Hexenzirkel - Robertson, L: Hexenzirkel - Persephone Alcmedi 02: Hallowed Circle
Spaltbreit und streckte die Hand in seinen Käfig. »Guter Junge « , flüsterte ich. Sein Schwanz schlug freudig gegen die Gitterstäbe, als ich ihn tätschelte. »Psst, weck bloß niemanden auf .«
Ich schloss die Tür, tapste auf Zehenspitzen weiter in mein Zimmer, zog mich aus und legte mich ins Bett.
Es war ein Fehler gewesen, mit Johnny zu schlafen, und ich hatte es gewusst.
Ich war ja so dumm gewesen.
Doch die Gedanken daran nützten nichts. Um fit für das Eximium zu sein, musste ich dringend noch ein paar Stunden Schlaf bekommen. Schließlich hatte ich einen Wettkampf zu bestreiten und musste vor den Ältestenrat treten. Der Wecker zeigte ein Uhr achtundvierzig.
Ich schüttelte die Decke auf, drehte das Kissen und rollte mich gereizt herum. Gedanken schossen durch meinen Schädel wie Lichtblitze in einer Plasmakugel. Sie versengten die Hoffnung und entzündeten den Herzschmerz.
Um drei Uhr dreißig hatte ich jeden Moment sexueller Spannung, jede seiner charmanten Bemerkungen, jede seiner schüchternen Berührungen, jeden Kuss zwischen uns und sogar meine Orgasmen im Detail analysiert. Und auch unser Verhalten nach dieser Nacht.
Ja, es war unübersehbar gewesen, dass ich Angst gehabt hatte, aber das allein konnte sein Verhalten nicht erklären. Ich konnte mir einfach keinen Reim darauf machen. Schließlich sagte ich mir, dass wohl an allem das Y-Chromosom schuld war, Johnnys männliches Ego und – da die Band ja nun kurz vor ihrem Durchbruch zu stehen schien – das Klischee des Rock ’n’ Rollers, dem er wohl gerecht werden wollte.
Also traf ich eine Entscheidung.
Ich war fertig mit Johnny.
Um sechs Uhr morgens riss mich der Wecker aus dem Schlummer.
Ich duschte, frottierte mein Haar, zog mich an und setzte mich dann am Fußende meines Bettes mit gekreuzten Beinen auf den Boden. Mit einer silbernen Kerze vor mir, die Ausdauer symbolisierte, nahm ich mir einen Moment Zeit, um mich zu erden und zu zentrieren. In meiner linken, der empfangenden Hand hielt ich ein Tigerauge, ein Stein, der Kraft spendete. Ein bisschen Hilfe konnte nicht schaden, wenn ich den Tag trotz des Schlafmangels überstehen wollte. Das Tigerauge und reichlich Kaffee, mehr würde ich nicht brauchen.
Um sechs Uhr dreißig schlich ich mich auf Zehenspitzen aus meinem Zimmer, als ich Licht in der Küche sah. Offenbar war meine Rücksicht unbegründet gewesen. Unschlüssig blieb ich stehen: Sollte ich es auf einen Streit mit Nana ankommen lassen oder mich still und heimlich aus dem Haus schleichen? Noch hatte ich die Möglichkeit.
Doch dann roch ich es: Sie hatte Kaffee gemacht. Ich ließ den Kopf hängen. Nach einer Nacht wie dieser brauchte ich Kaffee mehr als dringend.
Zögernd betrat ich die Küche. Nana saß in Bademantel und Flanellnachthemd am Küchentisch. Der Kodex lag aufgeschlagen vor ihr, ein Trio ausgedrückter Zigaretten im Aschenbecher.
»Du bist früh auf « , sagte ich.
»Ich konnte nicht schlafen .« Ohne den Blick zu heben, notierte sie die Übersetzung einer Zeile.
Ich goss mir eine Tasse Kaffee ein. »Möchtest du auch noch eine ?«
»Ja, bitte .«
Nachdem ich auch ihren Becher gefüllt und die Kanne zurückgestellt hatte, setzte ich mich ihr gegenüber an den Tisch. Ich war auf alles gefasst, aber fest entschlossen, mich nicht von ihr umstimmen zu lassen. Und sollte meine Müdigkeit meine Widerstandskraft schwächen, so würde ich einfach noch mehr Kaffee trinken.
»Du hast wohl etwas Interessantes gefunden « , sagte ich.
»Nein – na ja, es ist irgendwie alles interessant, und da ich ohnehin schon wach war, dachte ich, ich könnte das hier eben noch zu Ende bringen. Der Doktor kommt heute Abend vorbei, um die Übersetzung gegenzulesen. Aber « , ergänzte sie, »nichts von dem, was hier steht, hat mich wach gehalten .«
Ich wartete.
Die Taktik kannte ich: Erst brachte sie mich zur Weißglut, um mir dann die Schuld zuzuschieben, indem sie sagte: »Du hast ja gefragt .« Aber natürlich ging ich ihr trotzdem in die Falle. »Was war es dann ?«
»Mein Knie .«
Eine überraschende Antwort. »Nimmst du etwas dagegen ?«
Sie nickte kaum merklich, den Blick immer noch auf die Seite vor sich gerichtet. »Hat aber nicht gewirkt .«
Sie klang so niedergeschlagen. War das ein Trick? Wollte sie mir vielleicht ein schlechtes Gewissen machen, damit ich mich um sie kümmerte und nicht beim Eximium antrat? Prüfend musterte ich ihr Gesicht.
Ihr Kiefer war angespannt, der Mund ein schmaler Strich –
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