Hexer-Edition 11: Der achtarmige Tod
herumzufuchteln und dabei die finsterste Miene aufzusetzen, zu der ich fähig war.
»Vielleicht haben Sie die Worte meines Freundes nicht richtig verstanden«, sagte ich drohend. »Ich kann gerne nachhelfen.«
Der Kreole erbleichte unter seiner Sonnenbräune. Aber dann flammte Trotz in seinem Blick auf. Und ein Zorn, den ich mir absolut nicht zu erklären vermochte. »Was wollt ihr von uns?«, schnappte er. »Habt ihr nicht schon genug angerichtet? Verschwindet endlich.«
»Was soll das heißen?«, fauchte ich. »Was sollen wir angerichtet haben?«
Der Kreole starrte mich an – und spie mir direkt vor die Füße; angesichts der Degenklinge, die ich noch immer auf sein Gesicht richtete, eine Geste erstaunlichen Mutes.
»Mörder!«, sagte er angewidert. »Ihr verdammtes Mörderpack. Haut endlich ab. Hier kriegt ihr kein Boot; und wenn ihr uns alle umbringt!«
Ich verstand nun rein gar nichts mehr, aber die Entschlossenheit, die in den Worten des Kreolen mitgeschwungen hatte, überzeugte mich davon, dass wir vielleicht wirklich gut daran täten, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden. Ich hatte keine Ahnung, welchen Verbrechens er uns bezichtigte, aber er schien mit seiner Meinung nicht allein dazustehen. Und gegen eine ganze Stadt voller aufgebrachter Männer würden uns auch Shannons Kampfkünste nicht mehr weiterhelfen …
Shannon schien zu einer ähnlichen Überlegung gekommen zu sein, denn noch bevor ich etwas sagen konnte, versetzte er seinem Gefangenen einen Stoß, der ihn nach vorne taumeln und auf die Knie fallen ließ, zog seinen Dolch aus dem Gürtel und schnitt einen blitzenden Halbkreis in die Luft. Die Blitzartigkeit der Bewegung ließ die im Ansatz befindliche Bewegung der Männer vor ihm erstarren. Sie waren fast ein Dutzend und hätten ihn wahrscheinlich überwältigen können, aber keiner von ihnen schien große Lust zu haben, als erster mit Shannons Waffe in Bekanntschaft zu treten.
Rückwärts gehend und von einer stummen Reihe drohender Gestalten verfolgt, verließen wir die Kaschemme und traten auf die Straße hinaus. Shannon deutete mit einer Kopfbewegung zum Meer.
Ich verstand. Den Ort noch einmal zu durchqueren, erschien mir wenig ratsam und letztlich waren wir hierher gekommen, um ein Boot zu besorgen – warum also keines stehlen?
Schritt für Schritt entfernten wir uns von der Hafenkneipe und näherten uns dem Meer. Seltsamerweise verzichteten die Männer, die uns gerade noch mit Freuden in Stücke gerissen hätten, darauf, uns zu verfolgen – obgleich sie hier draußen, wo sie sich nicht mehr gegenseitig behindern würden, eine gute Chance gehabt hätten, uns zu überwältigen.
Als ich mich herumdrehte, wusste ich auch, warum sie es nicht taten.
Wir waren keine zwanzig Schritte mehr von der Brandungslinie und den rettenden Booten entfernt, die in der Dünung schaukelten. Aber genauso gut hätten es auch zwanzig Meilen sein können.
Auf halber Strecke zwischen uns und dem Meer stand ein Mann. Er war sehr groß, hatte ein streng geschnittenes, kantiges Gesicht und trug das Haar straff zurückgekämmt, was den militärischen Anstrich seiner dunkelblauen Marineuniform noch verstärkte. Und er war nicht allein.
Hinter ihm stand ein halbes Dutzend Soldaten. In ihren Händen lagen Gewehre. Und die Mündungen dieser Gewehre deuteten drohend auf Shannon und mich …
»Lauf los, wenn du soweit bist«, sagte Shannon gepresst. »Ich zähle auf drei. Eins, zwei …«
»Warum drehen Sie sich nicht erst um, bevor Sie etwas tun, was Ihnen vielleicht Leid täte«, sagte der Mann in der Offiziersuniform kalt.
Shannon erstarrte für eine halbe Sekunde, fuhr mit einem Schrei herum und hob instinktiv den Dolch; eine Geste, die angesichts der sechs Automatik-Gewehre, die auf uns gerichtet waren, allerdings äußerst lächerlich wirkte.
Der Marineoffizier schüttelte missbilligend den Kopf. »Das würde ich nicht tun«, sagte er. »Aber bitte – es ist Ihre Entscheidung. Wir können Sie auch gleich hier erschießen.«
»Was soll das heißen?«, schnappte Shannon. »Was bedeutet dieser Zirkus? Wer sind Sie?«
»Mein Name ist Harmfeld«, sagte der Offizier. »Leutnant Harmfeld, um genau zu sein. Sie sind Mister Craven?«
Die Frage galt mir. Ich nickte, und Harmfeld fuhr, mit einer knappen Geste auf Shannon, fort: »Ihren Freund kenne ich nicht, Mister Craven, aber das ändert nichts. Ich erkläre Sie beide für verhaftet. Bitte leisten Sie keinen Widerstand.«
»Verhaftet?«,
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