Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit
brüllende Feuersäule aus dem Boden, hüllte Tremayns Körper ein und verschlang ihn.
Ich spürte kaum, wie mich die Druckwelle erreichte und zu Boden schleuderte. Ich fiel, rollte haltlos über den Boden und kam mit einem schmerzhaften Schlag zur Ruhe. Meine Hand umklammerte noch immer das Buch. Howard schrie irgendetwas, das ich nicht verstand, und plötzlich waren überall Flammen und Rauch. Dort, wo die Feuersäule das Dach berührt hatte, gähnte eine gewaltige, gezackte Öffnung, aus deren Ränder Flammen schlugen. Die morschen Balken brannten wie Zunder und das Feuer breitete sich mit unheimlicher Geschwindigkeit aus, viel schneller, als es eigentlich möglich war. Ich hustete, stemmte mich mühsam auf Händen und Knien hoch und hielt nach Howard und Rowlf Ausschau. Ihre Gestalten waren nur als flackernde dunkle Schemen hinter der Wand aus Flammen zu erkennen, die das Zimmer in zwei ungleichmäßige Hälften teilte. Die Hitze wurde unerträglich.
»Robert!«, schrie Howard. »Spring! Um Gottes willen, spring! Das ganze Haus fängt Feuer!«
Ich stand auf, machte einen Schritt auf die Flammenwand zu – und prallte abermals zurück. Die Hitze war unvorstellbar. Meine Kleider begannen zu schwelen und mein Gesicht schmerzte, als stünde es bereits in Flammen. Aber ich hatte keine Wahl. Die Feuerwand bewegte sich rasend schnell auf mich zu; in wenigen Sekunden würde das ganze Zimmer ein einziges Flammenmeer sein und ich würde verbrennen.
Ich atmete ein, so tief ich konnte, hob das Buch schützend vor das Gesicht – und stieß mich mit aller Kraft ab.
Es dauerte weniger als eine Sekunde, aber mir kam es vor wie Jahre. Die Flammen hüllten meinen Körper ein und verwandelten meine Kleider in schwelende schwarze Fetzen. Ein Schmerz explodierte in meinem Körper, und in meinen Lungen schien plötzlich weißglühende Lava zu sein. Ich fiel, schlug mit der Stirn gegen die steinharte Kante des Buches und kämpfte mich keuchend auf Händen und Knien hoch, ehe mich Rowlf erreichte und auf die Füße riss und auf den Ausgang zustieß. Auch in diesem Teil des Zimmers tobten bereits die Flammen und die Luft war so heiß, dass ich gequält aufschrie, als ich zu atmen versuchte.
Als wir aus dem Zimmer taumelten, blickte ich noch einmal über die Schulter zurück. Und genau in diesem Moment schlugen die Flammen über der Stelle zusammen, an der ich gerade noch gestanden hatte. Das Brüllen der feurigen Explosion klang wie ein dämonischer Wutschrei.
Das Haus brannte wie ein gewaltiger Scheiterhaufen, als wir auf die Straße hinausliefen. Die Hitze war uns wie eine unsichtbare glühende Pranke gefolgt, während wir die morschen Holztreppen hinunterrannten, und die Flammen hatten mit der gleichen, unheimlichen Geschwindigkeit in dem morschen Gebälk um sich gegriffen, in dem sie sich bereits in Tremayns Zimmer ausgebreitet hatten. Howard, Rowlf und ich hatten gegen alle Türen geschlagen und lauthals »Feuer!« geschrien, um die Bewohner zu warnen, aber auf der Straße vor dem Haus drängelten sich bereits fast ein Dutzend Menschen, zum Teil noch in Nachthemden oder nur mit hastig übergestreiften Hosen oder Mänteln bekleidet. Trotzdem hatten wir uns auf dem letzten Dutzend Schritte fast mit Gewalt weiterkämpfen müssen und es war das erste Mal, dass ich wirklich erlebte, was das Wort »Panik« bedeutete.
Die Straße war nicht mehr leer. Aus allen Richtungen kamen Menschen herbeigerannt und das unheimliche Schweigen, das uns auf dem Weg hierher begleitet hatte, war dem Rufen und Gellen zahlloser durcheinanderschreiender Stimmen gewichen.
Ich sah mich um, während wir, angeführt von Rowlf, der seine gewaltigen Körperkräfte einsetzte, um uns einen Weg durch die immer dichter werdende Menge zu bahnen, über die Straße liefen. Das Haus war nicht mehr zu retten. Aus dem geborstenen Dachstuhl schlugen zehn Meter hohe Stichflammen. Schwarzer, fettiger Rauch quoll aus den geschwärzten Fenstern des Dachgeschosses und Millionen winziger rotglühender Funken regneten wie feurige Käfer auf die Straße und die benachbarten Häuser herab. Wenn nicht im letzten Moment ein Wunder geschah, würde das Feuer auf die angrenzenden Gebäude übergreifen und vielleicht den ganzen Straßenzug in Schutt und Asche legen.
Sean erwartete uns auf dem gegenüberliegenden Gehsteig. Seine Augen waren vor Schrecken geweitet. »Was ist geschehen?«, fragte er. »Ich … ich sah eine Explosion, und …«
»Jetzt nicht!«, unterbrach ihn
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