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Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fort. Ärgerlich trat er auf mich zu, stemmte die Fäuste in die Hüften und starrte mich an. »Junger Mann, wenn Sie krank sind, dann gehen Sie zu einem Arzt. Dieses Hotel ist kein Krankenhaus, und das habe ich Ihrem Onkel auch schon gesagt.«
    »Es … es wird nicht wieder … nicht wieder vorkommen«, murmelte ich. Mir war noch immer schwindelig. Meine Glieder fühlten sich seltsam leicht und kraftlos an. Was immer gerade geschehen war, es hatte mich total erschöpft.
    »Sie können sich sogar darauf verlassen, dass es nicht wieder vorkommt«, knurrte das Fuchsgesicht. Wie viele Menschen, die im Grunde ihres Herzens feige sind, neigte er dazu den Bogen zu überspannen, wenn er einmal auf Widerstand stieß, den er brechen zu können glaubte. »Sie werden nämlich ausziehen, und zwar auf der Stelle. Wir haben noch andere Gäste, und dieses Haus ist …«
    »Kein Irrenhaus?« Ich sah auf und blickte ihm einen Moment lang in die Augen. Der zornige Ausdruck in seinem Blick zerbrach.
    »Das … das habe ich nicht gemeint«, sagte er hastig. »Ich meine nur …«
    »Schon gut.« Ich winkte ab, ließ vorsichtig den Bettpfosten los, an dem ich Halt gesucht hatte, und ging schwankend um das Bett herum. »Sie haben ja recht«, murmelte ich. »Ich gehe. Auf der Stelle.«
    Ich hatte kaum die Kraft, mich nach meinen Kleidern zu bücken, und als ich in die Hose zu schlüpfen versuchte, wurde mir schon wieder schwindelig. Aber diesmal kämpfte ich das Gefühl mit aller Macht nieder. Ich musste aus diesem Zimmer heraus. Sofort.
    »So war das auch nicht gemeint«, sagte der Portier kleinlaut. »Sie können ruhig bleiben, bis …«
    »Ich gehe«, beharrte ich. »Bitte warten Sie, bis ich mich angezogen habe. Ich … ich werde Ihnen keine weiteren Schwierigkeiten bereiten.« Mit zitternden Fingern stopfte ich mein Nachthemd unter den Hosenbund, griff nach der Weste und streifte sie ungeschickt über. Mein Blick fiel immer wieder auf die gegenüberliegende Wand. Aber der Schatten daran war ein normaler, menschlicher Schatten.
    »Vielleicht sollte ich einen Arzt rufen«, sagte der Portier. Plötzlich schien er es furchtbar eilig zu haben, das Zimmer zu verlassen. Ich konnte es ihm nicht einmal verdenken. Wer war schon gerne in der Gesellschaft eines Verrückten?
    »Bitte bleiben Sie«, sagte ich. »Ich bin gleich soweit.«
    »Aber ich habe noch zu tun, und Sie können wirklich …«
    »Verdammt noch mal, Sie sollen hierbleiben!!«, brüllte ich. Das Fuchsgesicht prallte erschrocken zurück und schluckte ein paarmal, blieb aber gehorsam stehen. Sein Blick wanderte durch den Raum, als hielte er nach einer Waffe Ausschau, mit der er sich im Notfall wehren konnte, sollte ich vollends tobsüchtig werden.
    So rasch ich konnte – sehr rasch war es nicht, denn meine Hände zitterten noch immer so stark, dass ich kaum die Schnürbänder an meinen Schuhen zubekam – zog ich mich zu Ende an, nahm Hut und Stock vom Tisch und wandte mich zur Tür. Der Blick des Portiers saugte sich für einen Moment an meinem Gesicht fest. Dem Ausdruck in seinen Augen nach zu schließen, musste ich fürchterlich aussehen. Lautlos trat er zur Seite, um mir Platz zu machen. Ich ging zur Tür, blieb aber noch einmal stehen und spähte auf den Flur hinaus. Der Gang war lang und dunkel und es gab nur ein einziges Fenster, dessen Licht nicht bis zur Treppe fiel. Keine Schatten, dachte ich. Gut. Solange ich nicht direkt ins Sonnenlicht, vor ein Feuer oder eine Lampe trat, war ich in Sicherheit.
    Vielleicht.
    »Sie … Sie wollen wirklich gehen?«, fragte der Portier hinter mir.
    Ich drehte mich nicht um, sondern nickte nur. »Ja. Wenn mein … Onkel zurückkommt, dann sagen Sie ihm, dass ich ihn am Hafen erwarte. Heute Abend, nach Sonnenuntergang.«
    Wenn ich bis dahin noch lebte, fügte ich in Gedanken hinzu. Und wenn ich noch ich war.
     
    Der Weg war auf den letzten anderthalb Meilen beständig schlechter geworden und Bensen hatte immer öfter die Peitsche zu Hilfe nehmen müssen, um die beiden Pferde überhaupt zum Weitergehen zu bewegen. Aber jetzt würde ihm nicht einmal mehr die Peitsche helfen. Das Fuhrwerk saß fest, bis fast an die Achsen in Schlamm und Morast eingesunken. Er würde ein halbes Dutzend Ochsen brauchen, um den Wagen wieder flott zu bekommen.
    Bensen ließ mit einem zornigen Laut die Zügel sinken, richtete sich auf dem schmalen Bock auf und trat nach hinten, auf die Ladefläche des Wagens. Norris lag zusammengekrümmt zwischen leeren Säcken und

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