Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit
an Sean. »Vielen Dank für die Hilfe.«
Sean winkte ab. »Schon in Ordnung«, sagte er. »Ich hatte selbst Mühe sie zu halten.« Er schüttelte den Kopf, seufzte und trat einen Schritt zurück, als sich Howard vom Bett erhob und rasch und warnend die Finger auf die Lippen legte. Lautlos zogen wir uns zurück, soweit es in der Enge des Zimmers möglich war.
Howard blickte mich ernst und auf sonderbare Weise abschätzend an. »Alles in Ordnung mit dir?«
Ich nickte, obwohl ich nicht sicher war. Körperlich fühlte ich mich beinahe unversehrt, aber innerlich fühlte ich mich noch immer ausgelaugt und leer. »Was … was war das?«, murmelte ich.
Howard machte eine hastige Geste leiser zu sprechen, und deutete auf Miss Winden. Aber ich wusste, dass die Geste gleichzeitig Sean galt; wahrscheinlich hatte er ohnehin mehr gesehen, als gut war.
»Ich weiß es nicht«, log er. »Aber ich glaube wenigstens, dass es vorbei ist.«
»Sie glauben?«, fragte Sean betont.
»Ich bin überzeugt«, verbesserte sich Howard. »Was jetzt noch zu tun ist, ist Sache eines Arztes.« Er lächelte, ein wenig nervös und fast zuversichtlich, und wandte sich rasch um, ehe Sean Gelegenheit hatte weitere Fragen zu stellen.
»Miss Winden?«, fragte er leise.
Die dunkelhaarige Frau sah auf, beugte sich noch einmal über ihre Tochter und kam dann, langsam und mit deutlicherem Zögern, als ich mir eigentlich erklären konnte, zu uns herüber. Sie wirkte jetzt wieder gefasst, nur in ihren Augen stand noch immer diese seltsame Mischung aus Verzweiflung und Furcht.
»Wie geht es Ihrer Tochter?«, fragte Howard.
»Sie … schläft«, antwortete Miss Winden. »Das Fieber ist weg. Wird sie … wird sie wieder ganz gesund werden?« Während der ganzen Zeit wanderte ihr Blick unstet zwischen Howard und mir hin und her; ich sah, wie schwer es ihr fiel nicht ununterbrochen mein Gesicht und die weiße Haarsträhne über meiner rechten Braue anzustarren.
»Ja«, antwortete Howard, Seans warnenden Blick missachtend. »Aber sie braucht jetzt gute ärztliche Pflege und die beste Medizin, die sie bekommen kann.« Er lächelte, griff in seine Weste und nahm ein Bündel zusammengerollter Geldscheine hervor. Sorgfältig zählte er vier Zwanzig-Pfund-Noten ab, legte sie auf den Tisch und machte eine rasche, entschiedene Geste, als Miss Winden protestieren wollte.
»Nehmen Sie das Geld«, sagte er bestimmt, »und bezahlen Sie den Arzt damit. Und von dem Rest kaufen Sie gutes Essen und ein paar warme Kleider für Sally. Das braucht sie jetzt.«
Miss Winden starrte ihn an, mit dem ungläubigen, halb verlegenen Blick, den man in Situationen wie dieser erwartete; aber sie sah auch immer wieder zu mir herüber.
Und ich spürte ihre Furcht. Es war absurd: Howard und ich hatten ihrer Tochter wahrscheinlich das Leben gerettet, aber alles, was ich in ihrem Blick las, war Angst.
»Wir müssen gehen«, sagte Howard plötzlich. »Nehmen Sie das Geld und bezahlen Sie den Arzt davon, Miss Winden.«
Die dunkelhaarige Frau griff zögernd nach den Banknoten, berührte sie jedoch nicht, sondern zog die Hand im letzten Augenblick mit einer fast angstvollen Bewegung wieder zurück. »Warum … warum tun Sie das?«, fragte sie.
Howard lächelte. »Weil mir Ihre Tochter Leid tut, Miss Winden«, antwortete er. »Und weil ich gerne helfe, wenn es mir möglich ist.« Er wurde ernst. »Noch etwas. Ich habe eine Bitte.«
»Verlangen Sie, was Sie wollen«, sagte Miss Winden. »Ich werde alles tun, was …«
Howard unterbrach sie mit einem geduldigen Kopfschütteln. »Das ist es nicht. Ich möchte nur, dass Sie nur versprechen, keinem Menschen ein Wort über das zu erzählen, was gerade geschehen ist. Niemandem. Auch dem Arzt nicht. Versprechen Sie mir das?«
Wieder irrte ihr Blick unstet zwischen mir und Howard hin und her, ehe sie endlich, nach spürbarem Zögern und mit sichtlicher Überwindung, nickte. »Ich … verspreche es«, sagte sie stockend. »Die Hauptsache ist, dass Sally gesund wird. Das wird sie doch, oder?«
»Sie wird es«, nickte Howard. »Aber sie braucht Ihre ganze Hilfe. Arbeiten Sie?«
Sie nickte.
»Dann nehmen Sie sich eine Woche frei«, sagte Howard bestimmt. »Ich werde mit Sean in Kontakt bleiben. Wenn Sie mehr Geld brauchen, lassen Sie es mich wissen. Sie dürfen Sally auf keinen Fall allein lassen, keinen Augenblick.«
Seine Worte verstörten Sallys Mutter vollends, aber irgendwie schien sie zu spüren, wie ernst er es meinte, und widersprach
Weitere Kostenlose Bücher