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Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ein Nest sich windender, ineinander verschlungener Schlangen, die …
    Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag ins Gesicht.
    Ich hatte ein Wesen wie dieses schon einmal gesehen, und es war nicht einmal lange her.
    Der Schatten vor mir war der Schatten eines GROSSEN ALTEN! Und es war gleichzeitig mein Schatten, der Umriss meines Körpers, der von den zuckenden Flammen im Kamin auf die Wand geworfen wurde! Das Ding, das ich getötet zu haben glaubte, dachte ich entsetzt. Das Monstrum, dem ich meinen Degen durch den Leib gerannt und dessen Tod ich mit eigenen Augen gesehen zu haben glaubte.
    Es war nicht tot!
    Es lebte.
    Es existierte weiter, auf widernatürliche, unheimliche Weise, lebte weiter und verfolgte weiter seine finsteren Pläne – in MIR ! Das waren die Alpträume gewesen, die mich gequält hatten, die furchtbaren Visionen, die Bilder, die ich mir nicht erklären konnte. Die Bestie war tot, aber etwas von ihr war in meinen Körper gedrungen, als sie mich verletzt hatte, ein tödlicher, mörderischer Keim, der tief in mir heranwuchs und stärker wurde. Und Howard hatte es gewusst.
    Ich schrie auf, taumelte wie unter einem Hieb zurück, prallte gegen den Bettpfosten und verlor das Gleichgewicht. Der Schatten an der Wand vollzog die Bewegung gehorsam mit, aber er tat noch mehr, kippte nicht nur zur Seite und zu Boden, sondern bewegte sich gleichzeitig auf mich zu, peitschende Tentakel in meine Richtung streckend und mit rauchigen Schattenarmen nach meinen Beinen greifend. Das Zimmer war plötzlich von einem bestialischen Gestank erfüllt, Leichengeruch, aber auch noch etwas anderes, Fremdes und unbeschreiblich Ekelhaftes. Ich schrie, kreischte wie ein Wahnsinniger und kroch rücklings über den Boden davon, aber der Schatten folgte mir wie eine lautlose Woge aus Finsternis und seine zuckenden Arme kamen näher, unbarmherzig näher. Panik kroch in mir hoch. Ich begann mit den Beinen zu strampeln und nach dem Schatten zu treten, versuchte mich herumzuwerfen und kroch weiter zurück. Aber der Schatten folgte mir, ganz egal, was ich tat. Es war mein Schatten. Und niemand kann seinem eigenen Schatten entkommen.
    Die peitschenden Schlangenarme kamen näher, bewegten sich lautlos und gleitend über den Boden auf meine Beine zu, verharrten einen Moment, als würden sie überlegen, und krochen dann weiter. Ich schrie.
    Jemand begann gegen die Tür zu schlagen. »Was ist denn los da drinnen?«, polterte eine Stimme. »Machen Sie auf! Dieser Lärm geht zu weit!«
    Ich schrie wieder, warf mich zur Seite und rollte bis dicht vor die Tür, aber wieder vollzog der Schatten die Bewegung gehorsam mit. Er kam nicht näher, aber die schleichenden Tentakelarme fielen auch nicht zurück, sondern verharrten eine Handbreit neben meinem Körper, als wollten sie mich verspotten.
    Die Tür wurde mit einem Ruck aufgerissen. Das zorngerötete Fuchsgesicht des Portiers erschien unter der Öffnung.
    Und der Schatten verschwand.
    Plötzlich, von einem Lidzucken auf das andere, war der Schatten neben mir wieder mein eigener Schatten, der Schatten eines ganz normalen Menschen, und auch der Pesthauch der Bestie war fort.
    Der Portier riss die Tür vollends auf, trat herausfordernd auf mich zu und funkelte mich mit einer Mischung aus gerechtem Zorn und einer ganz kleinen Spur von Angst an. »Was zum Teufel geht hier vor?«, fragte er. »Was bilden Sie sich ein hier herumzuschreien? Sie brüllen ja, dass man Sie bis zur Küste hören kann!«
    Ich wollte antworten, aber ich konnte nicht. Mein Herz jagte und mein Atem ging so schnell, dass ich nur ein unartikuliertes Keuchen hervorbekam. Mühsam, mit zitternden Händen, stemmte ich mich hoch, blieb einen Moment auf Händen und Knien hocken und stand dann ganz auf. Ich taumelte. Für einen Moment begann sich das Zimmer wie wild vor meinen Augen zu drehen, dann bekam ich den Bettpfosten zu fassen und klammerte mich mit dem bisschen Kraft, das mir noch verblieben war, fest.
    »Nun?«, fragte der Portier scharf. Seine Stimme klang erregt, aber ich registrierte auch die schwache Spur von Furcht, die darin mitschwang. Wahrscheinlich hielt er mich für verrückt.
    »Es war … nichts«, sagte ich mühsam. »Ich … ich hatte …«
    »Wieder einen von diesen Anfällen, wie?«, fragte das Fuchsgesicht. Ich nickte. Die Erklärung war besser als alles, was mir im Augenblick eingefallen wäre.
    »Und Ihr Onkel lässt Sie einfach so allein, wie?«, fuhr er, durch mein Schweigen offensichtlich mutiger geworden,

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