Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
fertig war und eine zweite Decke über meine Schultern geworfen hatte. Nicht, dass es half. Im Gegenteil. Ich hatte das Gefühl von innen heraus zu erstarren. Zudem bockte und zitterte das Boot so heftig unter meinen Füßen, dass mir langsam, aber unbarmherzig übel wurde.
    »Reib dich richtig trocken«, sagte Howard. »Die Nacht wird verdammt kalt.«
    »Ach?«, machte ich. Seine Worte weckten einen Zorn in mir, den ich mir im ersten Moment selbst nicht erklären konnte. »Dann sag mir bitte, warum wir auf diesem Kahn schlafen müssen, statt in einem geheizten Hotelzimmer.«
    Howard setzte zu einer Antwort an, schüttelte aber dann bloß den Kopf und seufzte leise, und auch ich zwang mich gewaltsam zur Ruhe. Ich war gereizt; es hatte wenig Sinn, wenn ich mit Gewalt einen Streit vom Zaun brach. Zudem einen Streit, bei dem ich ohnehin den Kürzeren ziehen würde.
    »Rowlf macht uns einen Grog«, sagte Howard nach einer Weile. »Er wird dir gut tun. Wie fühlst du dich?«
    »Phantastisch«, antwortete ich, aber Howard ignorierte den beißenden Spott in meiner Stimme, nahm einen weiteren Zug aus seiner Zigarre und sah mich wieder mit dieser sonderbaren Mischung aus Sorge und Erleichterung an, mit der er mich schon im Haus von Miss Winden betrachtet hatte.
    »Wirklich?«, fragte er.
    »Es geht mir gut«, knurrte ich. »Außer, dass ich friere wie ein Schneider und dass mir gleich schlecht wird. Was soll die Fragerei?«
    »Du weißt es wirklich nicht?«, fragte Howard.
    »Ich weiß überhaupt nichts«, antwortete ich scharf. »Aber ich habe das Gefühl, dass es allmählich Zeit für ein paar Antworten wird. Was war mit dem Mädchen los? Und wieso konnte ich ihr helfen?«
    »Es war genauso, wie ich es Miss Winden gesagt habe«, antwortete Howard ernst. »Ihre Tochter war besessen. Und ich fürchte, die anderen Kranken, von denen Sean gesprochen hat, sind es auch.«
    »Besessen?« Ich starrte ihn an, aber die spöttische Antwort, die mir auf der Zunge lag, kam nicht, und das Lachen, mit dem ich weitersprach, klang selbst in meinen eigenen Ohren unecht. »Erzähl mir nicht, dass sie von irgendwelchen Dämonen besessen sind, die ihr Unwesen treiben!«
    Howard blieb ernst. »Dämonen?«, wiederholte er, schüttelte den Kopf und nickte gleich darauf. »Vielleicht könnte man es wirklich so nennen. Du hast nichts gespürt, als du sie berührt hast?«
    Seine Worte ließen mich zusammenfahren. Ich hatte es bisher krampfhaft vermieden, an die bizarren Bilder und Visionen zu denken, die ich gehabt hatte – oder vielleicht auch nur gehabt zu haben glaubte. Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich dies alles wirklich erlebt hatte. Ich war nicht einmal mehr sicher, ob ich überhaupt irgendetwas erlebt hatte. Aber ich ahnte, worauf Howard hinauswollte. Und die Vorstellung erschreckte mich.
    »Du … du meinst, es wäre ein GROSSER ALTER gewesen?«, fragte ich.
    »Vielleicht«, antwortete Howard. »Ich habe gehofft von dir eine Antwort darauf zu bekommen. Was hast du gespürt?«
    »Gespürt?« Ich schluckte. Ein bitterer Geschmack breitete sich auf meiner Zunge aus. Ich versuchte mich zu erinnern, aber irgendetwas in mir sträubte sich mit aller Macht dagegen. »Ich … bin mir nicht sicher«, sagte ich. »Aber es war keiner von ihnen.«
    Howard sog an seiner Zigarre. Seine Augen schlossen sich, und einen kurzen Moment lang erkannte ich fast so etwas wie Enttäuschung auf seinen Zügen.
    »Es war etwas von ihnen«, fuhr ich stockend und jedes Wort sorgsam überlegend fort. »Aber kein …« Ich stockte, suchte einen Moment nach Worten und schüttelte seufzend den Kopf.
    »Ich kann es nicht beschreiben«, sagte ich. »Ich weiß nicht, was es war. Ich … ich spürte eine Art Hass, aber es war noch mehr.« Ich schwieg einen Moment und zwang mich an die Augenblicke zurückzudenken, in denen ich wirklich einen Teil eines GROSSEN ALTEN in mir gefühlt hatte. Allein der Gedanke bereitete nur beinahe körperliche Übelkeit. Ich vertrieb ihn. »Es war nicht der Geist eines lebenden Wesens«, sagte ich. »Es waren … eine Art Visionen.«
    »Visionen?«
    Ich nickte. »Ich … ich glaube, ich habe eine Art … Landschaft gesehen«, murmelte ich. Selbst jetzt fiel es mir unendlich schwer mich zu erinnern. Die Bilder schienen mir immer wieder zu entschlüpfen, im gleichen Moment, in dem ich nach ihnen greifen wollte. Selbst das Reden darüber fiel mir schwer.
    »Eine Landschaft«, wiederholte Howard. Er gab sich redliche Mühe unbeteiligt und ruhig zu

Weitere Kostenlose Bücher