Hexer-Edition 04: Tage des Wahnsinns
Schrotflinte in den Händen.
»Lon!«, keuchte er. »Bist du in Ordnung?« Hinter ihm stürmten weitere Männer ins Haus: zwei, drei, schließlich sahen wir uns insgesamt fünf bewaffneten und – allem Anschein nach – zu allem entschlossenen Männern gegenüber. Drei von ihnen waren mit Gewehren bewaffnet, der vierte trug eine Pistole und der letzte ein rostiges Brecheisen, das er wie eine Keule schwang. Die Mündungen der Gewehre waren ausnahmslos auf mich und Howard gerichtet. Ich sah, wie sich Howards Hand der Tasche näherte, in der er seinen Revolver hatte, und hielt seine Finger mit einer erschrockenen Bewegung fest.
»Ich bin in Ordnung«, antwortete McMudock. Er stand auf, hob in einer beruhigenden Geste die Hände und deutete auf Howard und mich.
»Nimm das Gewehr runter, Brennan«, sagte er. »Sie wehren sich nicht.«
Brennan – jetzt, als ich seinen Namen hörte, erkannte ich ihn auch wieder – kam einen Schritt näher und sah sich kampflustig um. Der doppelte Lauf der Schrotflinte deutete noch immer auf mein Gesicht. Und seine Finger spannten sich so fest um den Abzug, dass die Knöchel weiß hervortraten.
Mit einer abgehackt wirkenden Kopfbewegung deutete er auf Howard. Die Wunde an seinem Hals blutete schon weniger stark und würde wahrscheinlich in ein paar Minuten ganz aufhören, aber sein Kopf und seine Schultern lagen in einer gewaltigen, rotglitzernden Lache. »Was ist mit ihm?«, fragte er. »Tot?«
»Nein, du Blödmann«, antwortete McMudock. »Gott sei Dank kannst du immer noch nicht richtig schießen. Und jetzt nimm das Gewehr herunter, ja?«
Brennan schien im ersten Moment gar nicht richtig zu begreifen, was McMudock gesagt hatte. Er riss die Augen auf, starrte ihn an und atmete ein paarmal tief ein und aus. »Was … hast du gesagt?«, krächzte er.
»Tu das Gewehr weg, Fred«, sagte McMudock noch einmal. »Die Jagd ist vorbei.«
Brennan starrte ihn an. »Vorbei ist sie erst, wenn die beiden da tot sind«, sagte er gefährlich leise. »Was ist mit dir los, Lon? Haben Sie dich auch verhext?«
McMudock trat einen Schritt auf ihn zu, blieb aber sofort wieder stehen, als Brennan das Gewehr hob und auf seinen Bauch zielte. »Was soll das, Fred?«, fragte er.
»Nichts«, antwortete Brennan leise. »Geh mir aus dem Weg, Lon.«
McMudock rührte sich nicht. »Was hast du vor?«, fragte er.
»Oh, ich will nur zu Ende führen, was gestern Morgen nicht geklappt hat«, antwortete Brennan. »Geh mir aus dem Weg, Lon.«
»Und du glaubst, ich sehe tatenlos zu, wie du zwei unschuldige Menschen ermordest?«, erwiderte McMudock.
»Unschuldig?«, krächzte Brennan. »Die beiden da sind nicht unschuldig, Lon. Sie haben ein paar von unseren Freunden auf dem Gewissen, hast du das schon vergessen? Die halbe Stadt ist niedergebrannt – und sie werden dafür bezahlen.«
»Sind Sie wirklich so dumm, oder können Sie nur nicht zugeben, dass Sie sich getäuscht haben?«
Brennan fuhr mit einer wütenden Bewegung herum, als er Miss Windens Stimme hörte, aber ich sah auch, wie ein paar der Männer in seiner Begleitung bei ihren Worten zusammenzuckten. Ich betrachtete sie genauer. In ihren schwarzen Ölmänteln und schwer bewaffnet, wie sie waren, wirkten sie wilder und entschlossener, als sie in Wahrheit zu sein schienen. Ich wusste nicht, warum, aber ich glaubte zu spüren, dass diese Männer im Innersten vor Angst zitterten. Aber Angst wovor? Vor uns?
»Miss … Winden?« Brennan sprach in einer Betonung, als wäre er sich nicht ganz sicher, wen er vor sich hatte. Dabei hatte ich bisher den Eindruck gehabt, als ob sich die beiden sehr gut kannten.
»Tun Sie nicht so«, sagte Miss Winden verärgert. »Sie wissen ganz gut, wer ich bin, Brennan. Und jetzt nehmen Sie verdammt noch mal endlich das Gewehr herunter!«
Brennan starrte sie mit wachsender Verwirrung an, aber er dachte gar nicht daran, die Waffe zu senken. Plötzlich fuhr er herum, trat auf mich zu und holte mit dem Fuß aus, als wollte er nach mir treten. McMudock spannte sich.
»Sie Teufel!«, zischte er. »Was haben Sie mit ihr gemacht? Mit ihr und mit Lon?«
»Nichts«, sagte McMudock, aber Brennan ignorierte ihn schlichtweg.
»Dafür werden Sie bezahlen!«, drohte er. Seine Stimme bebte vor Hass. »Für alles werdet ihr bezahlen, ihr Teufel. Für die Toten in Durness, für das Feuer und für das, was ihr dieser unschuldigen Frau angetan habt!«
»Wir haben überhaupt nichts getan«, sagte ich. Aber genausogut hätte ich gegen eine
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