Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Ordnung, Robert«, sagte er. »Ich erkläre es dir – alles. Aber nicht sofort. Rowlf und ich müssen noch einmal zum Hafen hinunter, aber wir sind in einer halben Stunde wieder hier. Danach haben wir Zeit. Können wir dich so lange allein lassen?«
    »Ich denke schon«, sagte ich. In Wirklichkeit zitterte ich innerlich bei dem Gedanken, allein in diesem verhexten Zimmer zu bleiben. Aber irgendetwas sagte mir auch, dass ich sicher war, jedenfalls im Moment.
    Howard blickte mich noch einen Augenblick abschätzend an. »Wirklich?«
    »Wirklich«, bestätigte ich. »Ich fühle mich schon besser. Und ich verspreche dir auch, ein braver Junge zu sein und nicht wegzulaufen, Onkel.«
    Howard grinste. »Also gut. Wir beeilen uns. Komm, Rowlf.« Er ging, so schnell, dass ich nicht einmal Gelegenheit hatte, noch irgendetwas zu sagen oder zu fragen. Die Art seines Weggehens erinnerte mich auf bedrückende Weise an eine Flucht …
    Ich vertrieb den Gedanken, schlug die Bettdecke zurück und setzte mich vorsichtig auf. Nach dem Gefühl der Schwäche, das ich vorhin verspürt hatte, fühlte ich mich jetzt ebenso plötzlich wieder wohl und kräftig und fast bedauerte ich mein Versprechen, das Hotel nicht zu verlassen, schon wieder.
    Nun, ich hatte nicht versprochen, das Zimmer nicht zu verlassen. Immerhin konnte ich hinuntergehen und im Salon einen guten Schluck trinken; etwas, das ich schon seit einer Woche schmerzhaft vermisste. Voller plötzlich neu erwachtem Tatendurst setzte ich mich auf, bückte mich nach meiner Hose und … erstarrte.
    Mein Blick fiel auf die gegenüberliegende Wand. Zwei, drei Sekunden lang starrte ich die weiße Tapete an, dann fuhr ich mit einem nur halb unterdrückten Schrei herum. Aber das Zimmer hinter mir war leer. Im Kamin brannte noch immer das Feuer und verbreitete wohlige Wärme und Licht.
    Langsam, mit rasendem Herzen und zitternden Händen, drehte ich mich wieder herum und starrte wieder die Wand an. Es gab keinen Zweifel – der Schatten darauf war mein Schatten, hervorgerufen durch die tanzenden Flammen im Kamin, an den Rändern zerfasert und überlebensgroß. Er sprang im Spiel der Flammen hin und her und war in ständiger Bewegung, als wäre er von eigenem Leben erfüllt, und es war eindeutig mein Schatten. Bloß – es war nicht der Schatten eines Menschen …
     
    Es war noch früh und im Black Sheep herrschte kaum Betrieb; die meisten Stammgäste würden erst gegen Abend kommen, wenn die Arbeit vorbei war, die Fischerboote wieder in den Hafen eingelaufen und die Bauern von den Feldern gekommen waren. An der langen, von zahllosen Brandflecken und Ringen verunstalteten Theke saßen nur zwei einsame Gäste, zwei andere hockten an einem kleinen Tisch unter dem einzigen, Dreck verkrusteten Fenster des Lokals und spielten Schach. Trotzdem roch die Luft nach kaltem Rauch und Bier und der Wirt vor seinen Spiegeln und Flaschenregalen sah schon jetzt genauso übermüdet und missgelaunt aus wie am späten Abend.
    »Warte hier«, sagte Bensen leise. Er ließ Norris’ Arm los, ging zur Theke und winkte den Wirt. Der Mann setzte übertrieben umständlich das Glas ab, an dem er lustlos herumpoliert hatte, warf das Spültuch in die Wasserschüssel und rieb sich die Hände an seiner schmuddeligen Schürze trocken, ehe er sich gemächlich in Bewegung setzte.
    »Bensen«, knurrte er. »Was treibt dich her? Willst du deine Schulden bezahlen?«
    »Morgen«, erwiderte Bensen automatisch. »Ich verspreche es, Hal.« Er sah sich mit übertriebener Gestik im Raum um. Die beiden Schachspieler waren weiter in ihr Spiel vertieft und nahmen offensichtlich von nichts Notiz, was rings um sie herum vorging, aber die beiden anderen Zecher an der Theke hatten ihr Gespräch unterbrochen und sahen mit unverholener Neugier zu ihm und Norris hinüber. »Ist das Hinterzimmer frei?«, fragte er.
    Hal nickte automatisch. »Sicher. Aber …«
    »Dann bring uns zwei Bier dorthin«, unterbrach ihn Bensen. »Und pass ein bisschen auf, dass uns keiner stört.«
    »Sonst nichts?«, knurrte Hal unfreundlich. »Die beiden Ale darf ich doch sicher wie gewöhnlich anschreiben, oder?«
    »Du bekommst dein Geld, Hal«, antwortete Bensen ungeduldig. »Morgen Abend. Spätestens.«
    Hal schien noch etwas sagen zu wollen. Aber dann seufzte er nur, drehte sich um und nahm wortlos zwei Halbliter-Gläser vom Regal, drehte den Zapfhahn um und ließ dunkles Ale in eines der Gläser laufen. Bensen lächelte kurz und gab Norris einen Wink. Rasch,

Weitere Kostenlose Bücher