den gespreizten Fingern durch das Haar. „Das macht alles sehr kompliziert, aber daran bin ich wohl selbst schuld. Lass mich jetzt gehen. Es ist wichtig.“ Er löste ihre eisigen Finger von seiner Jacke und ging hinaus.
Masterson und Samuel waren sich einig darin, dass Lord Veilbrook ausdrücklich befohlen habe, Miss Charlotta unter allen Umständen im Haus festzuhalten. Charlie war dennoch entkommen. Sie hatte, was sie sonst vermied, einen kleinen übersinnlichen Kunstgriff angewandt. Jetzt war es vermutlich ohnehin schon gleichgültig. Als sie endlich die Straße nach London entlang lief, hoffte sie, der von Theo versprochenen Kutsche zu begegnen, aber es war weit und breit nichts davon zu sehen. Sie hatte jedoch Glück. Ein Bauer, der Waren nach Southwark transportieren wollte, nahm sie mit,und dann war es nur noch ein kleines Stück bis zu Tante Hagas Haus. Sie hatte zwar ins Bethlem Hospital gewollt, aber nun war sie froh, vorerst bei ihrer Tante Zuflucht zu finden und sich ein wenig zu fassen.
Eine über Charlies verstörtes Aussehen erschrockene Peggy ließ sie ein, aber sie hielt sich nicht mit langen Erklärungen auf, sondern lief sofort die Treppe hinauf in Tante Hagas Zimmer, die soeben dabei war, sich anzukleiden. Sie fiel ihr in die Arme. „Vater ist in Bedlam gestorben. Und Cyrill hat gesagt, er hätte ihn getötet!“
Haga gelang es, ihre aufgelöste Nichte zu beruhigen. Sie ließ ihr einen Becher heiße Schokolade bringen, half ihr, die staubigen, verschwitzten Kleider auszuziehen und frische anzulegen, und saß dann neben ihr, um sich ihre Geschichte anzuhören.
„Ich wusste, dass dein Vater in Bedlam war“, sagte Haga schließlich, als Charlie erschöpft geendet hatte. „Die wenigen, die davon hörten, dachten, dass seine Verwirrung durch den angeblichen Unfall bedingt war. Dass allerdings Veilbrook in irgendeiner Weise mit deiner Familie zu tun hatte, wäre mir neu.“
„Aber er hat zugegeben, Vater gekannt zu haben! Er war ganz verblüfft darüber, dass ich Horatio di Marantes Tochter bin. Das konnte nicht gespielt sein! Ich glaube sogar, dass es ihn sehr irritiert hat.“ Zumindest hatte ihr das die Angst genommen, er könnte sie tatsächlich nur ihres Erbes wegen in sein Haus geholt haben. Noch unerträglicher als der Gedanke, er habe ihren Vater getötet, war die Vorstellung, dass er sie niemals gemocht oder sogar geliebt, sondern sie nur benutzt hatte. „Er hat gesagt, er hätte ihn indirekt getötet“, flüsterte sie.
„Was aber nicht heißt“, meinte Haga vernünftig, „dass Theos Erzählung damit bestätigt wird.“
„Aber was sonst soll ich denken? Und was soll ich jetzt nur tun?“ Charlie hatte sich noch nie so verwirrt, so elend und hilflos gefühlt. Selbst als Theo damals
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