Hexer-Edition 14: Necron - Legende des Bösen
auswärts gebogene zerfranste Felsnase überzugehen. Mit einiger Phantasie konnte man darin durchaus den Anfang einer Brücke ausmachen, nur einen Stumpf zwar, aber doch deutlich.
Und ein gutes Stück dahinter, geradewegs in der leeren Luft, marschierten fünf weiß gekleidete Gestalten. Unter ihnen war nichts, aber sie gingen so ruhig dahin, als liefen sie auf massiven Fels.
Ich versuchte, die Krümmung der abgebrochenen Felsnase in Gedanken fortzusetzen. Es war schwer, weil wir in gerader Linie darunter standen, aber wenn sich der Winkel wie der eines Brückenbogens fortgesetzt hätte, hätte er genau dort geendet, wo die fünf Gestalten entlanggingen.
»Was, bei Hastur, ist das?«, flüsterte Shadow neben mir.
Es fiel mir schwer zu antworten. Meine eigene Stimme klang wie böser Hohn in meinen eigenen Ohren, als ich die Hand hob und auf die weiß gekleideten Gestalten der Tempelritter über uns deutete.
»Das, wovon du gerade gesprochen hast, Shadow«, sagte ich. »Die Brücke. Der Weg zu Necrons Drachenburg.«
Der Wind war zu einem brüllenden, glühend heißen Sturm angewachsen, sodass Reynaud de Maizieres all seine Kraft und Konzentration brauchte, auf dem spiegelglatten Untergrund der Brücke nicht den Halt zu verlieren und einfach wie ein trockenes Blatt davongeweht zu werden.
Vielleicht war es das, was ihm das Leben gerettet hatte.
Vielleicht waren es auch seine Gebete. Vielleicht beides.
Reynaud verschwendete keinen Gedanken mehr an die Frage, sondern konzentrierte sich mit jedem bisschen Kraft, das er noch aufbringen konnte, darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzten, sich schräg gegen den Wind zu stemmen und einfach zu gehen. Über massiven, harten Untergrund zu gehen, über Fels, dessen Härte er durch die Stiefelsohlen spürte, der den Wind brach, sodass er heulte und wimmerte wie eine Meute unsichtbarer Wölfe, der da war, so massiv und kompakt wie ein Stück Fels nur sein konnte.
Reynaud de Maizieres konzentrierte sich auf jede noch so winzige Einzelheit, ertastete mit halb geschlossenen Augen jede mikroskopisch feine Unebenheit der kühn geschwungenen Brücke, jede raue Stelle, jeden haarfeinen Riss im Stein, klammerte sich an jeden Schatten, jede Lichtspiegelung auf dem glatt polierten Felsen, alles, was sein Denken davon überzeugen konnte, dass dieser Fels wirklich da war und nicht nur ein Trugbild.
Eine Ewigkeit – die in Wahrheit sicher nicht mehr als zehn, allerhöchstem fünfzehn Minuten andauerte – schleppte er sich so über den schmalen Felsbuckel. Der wogende Schatten am Ende dieser Wahnsinnsbrücke wuchs allmählich heran, wurde jedoch nicht deutlicher. Nach einer Weile bemerkte er, dass sich die Brücke wie ein bizarrer Viadukt wieder nach unten zu neigen begann, schon wenige Augenblicke später begann ein gewaltiger Felspfeiler aus der nebeligen Entfernung heranzuwachsen.
Instinktiv beschleunigte Reynaud de Maizieres seine Schritte. Nichts sprach dafür, dass dieser Felspfeiler in irgendeiner Form realer sein sollte als die Brücke, über die er ging, aber allein die Illusion, dass er mit dem Boden verbunden war, dass unter ihm irgendetwas außer saugender Leere war, erschien ihm wie eine Erlösung.
Als sie näher kamen, sah Reynaud, dass der Pfeiler nicht leer war. Der schmale Steg, der in kühnem Bogen zu ihm hinführte, verbreiterte sich zu einer runden, vielleicht fünfzig Schritte messenden Plattform, an deren äußeren Enden zwei bizarr geformte Türmchen standen. Der Anblick erinnerte Reynaud de Maizieres auf unangenehme Weise an ein Bollwerk. Etwas an ihm war aggressiv, auf schwer in Worte fassende Weise.
Und es war nicht nur ein Gefühl. Die kleine Gruppe erreichte das felsige Rund und hielt an, aber kaum hatte der erste Mann den Stein der schimmernden Plattform betreten, da öffneten sich kleine Tore in den Türmen und etwas wie ein wirbelnder Schatten huschte hinaus.
Reynaud de Maizieres blieb verblüfft stehen. Im ersten Moment war er nicht sicher, ob er wirklich etwas sah oder ob ihm seine überreizten Nerven schlicht und einfach einen Streich spielten, aber dann kamen die Schatten näher, mit sonderbar gleitenden, flatternden Bewegungen. Ein Splitter von Rot blitzte im wirbelnden Grau auf. Für Bruchteile von Sekunden glaubte Reynaud ein verzerrtes Gesicht zu sehen; eine teuflische Fratze, schmal, rot, gehörnt und mit einem höhnisch verzerrten, dreieckigen Insektenmaul statt eines Mundes. Ein mannslanger Schweif peitschte. Die Luft stank nach
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