Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 02: Als der Meister starb

Hexer-Edition 02: Als der Meister starb

Titel: Hexer-Edition 02: Als der Meister starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Hinterkopf auf und griff blindlings um mich. Für einen Moment drohte ich das Bewusstsein zu verlieren. Eine unsichtbare Riesenfaust packte mich, presste mich mit gnadenloser Kraft gegen das Deck und trieb mir die Luft aus den Lungen. Ich versuchte zu schreien, bekam den Mund voll Wasser und schluckte instinktiv. Die LADY OF THE MIST stöhnte wie unter Schmerzen. Irgendwo splitterte Holz, und durch den blutigen Schleier vor meinen Augen sah ich, wie das Boot, das bereits außerhalb des Schiffes an seinen Ketten hing, mit gnadenloser Kraft angehoben und gegen die Reling geschmettert wurde. Das armdicke Holz zersplitterte wie ein Span. Die Männer im Innern des Bootes wurden wie Spielzeugfiguren durcheinandergeschleudert; einer schrie auf, ruderte hilflos mit den Armen und kippte in einer grotesk langsamen Bewegung über Bord. Mit einem lautlosen Schrei versank er in den kochenden Fluten, um nie wieder aufzutauchen.
    Ich hustete, spuckte Salzwasser und bittere Galle aus und versuchte, mich auf Händen und Knien hochzustemmen. Das Schiff legte sich in einer schwerfälligen Bewegung auf die Seite, krängte einen Moment bedrohlich über und richtete sich zitternd und stöhnend wieder auf. Die Erschütterung schmetterte mich abermals zu Boden. Hoch oben im Wald der Masten zerbrach etwas. Holz, Segeltuch und Tauwerk regneten wenige Meter hinter mir auf das Deck herab, als ich mich zum zweiten Mal hochstemmte.
    Aber das Chaos war noch nicht vorüber.
    Im Gegenteil. Es begann erst.
    Zum zweiten Mal brach das Meer auf, unmittelbar unter und neben dem Boot, das über der zersplitterten Reling schaukelte. Ein halbes Dutzend unterarmstarker, peitschender Tentakeln zuckte aus dem schaumigen Wasser, richteten sich wie ein zitternder Wald schleimig-grüner Schlangen auf und tasteten mit blinden, suchenden Bewegungen umher.
    Die Männer im Boot begannen zu schreien. Die grünen Schuppenarme näherten sich der winzigen Pinasse, fuhren mit kratzenden, schabenden Geräuschen über das Holz und tasteten nach seinen Insassen. Einer von ihnen stemmte sich hoch, schlug mit einer verzweifelten Bewegung den Tentakel, der sich um seine Beine schlingen wollte, beiseite, und versuchte mit einem Sprung das Schiff zu erreichen, aber der furchtbare Angreifer war schneller. Ein zweiter Fangarm zuckte vor, packte den Mann mitten im Sprung und riss ihn mit einer brutalen Bewegung zurück. Wie eine angreifende Schlange wickelte er sich um seinen Leib und zog ihn dann unter Wasser. Das Meer kochte dort, wo er versunken war, und die Blasen, die sprudelnd an die Oberfläche brachen, waren plötzlich rosa.
    Die Tentakel hatten sich wie eine gewaltige, vielfingrige Hand um das Boot geschlossen, ein kriechender, lebender Käfig, der die Pinasse und die Männer, die in ihr gefangen waren, gepackt hielt und langsam, aber mit ungeheurer Kraft, zudrückte. Ich sah, dass sich die grünen Schuppen an zahllosen Stellen geteilt hatten. Darunter kamen dünnlippige, mit rasiermesserscharfen Zähnen versehene Haifischmäuler zum Vorschein.
    Ein Schuss krachte. Das Geräusch ließ mich herumfahren. Die ganze, schreckliche Szene hatte sich in weniger als einer Sekunde abgespielt, aber ich hatte das Gefühl, dem Toben des Monsters seit Stunden zuzusehen. Meine Arme und Beine schienen sich ohne mein Zutun zu bewegen. Ich stand auf, torkelte rückwärts davon und prallte gegen den Mast, unfähig, den Blick von dem furchtbaren Bild zu wenden. Das Boot begann unter dem Druck der Fangarme zu zerbrechen.
    Wieder peitschte ein Schuss. Ich sah, wie die Kugel einen der Fangarme traf und ein faustgroßes Loch in die grünen Schuppen riss. Aber die Wunde schloss sich fast ebenso schnell, wie sie entstanden war.
    Eine Hand ergriff mich an der Schulter, riss mich herum und versetzte mir einen Stoß, der mich meterweit zurücktaumeln und zum dritten Mal zu Boden gehen ließ. Dort, wo ich gerade gestanden hatte, klatschte ein weiterer Fangarm gegen den Mast, glitt zu Boden und zog sich, zitternd hierhin und dorthin, tastend wie eine blinde suchende Schlange, wieder zurück. Wieder krachten Schüsse. Der Tentakel erzitterte unter einem halben Dutzend Einschlägen, und plötzlich markierte eine Spur dickflüssigen schwarzen Blutes den Weg, den er zurückkroch. Aber wie beim ersten Mal schlossen sich die Wunden so schnell, wie sie entstanden. Die Bewegungen des Ungeheuers wurden nicht einmal langsamer.
    Ein Matrose sprang mit einem gellenden Schrei an mir vorüber, blieb mit gespreizten

Weitere Kostenlose Bücher