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Hexer-Edition 02: Als der Meister starb

Hexer-Edition 02: Als der Meister starb

Titel: Hexer-Edition 02: Als der Meister starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nicht Randolph Montague, Robert. Ich bin Roderick Andara. Der Hexer.«
    »Der Hexer!« Ich wusste, dass er die Wahrheit sprach, aber es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich diese Gabe verfluchte. Ich hätte in diesem Moment alles darum gegeben, die Augen verschließen und seine letzten Worte einfach vergessen zu können. Randolph Montague, der Mann, der sich wie ein Vater um mich gekümmert hatte und den ich beinahe wie einen solchen liebte – der Hexer!
    »Es tut mir leid, Robert«, sagte er leise. »Ich hätte es dir gerne auf andere Weise gesagt. Später, nachdem du mich besser kennen gelernt hättest. Aber nicht alles, was man über mich erzählt, ist wahr, das musst du mir glauben.«
    »Aber Sie … Sie …« Ich stockte, senkte verwirrt den Blick und suchte vergeblich nach Worten. Meine Gedanken drehten sich wirr im Kreis. Ich hatte von ihm gehört, so, wie man eben von einem Mann wie ihm hörte, und wenn auch nur ein Zehntel von dem stimmte, was man sich über den Meister der Schwarzen Magie erzählte, dann stand ich einem Teufel in Menschengestalt gegenüber. Andara war ein Verbrecher, ein Mann, dem man ein Dutzend Morde und eine Unzahl anderer Untaten vorgeworfen, aber niemals irgend etwas hatte beweisen können. Es hieß, dass er mit dem Teufel selbst im Bunde sei, und ich kenne eine ganze Menge Leute, die dies allen Ernstes behauptet haben.
    »Sie …«
    »Ich habe dich nicht gerne belogen, Robert«, sagte er sanft. »Aber es musste sein. Ich habe mächtige Feinde, Robert, und ich musste meinen Namen ändern, um ihnen zu entkommen. Aber es hat nicht viel genutzt.«
    »Dann sind Sie wirklich … wirklich ein Hexer?«, fragte ich mühsam.
    Andara blickte mich einen Herzschlag lang ernst an, warf plötzlich den Kopf in den Nacken und begann schallend zu lachen.
    »Ich beherrsche eine Anzahl von Tricks, das stimmt«, sagte er amüsiert. »Und ich habe mein Leben damit verbracht, Dinge zu studieren, die den meisten anderen verborgen bleiben.«
    »Aber all die Dinge, die man Ihnen vorwirft, die …«
    »Sprich es ruhig aus«, sagte er, als ich nicht weitersprach. »Die Verbrechen. Ich habe nichts davon getan, Junge, aber die Menschen haben Angst vor meinen Fähigkeiten. Sie haben Angst vor dem, was ich tue, und Angst und Hass sind nahe Verwandte. Sie betrachten alles als feindselig und böse, was sie nicht verstehen.« Er nickte betrübt. »Es hat lange gedauert, bis ich es begriffen habe, Robert, sehr lange. Aber es war überall das gleiche, wohin ich auch kam. Wenn sie meine Hilfe brauchten, haben sie mich geholt, aber nach einiger Zeit begannen sie mich zu fürchten, schließlich zu hassen. Wenn in einer Stadt, in der ich war, ein Kind starb, wenn eine Frau eine Missgeburt hatte oder die Ernte vom Hagel vernichtet wurde, dann wiesen sie mit dem Finger auf mich und sagten: Das war der Hexer. Zu Anfang habe ich mich dagegen gewehrt, doch nach einer Weile habe ich es aufgegeben.« Er lachte, aber es klang bitter. »Ich hatte gehofft, in Europa meinen Frieden zu finden, aber es sieht so aus, als ob mir mein Fluch folgt, wohin ich auch gehe. Vielleicht kann man seinem Schicksal nicht davonlaufen.«
    Jemand klopfte gegen die Tür. Montague – Andara! – zuckte erschrocken zusammen, verbarg mit einer raschen Bewegung die Kette mit dem goldenen Stern unter seinem Hemd, trat an mir vorbei und schob den Riegel zurück. Auf dem nur unzureichend erhellten Korridor stand ein Matrose. Mannings, wie ich nach wenigen Sekunden erkannte.
    »Der … der Captain schickt mich«, begann er unsicher. »Er möchte Sie sehen, Mister Montague.« Sein Blick wich dem Andaras aus. Er trat nervös auf der Stelle und schien nicht so recht zu wissen, was er mit seinen Händen anfangen sollte. »Er fragt, ob … ob Sie zu ihm aufs Achterdeck hinaufkommen können.«
    »Warum kommt er nicht hierher?«, fragte ich, aber Andara winkte hastig ab.
    »Lass nur, Robert«, sagte er. »Ich muss sowieso hinauf an Deck. Sei so gut und gib mir Mantel und Stock.«
    Ich gehorchte, hängte ihm das dünne schwarze Cape über die Schultern und nahm den schlanken Spazierstock, unter dessen silbernem Knauf sich die Klinge des Degens verbarg, den ich selbst schon an der Kehle gefühlt hatte – aus dem Koffereinsatz. Ohne ein weiteres Wort folgten wir Mannings an Deck.
    Bannermann erwartete uns bereits ungeduldig. Er hatte seinen schweren Wollmantel gegen eine schwarze Öljacke getauscht, die ihm zwar kaum Schutz vor der Kälte bot, in der er sich aber

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