Hexenzirkel - Robertson, L: Hexenzirkel - Persephone Alcmedi 02: Hallowed Circle
ähnlich, wie wenn sie verärgert war, aber doch ein wenig anders. Ihre Falten waren tiefer als sonst. Ihre toupierte Frisur war vom Schlaf zerdrückt. Ging es ihr etwa so schlecht, dass ihr ihr Aussehen egal war? Auch die Art, wie sie die Schultern hielt, sagte mir, dass sie echte Schmerzen haben musste.
Meine Nana litt, und einfaches Ibuprofen half nicht mehr.
Sie war alt. Vierundachtzig, um genau zu sein.
Jünger konnte ich sie nicht machen, doch etwas konnte ich tun – und zwar mit Vivians Geld. »Wie wäre es, wenn wir das Esszimmer zu deinem neuen Schlafzimmer umbauen würden ?«
Sie überlegte kurz. »Aber hier unten gibt es kein richtiges Bad. Ich müsste trotzdem die Treppe steigen .«
»Dann bauen wir eben ein größeres Bad ein .«
Sie legte den Bleistift weg. »Persephone – «
»Doch, Nana, es wäre eine Erleichterung für dich. Ich kümmere mich darum .« Alternativ hätten wir umziehen können. Und abgesehen davon, dass ich das nicht wollte, wäre mit einem Umzug auch höchstwahrscheinlich eine höhere Hypothek verbunden gewesen, was wiederum bedeutet hätte, dass ich abhängig von dem Geld gewesen wäre, das ich mit dem landesweiten Erscheinen meiner Kolumne verdiente – was ich wiederum Menessos zu verdanken hatte. Würde er seine Sympathien also wieder anders verteilen, so würden wir das empfindlich zu spüren bekommen.
Nana sah mich zum ersten Mal, seitdem ich in die Küche gekommen war, richtig an. Sie holte tief Luft, und als sie wieder ausatmete, schien es, als würde auch ein wenig von ihrem Schmerz weichen. »Ja, ich weiß .« Sie machte eine Pause. »Ich war nicht nett zu dir. Dabei kümmerst du dich wirklich. Du gibst nicht eher Ruhe, bis alles so ist, wie es sein soll .« Sie zog eine Zigarettenschachtel aus der Tasche ihres Bademantels. »Ich muss akzeptieren, dass du nicht deine Mutter bist .«
»Was ?« Mein schwelender Groll auf meine Mutter konnte sich stets schnell entflammen.
»Wann immer es scheint, als gäbe es keinen Ausweg, versuchst du trotzdem, einen zu finden. Zur Not mit dem Baseballschläger in der Hand. Du, Persephone, läufst nicht weg, wenn es schwierig wird .« Sie nahm meine Hand. »Statt hier in die Küche zu kommen, hättest du dich auch einfach aus dem Haus schleichen können. Schließlich wusstest du ja, dass ich gegen deine Teilnahme am Eximium bin. Und trotzdem hast du die Konfrontation mit mir nicht gescheut .«
Sie wusste nicht, dass ich erst vor Kurzem sehr wohl weggelaufen war. Ich war vor Johnny aus der Rock Hall geflüchtet wie eine Katze vor einem räudigen Hund.
»Du wirst heute das Richtige tun. Das weiß ich « , sagte Nana.
»Danke .«
»Und wenn du beim Eximium antrittst, Persephone, beobachte die Menschen um dich herum – nicht nur die anderen Kandidatinnen. Mach dir auch ein Bild von den Ältesten. Du bist die Lustrata, und ob es dir gefällt oder nicht, du wirst die Ältesten irgendwann brauchen. Also sieh sie dir genau an und frage dich, wen von ihnen du auf deiner Seite haben willst .«
14
Als ich den Tempel erreichte, empfing mich Mandy im Büro und führte mich von dort aus durch einen Flur. Ich hatte das Gefühl, als befände ich mich in der Vergangenheit.
Die Wände waren aus Stein, der Boden aus Schiefer. Alle hundertfünfzig Meter führten drei Stufen abwärts. Der Gang machte einen großen Bogen, woraus ich schloss, dass wir der runden Form des Tempels folgten. Alle zwei Meter war die Hälfte einer riesigen Amethyst-Geode in die Wand eingelassen, in deren Hohlraum eine Kerze den lavendelfarbenen Stein zum Leuchten brachte und uns den Weg erhellte. Schließlich kamen wir in einen Keller. Die riesigen Eichenholztüren waren mit Eisenbeschlägen versehen, die aussahen, als stammten sie aus einer Burg oder einer alten Kirche.
»Hier unten gibt es doch fließendes Wasser und Elektrizität, oder ?«
Mandy schenkte mir ein Lächeln. »Ja, auch wenn es nicht so aussieht. Vivian – « Sie brach ab. Als sie sich wieder gefangen hatte, fuhr sie fort: »Sie wollte nur, dass es alt wirkt .«
»Das ist ihr gelungen .«
Einige Schritte weiter blieb Mandy vor einer Tür stehen, die sich von den anderen in nichts unterschied. »Hier ist der Warteraum. Die Toiletten sind dort drüben .« Sie deutete hinter sich den Flur hinunter auf eine Nische. »Mit modernen Abzügen, fließendem Wasser, Heißlufthandtrocknern und allem Drum und Dran .«
»Danke .« Ich griff nach der Türklinke, drückte sie fest hinunter und betrat ein Zimmer
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